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Liebesnächte in der Taiga

Liebesnächte in der Taiga

Titel: Liebesnächte in der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Rauchschwaden den Fahrleiter entdeckt hatte.
    »Ja. Aber was soll's?«
    »Können wir auf Flachwagen zwei Lastwagen transportieren?«
    »Natürlich.«
    »Dann bereiten Sie alles vor, Genosse. Es wird ein Sonderzug in der Nacht nach Komssa fahren. Sagen Sie es der Strecke durch …«
    Was dann geschah, war ein Bubenstück. Man darf eigentlich nicht darüber sprechen, aber unter guten Freunden, na ja … wenn wir alle schweigen, wird's keiner erfahren.
    Also: In der Nacht fuhr ein Güterwagenzug nach Komssa. In ihm saßen fünfzig hungrige Holzfäller, alles kräftige Burschen, die mit den Muskeln rollen konnten wie Jongleure mit ihren Bällen. Zwei große Lastwagen schaukelten ebenfalls durch die Nacht. Es war eine Höllenfahrt durch Schnee und Eis, durch Wind und Dunkelheit. Auf dem Güterbahnhof Komssa empfing sie ein aufgeregter kleiner Beamter der Bahnverwaltung und schnauzte herum, daß so etwas unmöglich sei. Sonderzüge müßten genehmigt werden. Und dann noch mitten in der Nacht.
    Ein großer Waldarbeiter brachte den Kleinen zum Schweigen. Er legte ihm einfach die Hand auf den Mund, hob ihn hoch und warf ihn den anderen zu. Dort verschwand der Beamte im Inneren des Waggons und ward nicht mehr gehört.
    In dieser Nacht geschahen überhaupt wunderliche Dinge. Ein Leutnant der Roten Armee und zwölf brave Rotarmisten wurden niedergeschlagen und gefesselt. Zwei Lastwagen nahmen einen Pendelverkehr zwischen Jenissej und Güterbahnhof auf, und als der Morgen fahl heraufdämmerte, setzte man einen völlig demolierten Bahnbeamten in den Schnee, gab ihm einen Schluck Wodka, sagte zu ihm: »Erfrier dir nicht dein Hinterteil, Brüderchen!«, und ein unbekannter Zug dampfte wieder ab aus Komssa.
    Als um 10 Uhr vormittags der ganze Umfang dieser nächtlichen Aktion überschaubar wurde, als Oberst Iswarin vom Raketenstab VI mit einer Kompanie ausrückte und der ganze Distrikt in Alarm versetzt wurde, als man Miliz aus Kusmowka und Komssa nach Kalinin II verlegte – da waren die Lebensmittel schon längst innerhalb des Lagers vergraben worden, da hatte man Wagen und Lok mit Schnee beworfen, als hätten sie die ganze Nacht im Freien gestanden, unbenutzt und Opfer des Winters, da hatte man Ludmilla Barakowa freigelassen und kochte in der Lagerküche eine dicke Kascha aus Grieß und Gulasch, einen Magenfüller, der gut war für drei Tage!
    In dieser heiklen Lage zeigte sich Jefimow als großer Mann. Er war schon da, gelandet mit einem Hubschrauber, als Oberst Iswarin mit seiner Kompanie eintraf und das Lager stürmen wollte. Vor den Baracken standen über sechshundert entschlossene Männer, Knüppel und Eisenstangen in den Händen. Sie kannten keine Furcht vor den Maschinenpistolen der Soldaten.
    »Es ist alles ein Irrtum, Genosse Oberst«, sagte Jefimow lächelnd. »Außerdem muß ich Sie darauf aufmerksam machen, daß das Lager nicht dem Militär untersteht, sondern der Zivilverwaltung. Also mir! Und ich lasse nicht zu, daß Ihre Soldaten sich benehmen wie wilde Böcke. Wer beweist überhaupt, daß der Zug von uns kam?«
    »Hier fährt nur einer, und das ist das Holzkombinat!« brüllte der Oberst. »Ich werde Sie nach Moskau melden.«
    »Bitte.« Jefimow lächelte breiter. »Es wird einen unguten Eindruck machen, daß sich ein Militärlager überfallen läßt. Daß so etwas überhaupt möglich ist … mitten in Rußland, im tiefsten Frieden! Von Unbekannten! Denn es waren Unbekannte, Genosse Oberst. Oder haben Sie einen einzigen Namen zur Hand?«
    Kurz und gut: Am Abend war die Umgebung von Kusmowka wieder frei von Uniformen. Jefimow verabschiedete sich von Semjonow. Er wollte zurück nach Krasnojarsk, um dort die schriftlichen Beschwerden abzufangen.
    »Sie sind ein Satan, Pawel Konstantinowitsch«, sagte er beim Abschied. »Aber so etwas kann man nur einmal im Leben machen! Wie lange reichen jetzt die Vorräte?«
    »Zehn Tage, Maxim Sergejewitsch.«
    »Bis dahin haben die Beamten den Befehl, die Vorratslager zu öffnen.« Jefimow hielt sich die Pelzmütze mit beiden Händen fest. Der Hubschrauberpropeller drehte sich donnernd. »Grüßen Sie Ludmilla von mir!« brüllte er gegen den Lärm an. »Sie schläft, und ich wollte sie nicht wecken! Das arme Täubchen hat nach diesen Aufregungen Schlaf nötig. Leben Sie wohl!«
    »Sie auch, Maxim Sergejewitsch.«
    Dann war Jefimow am grauen Winterhimmel verschwunden, und Semjonow ging, um die Grüße an Ludmilla Barakowa auszurichten.
    Er glaubte nicht, daß sie schlief.
    Als er

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