Liebesnacht mit einem Mörder
irgendwas besprüht.« Sie biss sich auf die Lippe. »Sogar innen hat er mich besprüht. Sein Körper war vollkommen enthaart. Und an der Hüfte hatte er eine Tätowierung.«
Das war neu. Auf den Videos, die sie gesehen hatte, hatte er noch keine Tätowierung gehabt. »Können sie sich daran erinnern, wie sie aussah?«
»Es waren die Worte >Meine große Liebe<. Er hat sie mir gezeigt, wollte, dass ich sie mir angucke. Er meinte, sie wäre neu und wäre eine echte Tätowierung, nichts, was nach ein paar Tagen wieder abgeht. Weil er es hasste, dass er ständig nur vorübergehend von jemandem geliebt wird. Und ich habe geweint und gesagt, ich würde ihm nie wehtun. Er hat gesagt, das wüsste er, und es täte ihm Leid. Aber er hätte einfach keine andere Wahl.«
»Können Sie sich sonst noch an irgendwas erinnern?«
»Er hat gesagt, ich würde ihn immer lieben, weil er meine letzte Liebe wäre. Und dass er sich ewig an mich erinnern würde, weil ich seine Freundin wäre.« Inzwischen hatte sie einen, wenn auch erschöpften, so doch völlig klaren Blick. »Er wollte mich töten. Er war nicht mehr Simon, Lieutenant. Der Mann, der mir das angetan hat, war ein Fremder. In meinem Schlafzimmer hat er sich verwandelt. Und ich glaube, diese Verwandlung hat ihm fast ebenso Angst eingejagt wie mir.«
»Jetzt brauchen Sie keine Angst mehr zu haben. Das verspreche ich.« Eve trat einen Schritt zurück und wandte sich an Rudy. »Lassen Sie uns kurz nach draußen gehen, damit der Doktor Ihre Schwester untersuchen kann.«
»Ich bin sofort wieder da.« Er küsste Pipers Fingerknöchel. »Ich bin direkt vor der Tür.«
»Ich will sie nicht alleine lassen«, sagte er zu Eve, sobald die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen war.
»Sie wird mit jemandem darüber reden müssen.«
»Sie hat bereits genug geredet. Um Gottes willen, sie hat Ihnen doch alles gesagt – «
»Sie wird eine therapeutische Beratung brauchen«, fiel ihm Eve ins Wort. »Psychologische Behandlung. Sie von hier fortzubringen wird ihr nicht dabei helfen, damit zurechtzukommen. Vor ein paar Tagen habe ich ihr eine Visitenkarte von mir gegeben, auf deren Rückseite der Name und die Telefonnummer von Dr. Mira, der Polizeipsychologin, stehen. Rufen Sie sie an, Rudy. Lassen Sie sie Ihrer Schwester helfen.«
Er öffnete den Mund, klappte ihn noch einmal zu und atmete tief durch. »Eben waren Sie sehr freundlich zu ihr, Lieutenant. Sehr sanft. Und als sie beschrieben hat, was ihr passiert ist, konnte ich verstehen, weshalb Sie mir gegenüber weder sanft noch freundlich waren, solange Sie dachten, ich wäre verantwortlich für… das, was den anderen Opfern widerfahren ist. Ich bin Ihnen wirklich dankbar.«
»Sparen Sie sich Ihre Dankbarkeit für den Moment, in dem ich den Kerl endlich erwische.« Sie wippte auf ihren Fersen. »Sie kennen ihn ziemlich gut, nicht wahr?«
»Zumindest habe ich das gedacht.«
»Wohin würde er gehen? Gibt es einen Ort oder einen Menschen, bei dem er sich besonders sicher fühlt?«
»Ich hätte gesagt, dass er in einem Notfall zu einem von uns beiden kommt. Wir haben sowohl beruflich als auch privat sehr viel Zeit miteinander verbracht.« Er schloss unglücklich die Augen. »Was auch erklärt, weshalb er so problemlos an die Partnerlisten herangekommen ist. Es war völlig normal, dass er bei Personally Yours nach Belieben aus und ein gegangen ist. Wenn ich Ihnen das gleich erzählt hätte, wenn ich ganz offen gewesen wäre statt vor allem zu versuchen, mich und mein Unternehmen zu schützen, hätte ich vielleicht verhindern können, dass es so weit kommt.«
»Dann seien Sie bitte jetzt ganz offen. Erzählen Sie mir von ihm und seiner Mutter. «
»Sie hat sich umgebracht. Ich weiß nicht, ob das außer mir noch jemand weiß.« Geistesabwesend rubbelte Rudy über seine Nase. »Eines Abends ist er zusammengebrochen und hat es mir erzählt. Sie war ein unglücklicher, instabiler Mensch. Wofür er seinem Vater die Schuld gegeben hat. Die Eltern wurden geschieden, als Simon noch ein Kind war. Die Mutter kam nie darüber hinweg. Sie war bis zum Schluss der festen Überzeugung, eines Tages käme der Vater ihres Sohnes doch noch zu ihr zurück.«
»Ihre große Liebe?«
»O Gott.« Er schlug die Hände vors Gesicht. »Ja, ja, ich schätze. Sie war Schauspielerin, nicht besonders erfolgreich, aber Simon fand sie fantastisch. Er betete sie an. Oft jedoch hat ihr Verhalten ihn unglücklich gemacht. Zunehmend häufiger versank sie in
Weitere Kostenlose Bücher