Liebesnacht im Wuestenpalast
zuwarfen, die ihn erkannten, beachtete er nicht. Er wusste, dass sein entschlossenes Auftreten sie davon abhalten würde, ihm zu nahe zu kommen.
Er wollte Megan Saxon allein begegnen. Sie würde den Tag noch verfluchen, an dem sie beschlossen hatte, Zaras Glück zu zerstören.
Die verschwenderische Ausstattung der riesigen Ankunftshalle des Flughafens von Dhahara beeindruckte Megan. In der gewölbten Decke waren Fenster, durch die helles Licht einfiel. Dadurch sah es aus, als ob die Luft glitzerte. Und dann die prächtigen marmornen Fußböden! Wenn sie nicht schon gewusst hätte, wie unfassbar reich das Land war, spätestens jetzt wäre es ihr klar geworden.
Knappe hundert Meter entfernt drängten sich Menschen hinter einem Bronzegeländer. Die meisten von ihnen trugen die traditionellen weißen arabischen Gewänder. Sie warteten auf ankommende Passagiere.
Auch Jacques würde da sein.
Auf ihrem letzten Zwischenstopp in Los Angeles hatte sie seine SMS bekommen: „Bis morgen. Kann es kaum erwarten!“
Megan ging schneller. Ungeduldig zog sie ihren Koffer hinter sich her. Plötzlich hatte sie Schmetterlinge im Bauch. Es waren drei Monate vergangen, seit sie ihn das letzte Mal gesehen hatte – nur ganz kurz, in Paris, wo sie gemeinsam Silvester gefeiert hatten, bevor ihre Flugzeuge in verschiedene Richtungen gestartet waren. Er hatte Geschäfte in Dhahara zu erledigen, sie musste zurück nach Neuseeland.
Telefongespräche und SMS waren kein Ersatz für richtige Treffen. Deshalb schlug Jacques vor, dass sie etwas Zeit miteinander verbrachten. Und Megan war begeistert von der Idee, so einen romantischen, fürsorglichen Mann besser kennenzulernen. Sie hatte ein Hotelzimmer für sie beide in Katar gebucht, der Hauptstadt des Landes, von dem Jacques ihr vorgeschwärmt hatte.
Zwar wollte Jacques plötzlich lieber nach Oman, den Nachbarstaat. Aber Megan hatte es sich in den Kopf gesetzt, Dhahara zu sehen. Schließlich gab Jacques nach und war einverstanden, dass sie in einer luxuriösen Villa in der Wüste wohnten. Megan hoffte, dass sie in diesem Kurzurlaub herausfinden konnte, ob die Anziehung, die sie auf den internationalen Weinmessen des letzten Jahres gespürt hatte, auch dann noch anhalten würde, wenn sie sich besser kennenlernten.
Diesmal würden sie keine Arbeit und keine Termine voneinander ablenken. Sie hatten sechs ganze Tage nur für sich allein.
Megan hielt in der Menschenmenge nach ihm Ausschau.
Ihr fiel sofort das scharf geschnittene Gesicht eines Mannes auf. Ihre Blicke trafen sich. Seine Augen waren bronzefarben. Undurchdringlich, abweisend sah er sie an.
Er hatte nichts von Jacques’ französischem Charme.
Eiskalt lief es ihr den Rücken hinab, und sie sah schnell weg. Aus dem Augenwinkel suchte sie weiter. Allmählich wurde sie unruhig und runzelte die Stirn. Keine Spur von Jacques.
Unwillkürlich sah sie wieder zu dem abweisenden Fremden. Sie hatte sich schon immer für Mode interessiert und erkannte sofort, dass sein teurer Anzug ein Modell von Dior war. Eine Krawatte trug er nicht. Sein strahlend weißes Hemd, dessen oberster Knopf offen stand, hob sich deutlich von seinem dunklen Teint ab.
Megan hob den Blick und sah, wie der Fremde sie prüfend musterte. Ihr hellgrauer Hosenanzug war ihr wie der ideale Kompromiss vorgekommen: eine angemessene Bedeckung in einem arabischen Land und leicht genug für die Hitze der Wüste. Jetzt kam er ihr viel zu dünn vor. Stattdessen hätte sie ihr schwarzes Kostüm tragen sollen, mit dem Stehkragen und dem langen Rock. Darin wäre es ihr zwar viel zu heiß gewesen, aber dann hätte sie sich nicht so nackt gefühlt, dem unerbittlichen Blick dieses unheimlichen Mannes ausgeliefert. Als sich ihre Blicke trafen, verzog er abschätzig die Lippen. So, als sei er nicht gerade beeindruckt von dem, was er sah.
Sein zurückweisender Blick überraschte Megan. Sie war nicht eitel, aber sie wusste, dass sie attraktiv war. Normalerweise mochten Männer sie, auch wegen ihrer aufgeschlossenen und freundlichen Art.
Zum Glück würde sie diesen Mann nie kennenlernen.
Sie warf den Kopf zurück und beachtete ihn nicht mehr. Stattdessen suchte sie weiter nach Jacques. Er war schon oft zu spät gekommen, was sie bisher nicht gestört hatte. Doch jetzt fühlte sie sich nackt und verletzlich und wünschte, er wäre nur dieses eine Mal pünktlich gewesen. Diesmal würden seine überschwänglichen Entschuldigungen, über die sie sonst lachte, nicht reichen. Mehr als alles
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