Liebesperlenspiel
sage dann: »Er hat Anfang April Geburtstag, ist also Widder, das passt hervorragend zu meinem Sternzeichen, wir werden wunderbar miteinander auskommen.«
Paul kommt mir gefährlich nahe. »Du machst die Wahl deines Assistenten von einem Sternzeichen abhängig?«, zischt er durch zusammengebissene Zähne.
Nickend widme ich mich wieder meinem interessanten Bildschirmschoner. Schwimmende Fische. Können ja so beruhigend für das Nervensystem sein.
»Wie du willst«, knurrt er, nimmt die Personalakten wieder an sich und verlässt den Raum, ohne die Tür zu schließen.
»Linda, kommen Sie in mein Büro«, höre ich ihn donnernd rufen und muss lachen. Wenn das ein Versuch ist, mich eifersüchtig zu machen, geht er gehörig in die Hose.
Keine halbe Stunde später betritt Mr Brakeman mein Büro. Er klopft kurz an die offene Tür und begrüßt mich überschwänglich.
»Hanna, welcome to New York. Nice to see you. I hope, you’re having a good time.«
Er schließt mich in die Arme wie eine alte Freundin.
»Hallo, Mr Brakeman«, kann ich nur erwidern, zu überfahren bin ich von dieser Begrüßung.
»Oh, please call me Michael«, fordert er mich auf und ich nicke lächelnd. Er behandelt mich, als würde ich zur Familie gehören und ich ärgere mich, dass Linda das nicht mitbekommt.
»Hanna, darf ich Ihnen Chris Brown vorstellen? Er ist ab sofort Ihr Assistent.«
Ich blicke auf den jungen Mann, der hinter Brakeman mein Büro betritt, und schüttele ihm strahlend die Hand. Chris ist ein schlanker blonder Surfer-Typ mit einem sympathischen Lächeln, das mir auf Anhieb gefällt. Michael stellt mich kurz vor und entlässt Chris zu seinem Schreibtisch vor meiner Tür.
»Wo ist Paul?«
In seinem Büro und schmollt , denke ich, doch laut gebe ich die Ahnungslose. »Ich glaube nebenan.«
Brakeman fordert mich auf ihm zu folgen und wir betreten beide Pauls Büro. Linda liegt nicht, wie ich fast erwartet hatte, auf Paul Schreibtisch, sondern sitzt auf einem der Besucherstühle und macht sich Notizen. Als sie uns sieht, erhebt sie sich und grüßt Brakeman freundlich, der sie jedoch kaum beachtet.
»Ich hoffe, Ihre Unterkunft bei Paul gefällt Ihnen, Hanna«, fragt Brakeman und ich kann nicht anders, als begeistert zu nicken, besonders weil Linda noch in der Tür steht und jedes Wort wie ein Schwamm aufsaugt.
»Ja, danke , Michael«, entgegne ich, »Pauls Wohnung ist wirklich wundervoll.« Mein Blick gleitet dabei zu Linda, die daraufhin zu ihrem Schreibtisch stampft, wenn das auf 12 cm überhaupt möglich ist. Upps, habe ich da jemanden neidisch gemacht?
Mit einem zufriedenen Lächeln sehe ich Paul an und mein Blick sagt : Wenn du spielen willst, achte auf deinen Gegner! Brakeman spürt die Spannung, die im Raum liegt, und schaut verwundert von einem zum anderen.
»Ich habe heute Morgen einen Anruf von Jon Kinsley erhalten. Er hat uns zu einem Treffen nach Atlanta beordert und verlangt, dass Hanna daran teilnimmt.«
»Hanna?«, fragt Paul überrascht.
Brakeman nickt. »Ich glaube, Hanna hat auf Kinsley einen nachhaltigen Eindruck gemacht, wenn er ausdrücklich nach ihr verlangt.«
Paul nickt zustimmend und ich werde rot. »Ich habe in Hamburg doch nichts Besonderes getan, außer meine Arbeit.«
»Die aber auffallend gut«, meint Brakeman. »Sie haben nicht nur uns überzeugt, Hanna.«
»Dann fliege ich mit. Ich bin schließlich der Projektleiter.«
Brakeman nickt zustimmend. »Okay, es wäre verantwortungslos, Hanna allein fliegen zu lassen, wo sie sich hier nicht auskennt.«
Paul ruft in Richtung Tür: »Linda, bitte buchen Sie für heute Abend zwei Flüge nach Atlanta und ein Hotelzimmer.«
»Zwei Einzelzimmer?«, höre ich sie süffisant fragen. Blöde Kuh , denke ich und mische mich ein. »Eine Suite mit zwei Schlafzimmern, bitte«, ergänze ich und schenke ihr durch die aufstehende Tür ein falsches Lächeln. Kommentarlos nickt sie und macht sich an die Arbeit. In diesem Leben werden wir wohl keine allerbesten Freundinnen mehr.
~
Als sich die Bürotür schließt, bleibt Paul allein zurück. Die Situation gefällt ihm gar nicht. Was will dieser Kinsley nur von Hanna? Er ist ein mächtiger Geschäftsmann mit einer nach außen hin weißen Weste, doch etwas in seinem Blick beschert Paul eine Gänsehaut und zwar eine der unangenehmen Sorte.
Es ist wirklich besser, Hanna zu begleiten und sie nicht allein in die Höhle des Löwen zu schicken.
Am liebsten würde er sie gar nicht in die Nähe von Kinsley kommen
Weitere Kostenlose Bücher