Liebesnacht im Wuestenpalast
Anstalten, sie zu verstecken. Sie überlegte, ob sie absagen sollte. Es wäre besser für Shafir. Aber schließlich entschied sie sich doch, die Einladung anzunehmen, denn es war der erste und letzte Abend, an dem sie gemeinsam ausgingen. Also nahm sie ein ausgiebiges Bad, und Naema rieb sie danach mit duftendem Öl ein. Als das Dienstmädchen ihr ihre Kleider hinlegte, fühlte Megan sich wunderbar entspannt.
„Glaubst du nicht, das ist übertrieben?“, fragte sie, als sie den gelben Kaftan betrachtete, der auf dem Bett lag. Er war mit Gold bestickt und war in einer mit goldenen Bändern verschnürten Schachtel geliefert worden.
„Nein. Er ist perfekt. Und das hier gehört dazu“, sagte Naema, während sie einen Seidenstoff in die Luft hielt. „Für Ihren Kopf“, erklärte sie.
Als Megan fertig angezogen war, dachte sie, dass sie viel zu aufgedonnert war. Aber Naema wollte nichts davon wissen. „Das ist es, worin Seine Hoheit Sie heute Abend sehen möchte.“
„Prinz Shafir hat meine Kleider ausgesucht?“
Naema nickte besorgt. „Ja.“
Aber als Megan die Treppe herunterging, war sie froh, dass Naema sie überredet hatte. Shafir sah fantastisch aus in dem bestickten Gewand, das er trug. Wie ein Prinz aus Tausendundeiner Nacht, und ihr wurde wieder einmal klar, dass Welten zwischen ihnen lagen.
Shafir war einsilbig, als sie von ihm wissen wollte, wo sie essen würden. Aber den Verdacht, dass es sich nicht um eine gewöhnliche Essenseinladung handelte, bekam sie erst, als der Wagen vor einem weißen Marmorgebäude hielt, das in der Dunkelheit schimmerte wie eine Perle.
Megan musste zweimal hinsehen. „Ich habe Fotos von diesem Haus gesehen. Es ist – der Palast von König Selim!“
Plötzlich begriff sie, was sie hier machten. „Sag nicht, dass wir deinen Vater besuchen.“
„Mach dir keine Sorgen, wir werden nicht allein sein. Meine Brüder sind auch da. Wir werden zusammen essen.“
„Oh nein.“ Erschrocken hielt sie die Hand vor den Mund. „Shafir, du hättest mich warnen sollen.“
„Dann wärst du nicht mitgekommen. So ist es leichter.“
„Für wen?“
„Für dich. Sonst hättest du dich zu sehr aufgeregt.“
„Wundert dich das? Ich lerne nicht jeden Tag einen König kennen. Du hättest mir Zeit geben müssen, damit ich mich vorbereite.“
„Auf was vorbereiten? Er ist auch nur ein Mensch.“
„Ein sehr mächtiger Mensch“, sagte sie. Und er war Shafirs Vater. Ein Vater, bei dem sie schon unten durch war.
„Entspann dich“, sagte Shafir.
Sie unterdrückte eine verächtliche Bemerkung. Dann war keine Zeit mehr zu diskutieren, weil der Wagen vor einer breiten Treppe hielt und der Chauffeur die Tür öffnete.
Megan versuchte, ruhig und gleichmäßig zu atmen, als sie durch die riesige Flügeltür gingen. Hunderte von Kerzen erhellten den Eingangsbereich, und der Gang, den sie entlangliefen, schien kilometerlang zu sein. Dann erreichten sie einen Salon.
Zuerst war sie überwältigt von dem herrschenden Stimmengewirr und einem Durcheinander von Farben. Dann erkannte sie einzelne Menschen: ein älterer Mann, zwei große Männer, neben einem eine zierliche, hübsche Frau mit katzengrünen Augen.
Megan zögerte. Dann straffte sie ihre Schultern und ging hinein. Zum Teufel, sie hatte schließlich nichts falsch gemacht.
Im letzten Moment fiel ihr ein, dass sie vergessen hatte, Shafir zu fragen, ob sie vor dem König einen Knicks machen sollte, wenn sie ihm vorgestellt wurde. Ihr Magen verkrampfte sich vor Aufregung.
Sei du selbst, sagte sie sich.
Also lächelte sie, als der König auf sie zukam.
Er sah sie aus schmalen Augen wachsam an.
„Mein Vater, Seine Königliche Hoheit, König Selim Al-Dhahara.“
Megan merkte, dass sie zitterte, als der König ihre Hand nahm und sich in einer altmodischen höflichen Geste darüberbeugte.
Sie war erleichtert, als Shafir sie mit sich zog und ihr seine Brüder und Rafiqs Freundin vorstellte.
Megan war überrascht, wie die Familie miteinander scherzte und lachte. Es wirkte so, als ob sie sich alle sehr nahestanden.
Megan war sich bewusst, dass der König ihr mit seinen Blicken folgte, egal wohin sie auch ging. Sie wusste, dass er seinen Sohn schützen wollte. Aber die Spannung zwischen ihm und Shafir konnte man im ganzen Raum spüren.
Und obwohl jeder lächelte und freundlich zu ihr war, fühlte Megan sich plötzlich elend. Sie war der Grund für den Streit zwischen Vater und Sohn.
Und jeder hier wusste es.
11. KAPITEL
Beim
Weitere Kostenlose Bücher