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Liebesnächte in der Taiga

Liebesnächte in der Taiga

Titel: Liebesnächte in der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Malinowskij, als er Karpuschin nicht nur eine grusinische Zigarre, sondern auch ein Glas gelben, süßen Gurdschaa – grusinischen Wein – angeboten hatte. »Wir werden Sie zum Tod durch Erschießen verurteilen.«
    »Danke, Genosse Marschall.« Karpuschin legte die Zigarre weg und schob den Wein zur Seite. Beides schmeckte ihm nicht mehr, was man verstehen kann.
    »Sie werden ein volles Geständnis ablegen, mit den Amerikanern paktiert zu haben.«
    »Natürlich, Genosse Marschall«, sagte Karpuschin leise.
    »Sie gestehen alles.« Malinowskij lächelte breit. O Himmel, er kann sogar lächeln, dachte Karpuschin. Wer hat jemals Malinowskij lächeln sehen? »Sie bekommen nachher eine Liste, auf der alles steht, was Sie getan haben. Lernen Sie sie auswendig, damit Sie Ihr Schuldbekenntnis fließend hersagen können.«
    »Ich werde mir alle Mühe geben«, erwiderte Karpuschin. Dabei wurden seine Augäpfel rot, und seine Mundwinkel zuckten.
    »Und dann, lieber Karpuschin«, sagte Malinowskij freundlich, »färben Sie Ihre Haare schwarz, lassen sich einen Bart wachsen, auch schwarz natürlich, werfen den dummen Kneifer weg …«
    »Ohne ihn bin ich fast blind, Genosse«, stotterte Karpuschin überwältigt.
    »Sie werden Haftschalen eingepaßt bekommen! Also, Sie verändern sich total, denn jeder Angehörige des westlichen Geheimdienstes kennt Ihr Bild, auch dieser Heller-Semjonow. Wenn Sie so aussehen, daß Ihre eigene Frau Sie nicht mehr kennt, kehren Sie zurück nach Oleneksskaja Kultbasa und nehmen die Spur Semjonows auf. Sie werden hiermit zu dieser Aufgabe abkommandiert. Es ist Ihre Lebensaufgabe, Karpuschin! Es geht jetzt nicht mehr darum, was dieser Semjonow alles weiß und gesehen hat, sondern es ist eine Prestigesache der Roten Armee. Sie müssen Semjonow aufspüren!«
    »Und meine Erschießung, Genosse Marschall?« Karpuschin griff mit bebenden Händen zum Wein und trank das Glas in einem Zug leer.
    »Ihre Exekution geben wir amtlich nach Ihrem Schuldbekenntnis bekannt. Das wird alle Geheimdienste der Welt beruhigen. Wo Semjonow auch steckt, er wird es ebenfalls erfahren. Ihre Bestrafung wird allen Truppen und Garnisonen bekanntgegeben werden.«
    »Das heißt, daß ich wirklich exekutiert bin! Daß mein Name unehrenhaft aus der Liste der Armee gestrichen wird!«
    »Sie tun es für das Vaterland, General!«
    »Und wenn ich Semjonow gefunden habe … Wie soll ich da wieder als Karpuschin auferstehen, Genosse Marschall?«
    »Karpuschin ist exekutiert«, sagte Malinowskij gemütlich und hielt Karpuschin die Schale mit den grusinischen Zigarren hin. »Sie werden weiterleben mit einem anderen Namen.« Er lächelte wieder, und Karpuschin war es, als sei er das Kaninchen, das vor dem Blick der Schlange erstarrt und sich willenlos fressen läßt. »Noch sind wir nicht soweit, Tote auferstehen zu lassen, und Sie sind in einer Woche nun einmal für die Welt tot, lieber Genosse Matweij Nikiforowitsch.«
    »Und Olga Jelisaweta?«
    »Sie wird eine gute Pension erhalten und die Möglichkeit, eine fröhliche Witwe zu sein. Wie ich weiß, ist sie eine gläubige Christin. Man wird sie nicht hindern, in der Auferstehungskathedrale Kerzen für das Glück Ihrer Seele zu opfern.«
    »Das beruhigt mich ungemein.« Karpuschin erhob sich. Ihm war übel von dem Gedanken, ein lebender Toter zu sein. »Und was geschieht jetzt mit mir?«
    »Wir lassen den ersten Akt unserer Komödie über die Bühne gehen, Genosse. Ich verhafte Sie. Im übrigen haben Sie ein schönes Zimmer im Kremlpalast mit einem herrlichen Blick auf die große Glocke ›Zar Kolokol‹.« Malinowskij erhob sich ebenfalls. Sein gedrungener, schwerer Körper beugte sich über den breiten Schreibtisch. »Die Rote Armee setzt alles Vertrauen in Sie, Genosse.«
    Karpuschin nickte, völlig unmilitärisch.
    »Ich werde es erfüllen, Genosse Marschall.«
    Aber es klang nicht begeistert, im Gegenteil, er kam sich vor, als sei er schon exekutiert und nur sein Geist blicke auf die verlogene Welt zurück.
    Der hinter verschlossenen Türen im Kreml ablaufende Prozeß gegen General Karpuschin war eine echte Sensation. Der Westen blickte erschrocken und doch fasziniert auf die wenigen amtlichen Verlautbarungen. Das Geständnis Karpuschins wurde belächelt, sein Tod durch Erschießen, der zwei Tage nach dem Urteil stattfand, wurde ein politischer Mord genannt. Dann aber vergaß man auch dieses Moskauer Intermezzo, denn für die Weltöffentlichkeit war ein Autorennen oder ein Boxkampf

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