Liebesnächte in der Taiga
Jefimow zum Hubschrauber begleitete, hatte er ihre schwarzen Haare hinter der Gardine ihres Zimmers bemerkt.
Sie hatte ihnen nachgesehen, als wolle sie entscheiden, wer von ihnen beiden nun der Bessere sei.
Aber da Semjonow zurückblieb und Jefimow davonflog, war es eigentlich keine Frage mehr.
Meint ihr das nicht auch, Freunde?
Die Tür war nicht abgeschlossen und gab nach, als Semjonow leise die Klinke hinunterdrückte. Er öffnete sie einen Spalt, spähte ins Zimmer, fand den Wohnraum leer und trat ein. Die Tür zum Nebenraum, dem Schlafzimmer, war offen, und von dort fiel auch Licht herein. Ein Streifen Leben inmitten feuchter, warmer, nach Moder riechender Dunkelheit.
Semjonow wartete, ob sie sich rührte, ob sie fragte: »Wer ist da?«, ob sich überhaupt etwas regte. Aber nichts geschah, und so ging er weiter, dem Lichtschein entgegen, und stand wenig später vor ihrem Bett.
Ludmilla Barakowa tat, als ob sie schliefe. Sie lag auf dem Rücken, hatte die schwarzen Haare wie einen Vorhang über ihr Gesicht gezogen. Die Arme lagen an der Seite. Sie trug ein dünnes, seidenes, mit Borten verziertes Nachthemd, wie es tatarische Prinzessinnen in der Nacht ihrer Hochzeit getragen hatten. Ihre Brust atmete regelmäßig auf und ab, zwei volle harte Rundungen, die sich unter der Seide wölbten und unübersehbar waren.
Semjonow setzte sich auf die Bettkante und sah auf den Vorhang der schwarzen Haare. »Warum stellen Sie sich schlafend, Ludmilla Barakowa?« fragte er, als sie unbeweglich liegenblieb.
»Fangen Sie schon wieder Streit an?« Ihr Kopf flog zur Seite, mit einem Ruck drehte sie sich zur Wand. »Was wollen Sie überhaupt in meinem Schlafzimmer … auf meinem Bett?«
»Ich soll Ihnen Grüße bestellen von Maxim Sergejewitsch. Er ist vor wenigen Minuten abgeflogen.«
»Danke.« Ihre Stimme war gepreßt, aber sie lag ja auch mit dem Gesicht halb im Kissen. »Das hatte Zeit bis morgen.«
»Außerdem war Ihre Tür nicht abgeschlossen.«
»Ich verrammele mich nicht! Sie ist immer offen.«
»Das ist leichtsinnig, Ludmilla.«
»Ich wüßte nicht, warum.«
»Es könnten Männer kommen. Männer wie ich …«
»Ich fürchte keinen!«
»Das weiß ich.«
»Auch Sie, Pawel Konstantinowitsch, fürchte ich nicht. Sehen Sie hier …« Sie griff unter das Kopfkissen und holte eine Armeepistole hervor. »Ich schlafe nie ohne Begleiter.«
Sie drehte sich wieder zu Semjonow und setzte sich auf. Ihre Schultern waren jetzt frei. Schmale weiße Schultern, ein schlanker Hals, an dessen Seite man das Pulsen des Blutes in den Schlagadern sah. »Was wollen Sie also?« fragte sie grob. »Habe ich vergessen, mich zu bedanken? Gut, ich hole es nach. Ich danke Ihnen, Pawel Konstantinowitsch, daß Sie mich aus den Händen der Meuterer befreit haben. Zufrieden? Dann gehen Sie bitte …«
Ihre schwarzen Augen glühten. Es zuckte durch ihre weißen Schultern, als stände sie unter dauernden kleinen Stromstößen.
»Sie sind ein Teufel, Ludmilla«, sagte Semjonow leise. Er zog die Decke von ihrer Brust, beugte sich vor und legte seine Lippen auf ihren Brustansatz. Er spürte, wie sie sich steif machte, er erwartete ihren Schlag, ihre trommelnden Fäuste … aber nichts geschah. Wie ein Marmorpüppchen saß sie da und atmete kaum. Da legte er die Arme um sie, und unter seinem Gewicht sank sie zurück. Er schob seine Finger in die schwarze Flut ihrer Haare. Aus ihren Augen brannte ihm alles entgegen, wovon er in den vergangenen Wochen geträumt hatte.
»Ludmilla …«, sagte er leise. »Kleines schwarzes Vögelchen … du frierst …«
»Ja … es ist kalt, Pawluscha«, flüsterte sie und breitete die Arme aus wie jemand, der sich ergibt. »Aber du bist warm … du bist wie die Sonne über den Rosenfeldern …«
Vor dem Fenster rappelte der Wind an den Läden. Schnee trieb gegen die Wände, türmte sich auf, fegte in wirbelnden Schleiern über das Land. Jefimow hatte einen ekelhaften Heimflug, das war gewiß. Freunde, man sollte jetzt, gerade jetzt, ein wenig Mitleid mit ihm haben.
»Ich liebe dich, Pawluscha«, sagte Ludmilla und legte ihr Gesicht in seine Achselhöhle. »Man kann sie nicht beschreiben, diese Liebe. Sie reißt die Sterne vom Himmel …«
Semjonow küßte ihre Lippen, die Nase, die Augen, die Schläfen, den Hals, die Brüste in seinen Händen. Er tat es ganz behutsam, voll leiser, warmer Zärtlichkeit.
»Wer bist du?« fragte er und küßte ihr Ohr. »Ich kenne dich nicht.«
»Ich bin Ludmilla, dein
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