Liebesmaerchen in New York
gefunden.«
Hester sah sich um und bemerkte, dass Red zwei Kartons geleert hatte. Sie sagte sich, sie hätte zuerst die Küche einräumen sollen. »Na, das werden wir gleich haben.«
»Als ich wach geworden bin, hat es geschneit.«
»Wirklich?« Hester strich sich das Haar aus dem Gesicht und ging zum Fenster, um selbst nachzusehen. »Es schneit immer noch.«
»Vielleicht haben wir bald zwei Meter Schnee und die Schule fällt Montag aus.« Radley stieg auf einen Stuhl und setzte sich auf die Arbeitsplatte.
Und ich brauche meinen neuen Job noch nicht anzutreten, dachte Hester sehnsüchtig. Kein neuer Stress, keine neue Verantwortung. »Ich glaube, da haben wir keine großen Chancen.« Während sie Gläser auswusch, warf sie einen Blick über die Schulter. »Du hast doch keine Angst vor der neuen Schule?«
»Ein bisschen schon.« Er zuckte die Schultern. Bis Montag kann noch viel dazwischenkommen, dachte er. Ein Erdbeben. Ein Schneesturm. Ein Angriff aus dem All …
»Ich könnte mit dir gehen, wenn du möchtest.«
»Ach Mom, die anderen Kinder würden mich doch auslachen.« Er biss von seinem Sandwich ab. »So schlimm ist es nun auch wieder nicht. Zumindest ist die blöde Angela Wiseberry nicht in meiner Klasse.«
Hester brachte es nicht übers Herz, ihm zu sagen, dass es in jeder Schule eine blöde Angela Wiseberry gab. »Weißt du was? Wir treten am Montag beide unseren neuen Job an und treffen uns danach um Punkt sechzehn Uhr hier zum Rapport.«
Sofort erhellte sich sein Gesicht. Er liebte nichts mehr als militärische Aktionen. »Aye, aye, Sir.«
»Gut. Dann bestelle ich uns jetzt die Pizza, und während wir warten, räumen wir den Rest des Geschirrs in die Schränke.«
Mitchell Dempsey saß vor seinem Zeichenbrett und wartete auf eine Idee. Er nippte an seinem kalten Kaffee in der Hoffnung, der Kaffee würde seine Fantasie beflügeln, aber sein Kopf blieb so leer wie das Blatt, das vor ihm lag. Derartiges passierte ihm selten und schon gar nicht so kurz vor dem letzten Abgabetermin. Mitch knackte eine Erdnuss und schnippte die Schale in Richtung Papierkorb. Sie fiel prompt daneben und gesellte sich zu den anderen, die schon auf dem Boden lagen. Normalerweise schrieb Mitch zuerst die Story und machte dann die Illustrationen. Diesmal versuchte er es andersherum, um möglicherweise durch die Änderung der Routine auf einen neuen Gedanken zu kommen.
Es klappte nicht.
Er schloss die Augen und versuchte zu meditieren. Keine Inspiration. Keine Story. Mitch öffnete die Augen wieder und starrte auf das leere Papier. Es war ihm klar, dass er einem Verleger wie Rich Skinner kaum mit der Entschuldigung, er sei »künstlerisch indisponiert« gewesen, kommen könnte. Sich auf Hungersnot oder Pest zu berufen war auch schlecht möglich. Ungeduldig griff er nach der nächsten Erdnuss.
Was ich brauche, ist ein Szenenwechsel, sagte er sich, eine Abwechslung. Mein Leben ist zu eingefahren, zu normal und – abgesehen von meiner augenblicklichen Ideenlosigkeit – zu einfach. Ich brauche eine Herausforderung. Er warf die Erdnussschalen auf den Boden, stand auf und fing an, unruhig hin und her zu gehen.
Er war ein großer Mann mit athletischem Körper. Als Junge war er ungewöhnlich dünn gewesen, obgleich er immer gegessen hatte wie ein hungriger Wolf. Dass ihn die anderen neckten, hatte ihm nicht viel ausgemacht, bis er die Mädchen entdeckte. Dann hatte er mit der ihm eigenen ruhigen Entschlossenheit angefangen zu ändern, was zu ändern war. Jedenfalls hatte er Gewichte gehoben, an sich gearbeitet, und es hatte ihn viel Schweiß gekostet, bis er mit sich zufrieden war. Selbst jetzt noch trainierte er seinen Körper regelmäßig, und das Gleiche tat er für seinen Kopf.
Sein Arbeitszimmer war vollgestopft mit Büchern, alle gelesen und wieder gelesen. Am liebsten hätte er eins davon vom Regal geholt und sich darin vergraben. Aber er hatte seinen Termin einzuhalten.
Der große braune Hund auf dem Boden drehte sich nach ihm um und beobachtete ihn. Mitch hatte ihn Taz getauft. Er war nicht gerade ein Ausbund an Energie. Im Augenblick gähnte er und scheuerte sich faul den Rücken am Teppich. Er mochte Mitch. Mitch verlangte nichts von ihm, was er nicht wollte, und regte sich weder über Hundehaare auf den Möbeln noch über gelegentliches Herumstöbern im Müll auf. Am meisten liebte er, wenn Mitch sich zu ihm auf den Boden hockte, ihm über das dichte braune Fell strich und ihm von seinen Ideen erzählte. Dann sah
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