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Liebesnächte in der Taiga

Liebesnächte in der Taiga

Titel: Liebesnächte in der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wichtiger als die Erschießung irgendeines Russen.
    Nur Geheimdienstchef Hadley in Moskau verstand sein Metier nicht mehr. Er sah keine Logik in dem Urteil. Karpuschin hatte etwas gestanden, was völlig irrsinnig war. Man konnte so etwas gestehen, wenn man unter Einfluß bestimmter Drogen stand, die alle Willenskraft töteten. Aber warum tat man dies bei Karpuschin, dem nachweislich besten Mann im KGB? Es gab gar keinen anderen Grund als den, daß interne Machtkämpfe im Kreml den Kopf Karpuschins gefordert hatten.
    Aber auch Hadley glaubte an Karpuschins Tod und atmete im stillen auf, als er das Kommuniqué las. Der große Gegenspieler war liquidiert. Der Nachfolger, ein Oberst Bendarian, ein Georgier, war dem amerikanischen CIA bekannt aus Einsätzen in Baku. Ein stiller Mann, ein Büromensch, ein Rechner, ein trockener Beamter, dem die Vitalität Karpuschins fehlte.
    Während aber die Geheimdienste den Namen Karpuschin aus ihren Listen strichen, fand im Kreml die letzte Besprechung zwischen Karpuschin, Malinowskij und zwei anderen, eingeweihten Generälen statt.
    Es war so, daß auch Olga Jelisaweta sich empört abgewandt hätte, wenn der Mensch, der jetzt auf einem Sessel im Kreml saß, sie auf der Straße angesprochen hätte. Einen dichten Vollbart hatte er, lange, aber über den Ohren gestutzte Haare, wasserhelle, brillenlose Augen und ein braunes Gesicht. Malinowskij lachte und winkte Karpuschin zu.
    »Sieht er nicht aus wie Rasputin?« rief Malinowskij. »Mein lieber Karpuschin, danken Sie dem Schicksal, daß Fürst Jussupoff in Frankreich lebt … Er würde Sie sonst als Rasputin noch einmal ermorden! Wenn Sie jetzt noch Stiefelchen anziehen, Stepphosen und die Fufaika, ich wette, man wird Ihnen eine Kopeke geben, wenn sie an der Straßenecke stehen.« Doch dann wurde Malinowskij ernst und winkte. Ein Mädchen trat ein, und Karpuschin sah mit Staunen, daß es Marfa Babkinskaja, die Dolmetscherin, war. Sie trug einen eleganten Pelzmantel, hohe weiße Stiefel, eine runde Pelzmütze, wirklich, sie wirkte wie ein Modepüppchen aus der Ausstellung des Kaufhauses GUM.
    »Sie wissen nicht, wie Semjonow aussieht«, sagte Malinowskij zu Karpuschin. »Sie kennen nur Franz Heller, und sonst müssen Sie sich auf Beschreibungen verlassen. Aber Marfa hat ihn in seiner neuen Maske gesehen, damals im Botanischen Garten, und wir wissen, daß er diese Maske beibehalten hat. Sie werden also zusammenarbeiten …«
    »Ich mit diesem Modepüppchen?« Karpuschin sah Marfa mißbilligend an. »Ich habe schon immer ihre Aufmachung verurteilt.«
    »Sie ist gebilligt von der Kontrollabteilung der …«, setzte Marfa an, aber Karpuschin winkte mit beiden Händen ab.
    »Ich weiß, ich weiß!« schrie er. »Wenn sie so in Sibirien auftaucht, werden wir nicht Semjonow finden, sondern zehn Kinder mitbringen.«
    Beleidigt drehte Marfa Babkinskaja sich um und starrte an die Wand. Malinowskij lachte zum zweitenmal, was bewies, wie gut seine Laune war.
    »Auch Marfa wird sich anpassen«, sagte er dann. »Übermorgen fliegen Sie mit ihr unmittelbar nach Oleneksskaja Kultbasa. Und dann, lieber Karpuschin, sehe ich Sie nur wieder, wenn Sie mir ein Haarbüschel von Semjonow auf den Tisch legen können!«
    »Und wieviel Zeit lassen Sie mir?« fragte Karpuschin mit trockener Kehle.
    »Zeit? Wir haben genug Zeit. Sie versäumen ja nichts mehr, Genosse … Sie sind ja tot!«
    Im Krankenhaus von Oleneksskaja Kultbasa nahm Karpuschin, der einen Paß auf den Namen Schelkowskij hatte und Kontrolleur der staatlichen Betriebe sein sollte, seine Ermittlungen wieder auf.
    Noch einmal wurde alles durchsucht, jede Krankengeschichte durchgeblättert, die von der Ärztin Kirstaskaja zurückgelassenen Koffer und Kleidungsstücke untersucht, die Nähte aufgetrennt und das Futter losgelöst. Es war Marfa Babkinskaja, die etwas fand. Ein Brief, mehrere Monate alt, noch nicht geöffnet, anscheinend angekommen, als Katharina Kirstaskaja schon nach Bulinskij verbannt worden war.
    »Sieh an, sieh an«, sagte Karpuschin, als er den Brief aufgerissen und gelesen hatte. »Von einem Dr. Pluchin aus Mulatschka. Fragt an, wie es seinen Schützlingen geht. Ist das eine Spur, Marfa?«
    »Und ob, Genosse Schelkowskij.«
    Karpuschin lächelte sauer. Es war schwer, sich an den neuen Namen zu gewöhnen. Die ersten Tage hatte er gar nicht darauf reagiert, als man ihn so anrief, bis er sich jedesmal, wenn er den Namen hörte, vorsagte: Das bist du! Antworte!
    »Mulatschka? Wo liegt

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