Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition)
dreaming of a white Christmas“ und „We wish you a merry Christmas“ zu hören sein würden.
Sarah seufzte in einem Anflug von Wehmut. Oder war das, was in ihr aufstieg, möglicherweise sogar Heimweh?
Der 15. Dezember 2013 war ein Sonntag.
Nach dem Frühstück würden Sarah und Frederik hinauf zur Bay of Plenty fahren, um zu segeln. Der Wind war vernünftig, der wahre Segler hütete sich, ihn als Brise zu bezeichnen, wusste Sarah.
Es war der ideale Tag für einen Segeltörn, freute sie sich. Es war überhaupt der ideale Tag für – alles.
27. Kapitel
„ Kommt Elisabeth Niehusen auch?“ hatte Kitty Cornelius ihren Vater irgendwann gefragt, woraufhin Paul nur abwinkte.
„Nein. Das heißt aber nicht, dass sie mir einen Korb gegeben hat auf meine Einladung. Ich fliege nach der Feier nach Wien und werde dort privat mit Elisabeth feiern.“
Kitty bekam einen schmalen Mund, als sie nach einem kleinen Schweigen sagte:
„Ich dachte, die Sache sei längst erledigt. Hatte sie sich nicht zurückgezogen, als sie hörte, dass du eine neue Leidenschaft hast?“
Cornelius seufzte. „Na ja, sie missbilligt es immer noch, dass ich seit einiger Zeit auf die Jagd gehe, aber das muss man ja nicht zum Thema machen, wenn man sich übers Wochenende trifft, oder?“
Dieses Gespräch zwischen Vater und Tochter fand drei Tage vor Pauls großer Geburtstagsfeier statt. Kitty registrierte voller Genugtuung, dass weder Sarah noch ihre Mutter Elisabeth bei der Feier anwesend waren. Und was Kitty am besten daran gefiel, war die Sicherheit, dass keine von Beiden unverhofft in der Tür stehen würde.
Alles, was Kitty beunruhigte, war die Ungewissheit, wen Robert als Begleitung mitbrachte. Sie hatte seine Wohnung während der letzten Woche förmlich belagert, aß nichts, trank kaum etwas, schlief nachts nur zwei oder drei Stunden und trieb ihre Kolleginnen in den Wahnsinn mit ihren sich ständig wiederholenden Fragen, stets angetrieben von dem Verdacht, dass irgendjemand in der Firma mehr wusste als sie, dass ihr etwas verschwiegen wurde, was alle anderen längst wussten.
Immer öfter vermutete sie ein Komplott, das sich gegen sie verschworen hatte. Wohin sie ihren Blick auch richtete, schien man sie mit zunehmender Feindseligkeit anzusehen oder ihr kaltherzig und mit eisigem Schweigen den Rücken zuzudrehen, obwohl sie sich alle Mühe gab, vor allem Jens Schneider gegenüber, ihren ganzen Charme auszuspielen.
„… und du hast wirklich keine Ahnung, Jens, wen Robert zur Geburtstagsparty im Ratskeller mitbringt?“ hatte sie ihn noch am Vormittag des 13. Dezembers mit schmeichelnder Stimme gefragt, woraufhin er sie nur flüchtig mit einem Blick streifte, um sich dann wieder seinem Computer zuzuwenden.
„Frag´ ihn selbst, Kitty. Das würde dein Problem auf der Stelle lösen.“
Aber sie konnte Robert nicht direkt fragen, weil sie Angst hatte vor seiner Antwort. Stattdessen redete sie sich ein, dass er höchstwahrscheinlich nur seinen Sohn mitbringen würde und dass es sich nicht lohnte, nachts nicht schlafen zu können und an einem Abend dreimal die Kostümierung zu wechseln, als sie Robert wieder einmal von seiner Wohnung bis in die Innenstadt folgte – wo er sich mit einem kompakt gebauten, spitznasigen Mann in einem Restaurant zum Essen traf.
Kitty wusste, dass das, was sie tat, krank war. Es gab Momente, da schämte sie sich für ihr Verhalten, aber sie konnte einfach nicht anders.
Dieser Zwang, dieses drängende Gefühl, das sich irgendwann in ihr wie ein riesiges, schwarzes Tier eingenistet hatte, ließ sich nicht mehr abschütteln. Es trieb sie an, Robert zu folgen, zu verfolgen und ließ sie nie mehr wirklich zur Ruhe kommen. Einmal, als sie sich – erneut ohne jeden Erfolg – auf den Heimweg machte, musste sie sich plötzlich übergeben.
Sie kotzte im wahrsten Wortsinn alles aus sich heraus, direkt vor ihre Füße. Sie ekelte sich so sehr vor sich selbst, dem Geruch, der zu ihr aufstieg, der an ihren Schuhen, ihrer gesamten Kleidung zu hängen schien, dass sie anfing zu weinen und nur noch rannte.
Rannte, so schnell sie konnte, um sich in ihrem kleinen Haus zu verkriechen, wo sie alleine war mit sich und der Nacht und dem Finsteren draußen und in ihrem Innern und der Ahnung, dass sie seit Monaten etwas tat, das sie allmählich an den Rand des Wahnsinns trieb.
Das Dinner war exquisit.
Es wurden Artischocken serviert, danach Stubenküken auf Spinat au gratin. Auf jedem Tisch stand ein dreiarmiger
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