Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebesnächte in der Taiga

Liebesnächte in der Taiga

Titel: Liebesnächte in der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
gekommen, Katharina. Ludmilla soll den Glauben an unser Paradies nicht verlieren.«
    »Ist das nicht falsch, Pawel Konstantinowitsch? Es ist besser, die Wahrheit zu kennen und sich darauf einzustellen.« Die Kirstaskaja ging zum Petroleumherd und zündete eine Flamme an. »Trinken wir erst eine Tasse Tee, mein Lieber. Und übrigens ist es undenkbar, daß Karpuschin lebt. Er wurde erschossen. In Moskau. Es stand in allen Zeitungen.«
    »Eine Falschmeldung war's! Täuschen wollte man uns und die Welt. Und es ist ihnen gelungen!« Semjonow sah auf seine Hände, sie waren grau von Staub und Lehm. Nicht anders war sein Kopf, wie in Zement getaucht sah er aus. »Kann ich mich baden?«
    »Natürlich. Borja wird dir heißes Wasser bringen.« Die Kirstaskaja trat an die Tür, öffnete sie und stieß sie dabei Borja an den Kopf. »Aha!« brüllte sie mit ihrem tiefen Organ. »Er lauscht! Er hängt mit seinen Fledermausohren an den Türritzen und erkältet sich die Pupillen an den Schlüssellöchern! Heißes Wasser, du Kretin!«
    »Mütterchen«, stammelte Borja und rieb sich verlegen die breite, affenartig behaarte Brust. »Ich habe nicht gelauscht. Ich beugte mich gerade herunter, um die Klinke zu putzen. Staubig war sie, und es soll Sauberkeit herrschen in einem Krankenhaus, haben Sie selbst gesagt, Mütterchen …«
    »Heißes Wasser für Pawlik! Und daß er hier war, hast du vergessen! Du hast ihn heute hier nicht gesehen.«
    »Wenn Mütterchen es will, bin ich blind, völlig blind!« sagte Borja. Er war glücklich, daß es keine weiteren Diskussionen über sein Lauschen gab. Er rannte zum Badezimmer, schürte den Ofen und schob dicke Holzscheite auf das Feuer, füllte einen großen Bottich mit kaltem Wasser und holte Handtücher und eine Bürste. Ein Wechselbad tut ihm gut, dem lieben Semjonow, dachte er. Erst heiß, daß er dampft wie eine Lokomotive, dann kalt, daß die Haut zischt, und dann mit der Bürste darüber, erst der Rücken, dann der Bauch, dann die Schenkel. Das gibt neues Leben! Das erfrischt.
    Gegen sieben Uhr in der Frühe – die Männer, die auf der Sowchose arbeiteten, waren schon abgefahren, und am Ufer der Lena saßen schon ein paar Frauen und spülten im rauschenden Wasser ihre Wäsche – kehrte Semjonow zu seinem Haus zurück.
    Ludmilla hatte die kleine Nadja gebadet und saß nun mit ihr am Tisch, und sie frühstückten.
    »Wie war es in Jakutsk, Pawluscha?« fragte Ludmilla, nachdem Semjonow sie und das Kind geküßt hatte. »Habt ihr die Maschinen gekauft?«
    »Es ist alles in Ordnung, Ludmilla«, log er und brach ein Stück frisches Weißbrot ab, tauchte es in eine Schüssel gezuckerter saurer Milch und kaute es langsam. »Schliemann ist noch in der Stadt geblieben, um die Verträge auszuhandeln. Ich bin zurückgekommen, um neue Muster der Achate zu holen. Die Chinesen und Mongolen haben vorgeschlagen, aus dem Achat Perlen zu drehen und statt Schnitzereien Ketten und Medaillons und Anhänger zu verkaufen. Gute, kluge Geschäftsleute sind die Gelben, sie kennen den Markt.«
    Das war alles gelogen, aber Ludmilla glaubte es. Er trug es gewandt und glaubwürdig vor, und er sah so sauber und zufrieden aus, wirklich wie ein erfolgreicher Geschäftsmann, der die Zeit überwunden hat, da er mit gezogener Mütze umhergehen mußte und »Wie Sie wünschen, Gospodin« sagte.
    Dann lag Semjonow in seinem Bett, und die Müdigkeit zog wie ein Strom von flüssigem Blei durch alle seine Adern und Glieder. Nadja spielte nebenan mit bunten Holzklötzchen und einem geschnitzten Pferdchen, quiekte vor Freude und kroch hinter dem Pferdchen her, das vor ihr wegrollte.
    »Deine Augen gefallen mir nicht, Pawluscha«, sagte Ludmilla leise und streichelte Semjonows Gesicht. Sie küßte ihn und legte ihren Kopf auf seine Brust. »So müde sind sie, so traurig. Ist noch etwas anderes, Liebster?«
    »Nichts, Ludmilluschka, gar nichts.« Semjonow schloß die Augen. Sie kennt mich genau, dachte er und war glücklich, daß sie so völlig eins waren mit ihren Seelen und ihren Körpern. Schwer ist es, sie zu belügen. Wenn eine Frau liebt, sieht sie alles, wie eine Eule in der Nacht.
    »Schliemann wird mit dem Zug nachkommen. Er muß in Shigansk abgeholt werden«, sagte Semjonow. »Sag es dem ›Dreieckigen‹. Er fährt gern in die Stadt, weil er dort als Kriegsheld auftreten und sich von den Mädchen bewundern lassen kann.«
    Dann schlief er ein. Ludmilla deckte ihn zu, küßte ihn noch einmal auf die Augen und streichelte sein

Weitere Kostenlose Bücher