Liebesschmarrn und Erdbeerblues: Roman (German Edition)
wenig zu Kopf gestiegen.
»Ich hatte noch keine Gelegenheit, dir zu gratulieren«, sagte er, und seine Stimme war leise.
»Stimmt! Du hast mir noch keinen Geburtstagskuss gegeben.« Ich tat empört. Das Schrillen der Alarmglocken in meinem Kopf wollte ich nicht zur Kenntnis nehmen.
»Alles Gute zum Geburtstag, Kleines.« Er sagte tatsächlich Kleines zu mir. Ein Kosewort, das mein Herz wild zum Pochen brachte.
Er legte seine Hände an meine Wangen und küsste mich zärtlich. So zärtlich, wie er mich bisher noch nie geküsst hatte. Es fühlte sich vertraut und richtig an und gleichzeitig fremd und falsch. Das war doch nur ein harmloser Geburtstagskuss, oder?
Mach dir nichts vor, Lene. Der Kuss ist genauso wenig harmlos, wie die Geburtstagstorte zur Diätkost zählt, widersprach der nüchterne Teil meines Gewissens mit schneidendem Unterton.
Aber ein kleines Stück Torte macht doch nicht gleich dick, versuchte ich zu verhandeln.
Tu, was du nicht lassen kannst, aber beschwer dich hinterher nicht, wenn du dich nicht gut fühlst! Mein Gewissen war eingeschnappt.
Michis Kuss wurde intensiver, und seine Hände kneteten sinnlich meine Pobacken.
Doch mein Gewissen gab nicht auf und fuhr schweres Geschütz auf. In meiner Vorstellung stand plötzlich eine wütende Sabine vor mir. Das wirkte. Ich löste mich rasch von Michi und atmete schwer.
»Danke für den … äh, Geburtstagskuss«, versuchte ich, die Situation zu verharmlosen und zu entschärfen.
Michi zog mich noch mal fest an sich. Er war spürbar noch nicht entschärft.
»Wir könnten uns morgen treffen. Sabine ist am Nachmittag bei ihrer Mutter, und ich …«, murmelte er mir ins Ohr.
Wie bitte? Er spekulierte darauf, dass meine Nachfolgerin, mit der er kürzer zusammen war, als ein weiblicher Monatszyklus dauerte, zu ihrer Mutter fuhr, damit wir sturmfreie Bude hatten?
Es war wie eine kalte Dusche. Und zwar eine eiskalte. Ich rückte von ihm weg.
Er bemerkte seinen Fehler sofort, aber es war zu spät.
»Geh!« Ich drehte ihm den Rücken zu.
»Lene, bitte, so hab ich das nicht gemeint, ich …«
»Geh!« Ich versuchte krampfhaft, die Tränen zurückzuhalten.
Er sah mich zerknirscht an. »Kleines …«
»Verschwinde, verdammt noch mal!«
Endlich verließ er das Zimmer.
O Gott! Wie konnte ich nur so dumm sein? So unendlich naiv? Ein weiteres Paradebeispiel für meinen Beziehungsratgeber, wie man sich absolut nicht verhalten sollte.
Zwei dicke Tränen kullerten über meine Wangen. Ich griff nach meiner Handtasche, um Taschentücher herauszuholen. Sie rutschte mir aus der Hand, und der ganze Inhalt verteilte sich am Boden.
»Tolle Vorstellung!« Ich erschrak fast zu Tode, als Karl Huber von einem Sessel aufstand und mir applaudierte. Er war doch nicht etwa die ganze Zeit hier gewesen? O nein! Auch das noch. Was würde denn heute noch kommen? Vielleicht ein Blitzeinschlag oder eine Lebensmittelvergiftung?
»Was machen Sie denn hier?«, fragte ich aufgebracht.
»Nachdenken. Zumindest so lange, bis ich unfreiwillig Zeuge davon wurde, wie Sie sich ziemlich blamiert haben.«
Eigentlich hatte er ja recht, aber ich wäre ihm am liebsten ins Gesicht gesprungen.
»Wenn Sie sich rechtzeitig bemerkbar gemacht hätten, wär es gar nicht so weit gekommen«, giftete ich. Ich brauchte jetzt irgendeinen Schuldigen, und da kam Huber genau richtig.
»Es geschieht Ihnen ganz recht. Warum machen Sie sich auch an die Männer anderer Frauen ran«, warf er mir vor.
»Was? Ich habe mich nicht …« Ich holte tief Luft. Es war zwecklos, ihm das zu erklären. »Ach, lassen Sie mich einfach in Ruhe!« Ich würde gar nichts mehr dazu sagen. Ich ging in die Hocke und suchte hektisch den Inhalt meiner Tasche zusammen.
Er bückte sich.
»Finger weg von meinen Sachen!«, fauchte ich.
Er stand wieder auf und sah mich buchstäblich von oben herab an.
»Kein Wunder, dass Sie alleine sind. Mit Ihnen würde ich keinen halben Tag gemeinsam aushalten.«
»Dem Himmel sei auf ewig Dank dafür!«
Endlich hatte ich alles wieder in die Tasche gepackt und stand auf.
»Muss hart sein, wenn man keinen Mann findet. Da weiß man natürlich auch nicht, wie man ein Liebesgeständnis auf Bairisch macht.«
Er gab einfach keine Ruhe. Jetzt reichte es! Ich warf meinen Vorsatz, mich nicht provozieren zu lassen, über den Haufen. »Jetzt hör mir mal zu, du aufgeblasener Gschaftler. Ich habe Michi verlassen und nicht umgekehrt. Und schreib es dir zukünftig hinter die Ohren: Ich bin durchaus
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