Liebesparadies im Alpenschnee
stöhnte auf. Sie konnte die wachsende Anspannung kaum noch ertragen.
„… wie über einem zugeschneiten Feld. Welche Schritte wir jetzt auch unternehmen, wir gehen sie gemeinsam. Und sie werden Spuren hinterlassen.“
Crystal fand, das klang wie eine Beschwörung, wie ein Schwur, wie ein Versprechen. Es versetzte sie in helle Aufregung.
Im Haus ließ er sich Zeit, das Holz im Kamin zu schichten. Sie beeilte sich, in der Küche Kaffee zu machen. Sie brauchte etwas zu tun, die Bewegung tat ihr gut. Als sie die vollen Becher auf dem Tisch im Wohnzimmer absetzte, schwappten sie über. Während Raoul weitere Scheite in die Flammen legte, eilte sie zurück in die Küche, um einen Lappen zu holen. Er kniete noch immer vor dem Feuer, während sie die Flüssigkeit aufwischte.
Dann erhob er sich und schaute sie an, wie er sie noch nie angeschaut hatte. Sein Gesicht war ernst und reglos wie aus Stein gemeißelt, aber seine Brust hob und senkte sich bei jedem Atemzug. Das verdeckte Feuer, das sie in den vergangenen Tagen in seinen Augen bemerkt hatte, brannte nun offen und lichterloh. Es versengte sie und verursachte eine unendliche körperliche Schwäche in ihr.
„Ich liebe dich, Crystal.“
Ihr entschlüpfte ein kleiner Schrei.
Verwirrt setzte sie sich auf die Couch. So lange hatte sie auf diese Worte gewartet und gefürchtet, sie nie zu hören. Und jetzt erschrak sie davor, weil sie nicht damit gerechnet hatte.
Dabei kannte sie Raoul doch recht gut und wusste, dass er Wahrheiten schonungslos aussprach. Dass er nicht zögerte, wo andere sich abwartend verhielten. Doch zu einem Draufgänger machte ihn das nicht, denn er war umsichtig, überlegt und sensibel. Sie schaute zu ihm auf. Er war ein unglaublicher Mann, ein einzigartiger Mensch. Hatte er eben gesagt, dass er sie liebte?
Er trat näher. „Als du letztes Jahr mit Philippe abgeflogen bist, wussten wir beide schon von der Stärke unserer Gefühle. Wenn du mich nicht geliebt hättest, wärst du nicht fortgegangen. Aus den Augen, aus dem Sinn – dieser Spruch hatte bei uns den gegenteiligen Effekt. Nun bist du wieder da, und wir sollten heiraten.“
„Heiraten?“
Seine Augen wurden schmal. „Du kennst mich doch gut genug. Eine Affäre kommt für mich nicht infrage.“
Panik stieg in ihr auf, gefolgt von Zorn. Sie sprang auf die Füße. „Und du müsstest mich gut genug kennen, um zu wissen, dass ich deinen Bruder weder durch eine Affäre noch durch eine Heirat beleidigen würde. Ich habe Eric geliebt und hätte ihm niemals wehgetan. Deshalb werde ich die Erinnerung an ihn nicht beschmutzen.“
Ihre Worte schienen an Raoul abzuprallen. „Niemand bezweifelt deine Liebe zu meinem Bruder“, sagte er ruhig. „Aber er ist tot. Tot wie Suzanne, meine geliebte Frau. Beide hätten nicht gewollt, dass wir für immer allein bleiben. Wir beide leben, wir lieben uns, Crystal. Das hat nichts Beleidigendes an sich. Mein Bruder würde wollen, dass du glücklich bist.“
Was Raoul sagte, stimmte. Und trotzdem stellten seine Worte ihre Welt auf den Kopf. Sie musste diesem Wahnsinn ein Ende bereiten.
„Der Hauptgrund, warum es keine gemeinsame Zukunft für uns gibt, ist Philippe. Kannst du dir vorstellen, wie er sich fühlt, wenn die Leute hinter unseren Rücken darüber spekulieren, wessen Sohn er ist? Erics oder deiner? Ich kann schon hören, was sie sagen: Ach deshalb hatte Raoul Broussard seinen angeblichen Neffen schon immer im Schlepptau. Wann hat das denn angefangen mit seiner Schwägerin? Wie groß muss der Hass zwischen den Brüdern gewesen sein, als Eric noch lebte!“ Sie holte tief Luft. „Die Presse wird über uns herfallen, Raoul. Keine ruhige Minute wird mein Sohn mehr haben.“
Er schüttelte den Kopf. „Du übertreibst. Jedes Gerücht läuft sich irgendwann tot. Und wer sagt dir, dass es überhaupt eines gibt? Philippe vertraut uns. Aber du willst aus Angst vor dem, was andere denken oder verbreiten, unser Glück aufgeben? Auch das Glück deines Sohnes, der sich nichts mehr wünscht, als mit uns beiden zusammenzuleben? Du weißt doch, dass heute ein besonderer Tag ist. Für mich ist er ein Vorbote all der Jahre, die wir gemeinsam verbringen werden, der Tage und der Nächte. Solange wir leben.“
Sie wollte nichts dergleichen mehr hören und stellte sich vor den Kamin. Raoul folgte ihr.
„Ich kenne deine Ängste, Crystal, besonders was die Reaktion unserer Eltern angeht. Ich weiß, was du noch alles an Vorbehalten vorbringen könntest.
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