Liebesschmarrn und Erdbeerblues: Roman (German Edition)
zwölf Ehrengästen und den beiden Gastgebern. Die übrigen Gäste bildeten einen Kreis und schauten uns zu. Severin würde mit Lissy tanzen, und so erfuhr ich erst jetzt, dass auch sie einer der Ehrengäste war. Ob sie das dem halbseitigen Artikel über die Kreditkartenvernissage zu verdanken hatte?
Statt der jungen Sängerin spielte jetzt eine fünfköpfige Band, und los ging es mit einem Song von Queen: »Pretender«.
Der lange Alwin war ein schrecklicher Tänzer, aber wir zogen es beide tapfer durch. Wenigstens lenkten mich die Schmerzen an meinen Zehen, auf die er mehrmals trat, von meinem Problem mit dem Slip ab. Und außerdem gab es mir ein gewisses Gefühl der Genugtuung, als ich Michi bemerkte, der neben Sabine stand. Er schaute ziemlich grimmig. Täuschte ich mich oder bedeutete ich ihm doch noch etwas?
»Du siehst bezaubernd aus, Lene.« Alwins Augen ruhten bei diesen Worten auf meinem Dekolleté. Von ihm hätte ich am wenigsten ein Kompliment erwartet. Ich musste grinsen.
»Danke … Du, Alwin?«
»Ja?« Jetzt hob er den Blick und sah mir in die Augen.
»Warum versuchst du es nicht einmal mit einem Tanzkurs?«, schlug ich freundlich vor.
»Zwecklos. Ich hab schon drei hinter mir.« Er sagte es mit einem entwaffnenden Lächeln. Ein hoffnungsloser Fall also. Doch bald würde das Lied zu Ende sein, und wir wären beide erlöst.
»Hast du schon deine weiß-blaue Liebe gefunden?«, wollte er wissen.
Ich schüttelte den Kopf.
»Nein. Bis jetzt noch nicht«, gab ich zu.
»Wie wär’s mit mir?« Er zwinkerte mir absichtlich übertrieben zu.
»Alwin? Du baggerst mich doch nicht etwa an?« Ich tat empört.
Alwin zuckte mit den Schultern.
»Warum nicht? Mein Vater nervt mich ständig, dass ich endlich eine Familie gründen soll. Er will einen Enkel.«
Ich lachte.
»Ausgerechnet mit mir?«, platzte ich heraus.
Er hörte auf zu tanzen und schaute mich an.
»Warum nicht? Ich mag dich. Du warst immer schon ein wenig anders als die anderen. Und du siehst sehr gut aus.« Er grinste breit.
Ich konnte es nicht glauben. Alwin wollte mit mir eine Familie gründen? Ich vermutete, dass Severin ihn auf mich angesetzt hatte. Trotzdem war ich insgeheim gerührt von seinem etwas ungeschickten Annäherungsversuch.
»Ich fühle mich echt geschmeichelt. Aber mögen allein reicht nicht, Alwin. Ich will einen Mann, der mich liebt«, versuchte ich, ihm zu erklären.
»Und der dir auf Bairisch sagt: I liab di fei.« Seine Augen blitzten schelmisch, und wir lachten beide.
»So ungefähr.«
»Dann wünsch ich dir viel Glück dabei!«
»Ich dir auch, Alwin.« Und das kam von Herzen.
Er entschuldigte sich, um seinen Gastgeberpflichten nachzukommen. Die Ehrengäste verließen die Tanzfläche und machten Platz für andere Tanzwütige.
Ich musste mich unbedingt bald zurückziehen, sonst würde mich der Slip noch verrückt machen. Doch scheinbar hatten sich alle gegen mich verschworen. Lissy kam mit gerötetem Gesicht auf mich zu und bat mich um ein Gespräch unter vier Augen. Und zwar dringend. Ich seufzte. Wir setzten uns auf eine kleine Bank unter einem Fliederbusch.
»Stell dir vor, Lene. Severin Bayerl hat mich gefragt, ob ich mir nicht vorstellen könnte, mit Alwin auszugehen.«
Wie? Ich musste mir das Lachen verkneifen. Der alte Künstler wollte seinen Sprössling tatsächlich dringend unter die Haube bringen. So langsam bekam ich eine Ahnung, warum Lissy und ich eingeladen waren.
»Und? Kannst du es dir vorstellen?«, fragte ich sie.
»Warum nicht?« Sie lächelte verschmitzt.
Ich konnte mir die beiden zwar nicht als Paar vorstellen, aber ich hätte auch nie gedacht, dass Michi sich mit Sabine einlassen würde. Kaum dachte ich an diese Frau, steuerte sie auch schon auf mich zu.
Auf die hatte ich jetzt so gar keine Lust, und ich verschwand mit einer Entschuldigung in die andere Richtung, wo ich geradewegs Matthias in die Arme lief.
»Darf ich um einen Tanz bitten, bayerische Maid?«, bat er mich mit einem charmanten Lächeln, dem ich nicht widerstehen konnte. Es war mir nicht gegönnt, mein Slip-Problem zu lösen.
»Gerne.«
Die Band spielte eine mitreißende, rockige Version von »Mack The Knive«. Schon bei den ersten Schritten war klar, dass Matthias es konnte. Richtig gut konnte. Es fühlte sich toll an, in seinen Armen über die Tanzfläche zu schweben. Wir plauderten dabei über den Ratgeber. Matthias wollte wissen, wie ich vorankam.
»Gut«, sagte ich. Was nicht so ganz der Wahrheit entsprach.
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