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Liebesnächte in der Taiga

Liebesnächte in der Taiga

Titel: Liebesnächte in der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Pawel Konstantinowitsch.«
    »Gedanken sind immer gut.«
    »Fangen Sie schon wieder an, ekelhaft zu werden?« Sie trat einen Schritt zur Seite und stieß dabei gegen Semjonow.
    Einer Eingebung folgend, legte er den Arm um Ludmillas Schultern und zog sie eng an sich. »So wird es Ihnen wärmer werden, Ludmilla«, sagte er und wunderte sich, daß seine Stimme plötzlich so hohl klang.
    »Woran denken Sie denn?«
    »An vieles.«
    »Das wichtigste scheint mir, daß die Vorräte nicht ausreichen, wenn der Winter plötzlich einbricht.«
    »Ich weiß, Pawel Konstantinowitsch. Ich habe schon eine Meldung nach Krasnojarsk gemacht.« Ludmilla machte eine kleine Pause.
    »Sie haben mit Jefimow gesprochen?«
    »Ja …«, antwortete Semjonow gedehnt.
    »Was sagte er?«
    »Nichts als politische und technische Details.«
    »Sie lügen, Pawel Konstantinowitsch. Er sprach mit Ihnen über mich! Ich weiß, daß er mich heiraten will.«
    Semjonow schwieg. Er starrte über die dunklen Baracken und hinüber zum Feuerschein an der Tunguska. Er merkte nicht, daß er Ludmilla noch fester an sich drückte, denn er dachte: Sie weiß es, und es raubt ihr den Schlaf. Sie ist in Jefimow verliebt.
    »Er ist ein schöner Mann«, sagte er, und es fiel ihm schwer, so zu reden. »Werden Sie vor Väterchen Frost noch heiraten? Sicherlich werden Sie dann zurück nach Krasnojarsk gehen, nicht wahr? Ich wünsche Ihnen viel Glück, Ludmilla.«
    »Sie sagen das so bitter, Pawel Konstantinowitsch.« Ludmilla hob den Kopf. Das Gesicht Semjonows über ihr war wie aus einem Kanten Wurzelholz geschnitzt. »Warum hassen wir uns eigentlich?« fragte sie leise.
    »Ich habe da meine besonderen Ansichten.« Semjonow sah sie an. Dann nahm er wortlos ihr schmales Gesicht zwischen seine großen Hände, zog ihren Kopf heran und küßte sie mit aller Innigkeit, deren ein Mann fähig ist, auf die schmalen, kalten, zitternden Lippen.
    Ludmilla bewegte sich in ihrem Mantelfutteral. Sie wollte die Arme heben, sie um Semjonows Nacken schlingen, aber es ging nicht. Wie gefesselt war sie, eingeschnürt wie eine Mumie, und plötzlich wußte sie, daß alles Berechnung gewesen war, die Fürsorge, das Zuknöpfen des Mantels. Wehrlos hatte er sie gemacht, mit allem Vorbedacht, weil er sie hatte küssen wollen.
    »Sie Schuft!« sagte Ludmilla leise, als er ihren Mund freigab. Sie stieß mit dem Kopf nach ihm und zeigte die Zähne wie eine fauchende Katze. »Sie widerlicher Schuft! Ich werde Jefimow heiraten!«
    »Viel Glück!« sagte Semjonow und ging ins Haus.
    Erst viel später folgte ihm Ludmilla, nachdem sie sich aus dem Mantel befreit hatte. Sie warf ihn in die Ecke ihres Zimmers, hob die Faust gegen die Wand, hinter der Semjonow schlief, und legte dann das Ohr an die Bretter.
    Semjonow schnarchte leise, als berühre ihn das alles nicht.
    Doch das war ein Irrtum. Er schlief nicht. Er lag nur auf seinem Bett und schnarchte mit offenen Augen, weil er wußte, daß Ludmilla an der Wand horchen würde.
    In Wahrheit focht er mit sich einen wilden Kampf aus. Sie ist eine Russin, dachte er immer und immer wieder.
    Bis zum Morgen lag er wach, und sein Herz war schwer, als habe man es mit Blei ausgegossen.
    So gingen drei Wochen dahin.
    Die Saboteure, die die Bolzen aus den Schienen gedreht hatten, entdeckte man nicht. Zwar verhörte man die siebenundvierzig Männer, die an diesem Tag Schienendienst gemacht hatten, und man verhörte sie so, daß alle siebenundvierzig Männer in die Lazarettbaracke kamen und sich verbinden ließen, denn Jefimow war ein harter Mann und kannte kein Erbarmen, so laut auch die Befragten brüllten und »Hört doch auf, Genossen! Hört auf! Ich war es nicht!« schrien. So blieb das Geheimnis ungelöst, wer die Bolzen aufgeschraubt hatte und den Zug entgleisen ließ. Um wenigstens einen Erfolg zu melden, ließ Jefimow die siebenundvierzig Streckenarbeiter auf einen Lastwagen verfrachten und nach Krasnojarsk bringen.
    Man sah sie nie wieder, hörte nie wieder etwas von ihnen, aber der Ruf Jefimows war gefestigt. Ein strenges Väterchen, hieß es. Man muß sich hüten, unter seine Augen zu kommen.
    Um so weniger klappte es mit den Lebensmitteln. Der Küchen-Natschalnik rang die Hände, verfluchte die Korruption und drohte, in Zukunft Suppen aus Sägemehl zu kochen, von dem es genug gab.
    Es war ein Kreuz mit der Verpflegung. Einmal kam ein Waggon Salzfisch an, dann ein Waggon Sojamehl, die Woche darauf zwei Waggons Weizenkörner, die weiß Gott wie lange auf der

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