Liebesschmarrn und Erdbeerblues: Roman (German Edition)
Zunge über sein glänzendes Fell. Als ich ihm dabei zuschaute, wurden meine Augen schwer. Und genau so, wie es in meiner Kindheit funktioniert hatte, trug mich das beruhigende Schnurren des Tieres in einen tiefen, erholsamen Schlaf.
Klack! Bing! Zong! Ich schreckte im Bett hoch. Was war das? Ich schaute mich um. Da sah ich den Verursacher des Lärms durch das Zimmer jagen. Fritzi spielte mit irgendeinem kleinen Ding, das er mit seinen Pfoten über den Boden schubste. Da war doch wohl hoffentlich keine Maus im Zimmer! Ich sprang aus dem Bett und ging zum Kater.
»Was hast du denn da? Zeig mal her!«
Jetzt sah ich, was Fritzi kurzerhand zu seinem Spielzeug gemacht hatte: die Eskimofigur aus Claudias Wohnung. Offenbar hatte er sie unter dem Bett gefunden. Ich nahm den kleinen Mann und stellte ihn auf meinen Nachttisch. Sein Blick schien heute viel weicher, und ich vermeinte Erleichterung darin zu lesen, dass ich ihn vor Fritzi gerettet hatte. Bei nächster Gelegenheit würde ich ihn wieder zurück zu Claudia bringen.
Gut, dass heute Samstag war und das Wochenende vor mir lag. Ich hatte nach dem missglückten Radioauftritt keinen Nerv, den sicherlich schon wieder spöttischen Blicken der Kollegen zu begegnen. Und ich war auch froh, dass ich Matthias erst am Montag Rede und Antwort stehen musste. Er hatte sich nicht bei mir gemeldet. Womöglich war das Projekt Beziehungsratgeber inzwischen gar auf Eis gelegt?
Claudia wusste vielleicht mehr. Ich würde sie heute Abend auf der Geburtstagsfeier unserer gemeinsamen Freundin Eva treffen. Wobei ich momentan überhaupt keine Lust verspürte, dorthin zu gehen. Es ließ mir keine Ruhe, dass Huber so aggressiv auf mich reagiert hatte. Denn im Grunde meines Herzens war ich so harmoniesüchtig wie eine Gruppe Feng-Shui-Berater auf ihrem ersten Fortbildungskurs.
Ich griff nach meinem Handy und schaltete es ein. Ups! Neun verpasste Anrufe und siebzehn Kurznachrichten! Es dauerte fast eine halbe Stunde, bis ich auf dem Laufenden war. Claudia war gestern zusammen mit Matthias auf einer Vortragsveranstaltung gewesen. Beide hatten die Radiosendung zwar nicht gehört, aber bereits von Hubers und meinem Streit erfahren. Genauso wie einige meiner Freunde, die das natürlich nicht unkommentiert lassen wollten.
Franz Grindler hatte auch eine Nachricht auf der Mailbox hinterlassen:
»Hallo Frau Koller. Es tut mir leid wegen heute Abend. Das Benehmen von Karl war unmöglich. Er hat … Wissen Sie, seine … Ach, das würde jetzt zu weit führen. Es wäre schön, wenn Sie bald noch einmal als Gast ins Studio kämen … Natürlich ohne Karl. Am besten telefonieren wir in der kommenden Woche mal. Schönen Tag noch.« Seine Stimme war wirklich ganz außergewöhnlich. Ich hörte mir die Nachricht noch dreimal an.
Ob ich da wirklich noch mal hinwollte, musste ich jedoch erst in Ruhe überdenken.
Die meisten verpassten Anrufe und Kurznachrichten waren von Michi. Er schien ernsthaft sauer auf mich zu sein.
»Langsam könnte er sich wieder beruhigen«, murmelte ich. Schließlich hatte ich ihn gestern mit keinem Wort erwähnt. Und außerdem hatte er ein honigsüßes Trostpflaster: Sabine.
Die letzte Kurznachricht kam von einer mir unbekannten Nummer, und sie machte ihrem Namen wahrlich alle Ehre, kurz, wie sie war: »Aussprache?«, stand da nur.
Aussprache? Ich dachte sofort an Karl Huber. Ob er diese SMS geschickt hatte? Grindler könnte ihm meine Nummer gegeben haben. Aber was meinte er mit Aussprache? Dass er sich mit mir aussprechen wollte? Oder hatte er etwas an meiner Aussprache zu kritisieren? Und war die SMS überhaupt von ihm? Aber von wem sollte sie sonst sein? Von Sabine? Nein! Instinktiv wusste ich, dass der grantige Sprachforscher der Verfasser dieser kryptischen Nachricht war.
Jäh schoss mir abermals die Zornesröte ins Gesicht. Was dachte dieser Kerl sich eigentlich? Meinte er, ein Wort genügte, und ich würde sofort antworten und mich mit ihm aussprechen? So wie er sich gestern aufgeführt hatte? Von wegen! Der konnte lange auf eine Rückmeldung warten. So lange, bis die technologische Entwicklung so weit war, dass man Kurznachrichten per Gedankenübertragung schicken konnte.
Ich hatte meinem Vater versprochen, ihm heute im Gewächshaus beim Sortieren der Tomatenpflänzchen zu helfen, die jetzt, Anfang Mai, kurz vor dem Aussetzen ins Freie standen. Das war die richtige Arbeit für mich, denn sie hatte etwas Beruhigendes und Erdendes. Genau das brauchte ich heute.
Als ich
Weitere Kostenlose Bücher