Liebesschmarrn und Erdbeerblues: Roman (German Edition)
meines Vaters. Er war es, der mich wachgeklopft hatte.
Ich stemmte mich im Bett hoch. Und bereute das gleich darauf wieder. Alles drehte sich wild um mich herum.
»Ja, bin ich.« Zumindest vermutete ich, dass es sich um keinen Traum handelte. Und wenn, dann war es kein schöner.
»Darf ich reinkommen?«
»Natürlich.«
Mit einem großen Tablett kam er ins Zimmer. Darauf Frühstück – natürlich im schönen Tupfengeschirr –, ein Blumenstrauß mit Frühlingsblumen aus dem Garten und ein kleiner Geburtstagskuchen mit Kerze. Vor Rührung schossen mir Tränen in die Augen. Er stellte das Tablett auf meinen Nachttisch.
»Alles Gute zu deinem Geburtstag, Lene.« Er sah mich liebevoll an.
»Danke, Papa.«
Er umarmte mich zögerlich. Ich drückte mich fest an ihn.
»Hast du Hunger?«, fragte er und löste sich von mir.
Hunger? In meinem Magen tanzte gerade eine Horde Hunnen den Säbeltanz. Ich konnte mir im Moment nicht vorstellen, überhaupt jemals wieder einen Bissen runterzubekommen.
»Später, Papa. Aber vielen Dank, dass du alles so schön hergerichtet hast.«
Es tat mir so leid, dass er sich die ganze Mühe umsonst gemacht hatte.
»Du hast wohl ziemlich gefeiert gestern.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.
»Ja. Ziemlich.«
Meine Güte, war mir das peinlich! So viel wie gestern hatte ich schon lange nicht mehr getrunken. Vor allem nicht so durcheinander.
»Du weißt, dass dir das nicht guttut«, sagte er mahnend. Scheinbar war man auch mit dreißig nicht zu alt für eine väterliche Standpauke. Na gut. Verdient hatte ich es ja.
Aber etwas anderes lag mir noch mehr auf der Seele.
»Äh … Papa … Hast du vielleicht mitbekommen, wer mich nach Hause gebracht hat?«, fragte ich vorsichtig.
Vater nickte.
»Claudia. Sie hat dir auch dein Nachthemd angezogen.«
Uff. War ich froh. Insgeheim hatte ich schon befürchtet, dass Matthias das erledigt hatte, und allein der Gedanke daran trieb mir die Schamesröte ins Gesicht.
»Dein Chef war auch dabei. Nachdem wir dich nach oben gebracht haben, hat er im Taxi gewartet. Ein sehr netter Mann übrigens.«
Na wunderbar! Mein Chef hatte mich zusammen mit meinem Vater und meiner besten Freundin ins Schlafzimmer verfrachtet. Ich würde mir einen neuen Arbeitsplatz suchen müssen, das bayerische Liebesprojekt aufgeben und auf eine Insel ziehen, auf der es keinen Alkohol gab.
»Das ist für dich.« Papa zog ein kleines Päckchen aus seiner Hosentasche. Ich öffnete es und holte einen kunstvoll geschmiedeten Silberring hervor.
»Der ist wunderschön«, flüsterte ich mit enger Kehle und steckte den Ring an meinen Finger. Er passte wie angegossen.
»Es ist der Freundschaftsring, den ich deiner Mutter an ihrem sechzehnten Geburtstag geschenkt habe. Vielleicht bringt er dir Glück und du findest endlich einen Mann, mit dem du dir eine Zukunft aufbauen kannst.«
»Vielen Dank, Papa.« Es war ein wunderbares Geschenk. Aber seine Worte trafen mich doch etwas. Es war ja nicht so, dass ich eine alte Jungfrau war, vor der die Männer Reißaus nahmen. Vergaßen denn alle, dass ich mit Michi Schluss gemacht hatte? Obwohl, an ihn wollte ich jetzt überhaupt nicht denken.
»Ruh dich noch ein wenig aus. Julia kommt später zum Kaffee, und zum Friedhof können wir danach auch noch fahren.«
An jedem Geburtstag oder Feiertag besuchten Papa und ich mit Blumen und Kerzen das Grab meiner Mama. Das gab uns das Gefühl, dass sie immer noch ein wichtiger Teil in unserem Leben war.
Als Papa gegangen war, zog ich den Ring wieder ab und legte ihn auf den Nachttisch. Da fiel mir auf, dass Eisi nicht dort stand.
Der muss noch in der Handtasche sein, dachte ich und stand langsam auf. Himmel, meine Beine waren total wackelig. Auf der Kommode lag meine Tasche. Aber Eisi war nicht drin.
O nein! Ich hab ihn verloren!, dachte ich betrübt. Oder hatte Claudia ihn gefunden, als sie in der Tasche nach meinem Haustürschlüssel gesucht hatte? Der Verlust der kleinen Figur bedrückte mich irgendwie. Ich legte mich noch mal ins Bett und schlief mit dem festen Vorhaben ein, Eisi unbedingt wiederzufinden.
Drei Stunden später, nach einer ausgiebigen Dusche und zwei Tassen schwarzem Kaffee, war ich einigermaßen bereit, der Welt gegenüberzutreten. Ich ging nach draußen und suchte nach meinem Vater. Er saß zusammen mit Julia hinter dem Haus unter den Obstbäumen.
Der Tisch war hübsch gedeckt, und die beiden schienen mit Kaffee und Kuchen auf mich gewartet zu haben. Sie wären
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