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Liebesnächte in der Taiga

Liebesnächte in der Taiga

Titel: Liebesnächte in der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sangen fünfhundert rauhe Kehlen die Internationale und ein Kampflied der Sibiriaken, vier kräftige Männer stiegen hinauf zum Podium, wo Ludmilla in ihrer Kapitänsuniform stand, nahmen sie in ihre Mitte und verkündeten leidenschaftslos:
    »Genossin! Bis man uns etwas anderes zum Fressen gibt, bleiben Sie bei uns! Und wenn man Sie mit Gewalt herausholen will, hängen wir Sie im Waschraum auf. Ist das klar? Sie müssen das verstehen, Genossin, aber zwölfhundert knurrende Mägen sind nun einmal eine Tatsache, der man ins Auge sehen muß.«
    Zur gleichen Zeit sagte diesen Spruch auch eine Delegation herunter, die beim Kombinatsdirektor vorsprach. Der Natschalnik erbleichte, hängte sich ans Telefon und rief Oberkommissar Jefimow an.
    »Erschießen!« sagte Jefimow nüchtern. »Alle erschießen wegen Meuterei. Ich lasse Miliz ins Lager kommen.«
    »Dann würde aber vorher die Genossin Barakowa aufgehängt. Darum geht es hier, Genosse.« Der Kombinatsdirektor schwitzte heftig und röchelte beim Sprechen vor Erschütterung. »Im Waschraum aufgehängt! Man muß etwas tun, Genosse Jefimow!«
    »Jawohl! Sie befreien!« schrie Jefimow außer sich.
    »Das ist nur möglich mit mehr Essen.«
    »Ich habe nichts!« schrie Jefimow zurück. »Die Sowchosen, diese Hunde, halten die Vorräte zurück, die staatlichen Lager haben noch keinen Befehl zur Ausgabe, denn die Beamten – man sollte sie alle ertränken! – bestehen auf ihren Ausführungsbestimmungen. Der Winter ist drei Wochen zu früh gekommen, was soll ich da tun?«
    »Dann sehe ich schwarz für die Genossin Ludmilla«, sagte der Kombinatsdirektor leise. »Wir werden in ein paar Tagen nicht mehr zwölfhundert Männer und Frauen, sondern zwölfhundert reißende Wölfe im Lager haben …«
    Semjonow erfuhr von dem Aufstand im Lager auf einem Prüfstand, wo er eine Idee in die Tat umsetzte. Aus den riesigen Mengen Sägespänen und geraspelter Schwarten, die man sonst verbrannte, wollte er Häuserwände gießen. Das Verfahren war ganz einfach … vier Teile Holz und ein Teil Zement mit Wasser vermischt, in eine Form gegossen, ergab den neuen Werkstoff Holzbeton. Statt Sand nehme man Holzspäne – eine einfache Idee.
    »Man will die Barakowa aufhängen!« flog der Ruf durch die Fabrik, und, ohne zu fragen, raste Semjonow in seinem Jeep vom Ufer der Tunguska zum Lager zurück.
    Es hatte keinen Sinn, zu verhandeln, das sah auch Semjonow ein, als er mit den Rädelsführern sprach. Er durfte Ludmilla sehen … sie saß in der Stolowaja auf dem Podium und las in einem Roman von Gorkij. Eine Leibwache umringte sie. Mit einem langen Blick sah sie Semjonow an, dann beugte sie sich wieder über das Buch und las weiter.
    »Es ist der einzige Weg, Genosse Ingenieur, uns Gehör zu verschaffen«, sagte der Rädelsführer fast bedauernd. »Sie wissen, wir würden nur sehr ungern ein Seilchen um den schlanken Hals der Genossin Kapitän legen. Der Staat braucht unsere Arbeitskraft, aber Kraft kommt nur vom Fressen! Es ist nicht unsere Aufgabe, solche Probleme zu lösen.«
    Semjonow nickte und ging auf sein Zimmer. Er schloß sich ein und wartete bis 12 Uhr mittags. Dann baute er seinen Kurzwellensender auf und rief in den Äther nach Dimitri.
    Punkt 12 Uhr meldete sich Dimitri. Auf englisch. »Was gibt es?« fragte er.
    Semjonow schilderte kurz die Situation. Dann funkte er: »Ich brauche für drei Tage und für zwölf hundert Menschen Essen.«
    »Sie sind verrückt!« antwortete der ferne Dimitri.
    »Dann ist alles gefährdet.« Semjonows Finger zitterten über der Morsetaste. »Dimitri, Sie müssen helfen. Soll alles umsonst gewesen sein? Überlegen Sie.«
    Dimitri schwieg. Eine halbe Stunde lang. Dann zirpte wieder das Gerät und befreite Semjonow aus einer Hölle von Ungewißheit.
    »Zehn Kilometer südlich von Komssa ist ein Verpflegungslager der Armee. Es gehört zur Raketenbrigade VI. Es wird bewacht von einem Leutnant und zwölf Rotarmisten. Lager liegt an der Straße Komssa - Podkamennaja, direkt am Jenissej. Ende.«
    Semjonow riß sich die Kopfhörer von den Ohren, versteckte den Funkapparat unter den Dielen und rannte hinüber zum Kombinatsdirektor. Dort saß man an den Wänden wie in einem Wartezimmer beim Zahnarzt, man war auch so bleich wie unter einem Zahnbohrer, nur rauchte man dabei und trank Wodka aus Wassergläsern. Es war eine düstere Stimmung über allen, als stände der Weltuntergang bevor.
    »Ist die Strecke nach Komssa frei?« fragte Semjonow, nachdem er durch die

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