Liebesnacht im Wuestenpalast
andere auf der Welt wollte sie mit Jacques in seinem Auto verschwinden und diesem unangenehmen bronzefarbenen Blick entfliehen.
Megan seufzte. Sie ärgerte sich über sich selbst. Sie nahm diesen Fremden zu wichtig. Suchend sah sie sich in der Ankunftshalle nach Jacques um.
Aber seine fröhlichen grünen Augen, sein lachender Mund … Er war nirgends in Sicht.
„Megan Saxon.“
Als sie ihren Namen hörte, fuhr Megan herum. Ausgesprochen hatte ihn eine tiefe, unbekannte Stimme. Die Stimme des Fremden.
„Was wollen Sie?“ Sie sah ihn aus großen Augen an.
Alle Geschichten, die sie jemals über arabische Männer gehört hatte, schossen ihr durch den Kopf – Geschichten über ihren Chauvinismus, und dass sie dachten, jede westliche Frau gehöre ihnen.
Nicht dass es ihm schwerfallen würde, Frauen zu erobern. Er war kantig, aber sehr attraktiv. Umwerfend attraktiv sogar, wenn man auf Männer stand, die wild und finster aussahen. Megan tat das jedenfalls nicht.
Aber der Fremde kannte ihren Namen. Woher?
„Kommen Sie mit.“
„Ganz bestimmt nicht.“ Mädchenhändler kommen bestimmt nicht zum Flughafen, dachte Megan sarkastisch. Aber trotz ihrer gespielten Tapferkeit blickte sie sich rasch um. Immerhin waren viele Leute am Flughafen. Männer. Verschleierte Frauen. Auch eine Gruppe Sicherheitsleute in Uniform.
Kein Grund zur Beunruhigung.
Noch nicht.
Eine Hand griff nach ihrem Arm.
„Fassen Sie mich nicht an.“ Sie sagte es in ihrem kältesten Tonfall – sogar ihre Brüder schüchterte sie damit ein.
„Verzeihen Sie mir“, erwiderte er ruhig und zog seine Hand zurück. „Ich habe Sie erschreckt. Ich heiße Shafir.“ Er zögerte, dann fügte er hinzu: „Ich bin ein Freund von Jacques.“
Ihr Ärger verflog und wich Scham.
„Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?“, fragte sie erleichtert, während sie ihn ansah. Alles Abweisende war plötzlich aus seinem Blick verschwunden. Hatte sie sich das womöglich nur eingebildet? Oder war das nur der normale abschätzende Blick eines arabischen Mannes gewesen, der eine Frau ohne Begleitung sah?
Er lächelte. Seine Miene hellte sich auf. Wow. Er war vorher schon attraktiv gewesen, aber jetzt, wo alles Düstere aus seinem Blick verschwunden war, sah er geradezu umwerfend aus.
„Äh … wo ist Jacques?“, stammelte Megan. Sie konnte den Blick einfach nicht von dem attraktiven Fremden abwenden. Unglaublich, was ein Lächeln für einen Unterschied machte. Er sollte immer lächeln. Oder lieber nicht. Keine Frau könnte in seiner Gegenwart dann noch klar denken. Trotzdem konnte sie den unangenehmen Blick nicht vergessen, mit dem er sie gemustert hatte. „Wo ist er?“, wiederholte sie.
„Jacques kommt nicht.“
Sie war wie erstarrt. Panisch blickte sie ihn an. Ihr wurde plötzlich eiskalt.
„Ihm ist nichts passiert“, sagte er schnell, so als ahnte er, dass sie sich bereits das Schlimmste ausmalte.
Erleichtert atmete sie auf. „Sie müssen mich für verrückt halten. Aber mein Bruder ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen, und einen Moment lang dachte ich …“ Sie sprach nicht zu Ende. Nichts konnte die Verzweiflung und den Schmerz beschreiben, die sie nach Rolands Tod verspürt hatte. Außerdem schuldete sie diesem Mann keine Erklärung.
„Jacques geht es gut. Ihm fehlt nichts. Er hat mich einfach gebeten, Sie hier abzuholen.“ Seine Stimme wurde noch tiefer, und Megan kam es so vor, als sehe sie Mitleid in seinen Augen schimmern.
„Oh, vielleicht hat er mir eine Nachricht geschickt.“ Megan holte ihr Handy aus der Tasche. Sie hatte es noch gar nicht eingeschaltet.
„Sie waren noch nie in Dhahara, oder?“
Megan warf dem Fremden einen zerstreuten Blick zu.
„Wenn Sie keine Sim-Karte von hier haben, dauert es ziemlich lange, bis Ihr Telefon ein Netz findet.“
Megan sah auf dem Display ihres Telefons, dass er recht hatte. Seufzend schob sie das Handy wieder zurück in die Tasche.
„Warum ist er dann nicht hier?“
„Er hatte einen Termin …“
„Mit einem persischen Teppichhändler, stimmt.“ Megan nickte. Jacques hatte es erzählt, als sie vor zwei Tagen telefoniert hatten. Da war sie noch auf dem Flughafen von Auckland gewesen.
„Der Termin zieht sich länger hin als geplant. Er bat mich, Sie abzuholen und ins Hotel zu bringen.“
Sofort schämte sie sich für ihr Misstrauen. Wenn er sie vorhin nicht so seltsam angesehen hätte, wäre Megan vollends erlöst gewesen. „Danke, dass Sie mich abholen.“
„Mit dem
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