Liebesschmarrn und Erdbeerblues: Roman (German Edition)
Begrüßung.
Wenn er kein so verdrossenes Gesicht gemacht, sich rasiert hätte und beim Friseur gewesen wäre, würde er noch gar nicht mal so übel aussehen. Ich beschloss, trotz allem freundlich zu sein, und streckte ihm die Hand entgegen.
»Freut mich, Herr Huber.«
Er ignorierte meine Hand, drehte sich um und nahm sich vom Tisch eine Flasche Wasser. Prinz Charming in Person!
»Denken Sie sich nichts, Frau Koller. Karl kann manchmal ein wenig grantig sein. Nehmen Sie es nicht persönlich.« Grindler versuchte, die Situation etwas aufzulockern.
»Wir werden uns schon nicht gegenseitig an den Hals gehen«, witzelte ich und lächelte in Hubers Richtung. Doch er warf mir einen Blick zu, der mich an seinen guten Absichten zweifeln ließ.
»Fangen wir dann endlich an?«, fragte Huber ungeduldig, und jetzt erkannte ich die Stimme wieder, die ich vorhin im Halbschlaf gehört hatte. Worüber der Mann nur so aufgebracht war? Hatte er Liebeskummer? Vielleicht war er aber auch nur nervös. Auch ich bekam langsam Herzklopfen, wenn ich an das Interview dachte.
Kurz darauf waren wir im Studio, und die Stimmung hatte sich nicht wirklich gebessert. Das konnte ja heiter werden.
Eben lief noch der Titel »Love is in the air«. Danach sollte es losgehen. Ich hatte absolut keine Ahnung, was jetzt auf mich zukommen würde. Huber und ich saßen gegenüber von Grindler, der uns nun seinen Hörern vorstellte. Wir waren auf Sendung.
»Frau Koller, Sie haben uns gestern mit der These überrascht, dass es in Bayern keinen Ausdruck für ›Ich liebe dich‹ gibt«, sprach er mich an und lächelte mir dabei aufmunternd zu.
»Das ist richtig. Es gibt zwar viele …« Weiter kam ich nicht, da fiel mir Karl Huber bereits ins Wort.
»Das ist natürlich ein ausgemachter Schmarrn, was Frau Koller da sagt!«, ereiferte er sich. So ein unhöflicher Kerl! Was dachte er sich eigentlich?
»Von wegen Schmarrn«, protestierte ich. »Es gibt keine Entsprechung dafür.«
»Wahrscheinlich wissen Sie einfach nicht, was Liebe ist.« Langsam dämmerte es mir, dass die schlechte Laune dieses Mannes mit mir zu tun hatte. Aber warum nur? Ich hatte ihm doch nichts getan. Zumindest wusste ich nichts davon. Am liebsten hätte ich ihn gleich gefragt, warum er mich so angiftete. Stattdessen holte ich Luft und versuchte, mich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen.
»Das werden Sie bestimmt nicht beurteilen können, Herr Huber«, flötete ich bemüht freundlich mit der Betonung auf das Wort »Sie«. Trotz meines Vorsatzes, ruhig zu bleiben, spürte ich, wie die Zornesröte mir ins Gesicht stieg.
»Wie sind Sie denn auf diese These gekommen?«, wandte sich Grindler an mich. Das war natürlich eine sehr persönliche Frage. Und ich wollte schließlich nicht mein ganzes Gefühls- und Liebesleben im Radio ausbreiten. Michi würde mir außerdem die Hölle heiß machen, wenn ich ihn hier ins Spiel brachte.
»Das war eher so ein ganz spontaner Gedanke, als ich mich mit meiner Freundin über die Liebe generell unterhalten habe«, versuchte ich mich um eine genauere Antwort zu drücken. Es ging ja wohl nicht darum, wie ich darauf gekommen war, sondern worauf ich gekommen war!
»Wahrscheinlich wurde sie von einem Mann abserviert, und deswegen hat sie sich diesen Unsinn einfallen lassen«, säuselte Huber mit einem bösen Grinsen im Gesicht.
Bevor ich ihn verbal attackieren konnte, unterbrach uns Grindler und spielte das nächste Lied ein: »Tragedy« von den Bee Gees. Während der knapp dreiminütigen musikalischen Pause redete Grindler mit Engelszungen auf mich ein, die Sendung nicht zu verlassen, und ermahnte Huber, der scheinbar zu seinem engeren Freundeskreis gehörte, endlich sachlich zu werden.
Dieser versprach halbherzig, sich zusammenzureißen. Als wir wieder auf Sendung waren, gelang es ihm sogar, in gemäßigtem Ton einige Sätze zur bairischen Sprachkultur zu sagen, ohne mich anzugreifen. Was für eine wundervolle, erhaltenswerte Sprache Bairisch doch sei und wie wichtig es wäre, dieses einzigartige Gut zu erhalten.
»Da bin ich ganz Ihrer Meinung, Herr Huber«, bemühte ich mich, einen gemeinsamen Nenner zu finden, »aber leider haben es die Bayern in den letzten Jahrhunderten versäumt, einen eigenen Ausdruck für ›Ich liebe dich‹ zu finden.«
Huber sah aus, als ob er mich gleich teeren und federn und anschließend aus Bayern jagen wollte. Empörung pur stand ihm ins Gesicht geschrieben.
»Menschen wie Sie tragen dazu bei, unsere bayerische
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