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Liebesnächte in der Taiga

Liebesnächte in der Taiga

Titel: Liebesnächte in der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und Elend sind, Verfolgung und Todesangst. Lohnt es sich nicht, dafür zu leben, Ludmilluschka?«
    »Ja, Pawluscha, o ja.« Ludmilla blickte hinunter auf Nadja. Auf dicken, tapsigen Beinchen lief sie einem bunten Ball nach, und sie ruderte mit den Armen, um das Gleichgewicht zu halten. »Glaubst du, daß wir hier Freunde haben werden?« fragte sie.
    »Ich hoffe es. In Teheran leben viele Deutsche. Ich werde, sobald die politische Seite unseres Aufenthaltes geklärt ist, mich sofort an die deutsche Botschaft wenden. Wir werden in ein neues Leben hineinwachsen …«
    »Ich freue mich darauf, Pawluscha.« Aber ihre Augen sprachen anders. Sie blickten nach innen. Und sie sahen den Jenissej und den weiten Himmel über der Taiga und den Ostertisch und den Schlitten mit den kleinen, struppigen, lieben Pferdchen.
    Wer kann das auch vergessen, Freunde, da es doch nichts Schöneres gibt …
    Am Abend – sie aßen gerade in Gesellschaft eines iranischen Majors – trat General Reza Achmed in das Speisezimmer und brachte einen Besucher mit. Semjonow, mit dem Zerteilen eines Stück Rostbratens beschäftigt, blickte erst auf, als der Besucher, die Hände in den Taschen, sich an den Tisch stellte und lässig sagte:
    »Na, mein Junge, das schmeckt besser als Kapusta und Kascha, was?«
    Semjonow ließ das Messer fallen. Ludmilla starrte ihn erschrocken an. Ein wildes Gesicht hatte er plötzlich, ein Gesicht wie damals, als er dem Tiger gegenüberstand und nur einen Bärenspieß in den Fäusten hatte.
    »Wer sind Sie?« fragte Semjonow und stand auf. »Soll ich Ihnen eine Ohrfeige geben?«
    »Danke!« Hadley grinste breit. »Man sieht, Sie haben die Ausbildung in Alaska und Texas nicht vergessen! Rauhe Kerle haben wir da herangezogen, alle Achtung! Freund James war genauso. Der gute alte James! Freut mich, Franz, daß Sie wieder auf der normalen Erde sind …«
    »Wer sind Sie?« fragte Semjonow noch einmal. Die Erwähnung Bradcocks ließ sein Herz schmerzen.
    Hadley sah sich um. Das Speisezimmer war groß, mit orientalischen Bogenfenstern, Säulen und vergoldetem Gitterwerk, das als Zwischenwände diente. Hinter den Gittern sah er die Uniformen iranischer Soldaten, an den Fenstern lehnten Offiziere. Er hatte sie nicht hereinkommen sehen.
    »Ich bin Oberstleutnant Hadley«, sagte er ruhig.
    »Sie sind Hadley? Hadley aus Moskau …«
    Bei der Erwähnung Moskaus zuckte Ludmilla zusammen. Vom Stuhl sprang sie auf, stieß ihn zurück und griff nach dem Messer vor sich. »Was will er?« rief sie. »Was ist mit Moskau, Pawluscha?« Ihre Augen flammten, und die schwarzen Haare fielen ihr ins Gesicht.
    Hadley lächelte dünn. »Sie haben eine fabelhafte Frau, Heller. Ist sie die sagenhafte Kommissarin aus Kusmowka?«
    »Was wollen Sie?« fragte Semjonow.
    »Ich möchte Sie daran erinnern, wo Ihr Platz ist, Heller. Teppichhandel, stimmt das? So ein Unsinn! Wir haben andere Möglichkeiten für Sie.«
    »Ich bin Semjonow. Pawel Konstantinowitsch. Und sonst nichts! Es gibt keinen Franz Heller mehr. Und das ist endgültig!«
    »Man kann, was man ist, nicht auslöschen, Heller!« sagte Hadley laut. »Vor allem nicht das, was Sie sind!«
    »Man kann es, Oberstleutnant Hadley.« Semjonow nickte. »Ich werde es Ihnen vormachen.«
    »Und warum, um Himmels willen?«
    »Ich will Ruhe haben, Hadley. Ich habe eine Frau und ein Kind. Und seit einer Stunde weiß ich, daß wir ein zweites Kind haben werden.«
    »Um diesen Kindern eine freie, friedliche Welt zu schaffen, waren Sie in Sibirien, Heller! Sie haben gesehen, was da, fern aller Augen, heranwächst. Sie waren dort, wo der Untergang der Welt vorbereitet wird! Ihre Augen haben gesehen, was die Existenz der freien Welt bedroht!« Hadley trat einen Schritt näher, aber er blieb stehen, als Ludmilla an die Seite Semjonows trat, das Messer in der Hand.
    »Was will er, Pawluscha?« fragte sie.
    »Nur seine Pflicht tut er, Ludmilluschka.« Semjonow legte den Arm um Ludmillas Schulter und zog sie an sich. »Wir können es ihm nicht übelnehmen …«
    »Sie sind Deutscher, Heller«, sagte Hadley eindringlich. »Sie sind Angehöriger einer Welt, die in ständiger Angst lebt. Sagen Sie, was Sie wissen!«
    »Nein!« Semjonow schüttelte den Kopf. »Es freut mich, daß ich Sie gesehen habe, Oberstleutnant Hadley. Ich habe viel von Ihnen gehört … von James vor allem. Sie haben James auch beauftragt, mich umzubringen.«
    »Reden wir nicht mehr davon, Heller. Manchmal muß man Konsequenzen ziehen, die einem

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