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Liebesschmarrn und Erdbeerblues: Roman (German Edition)

Liebesschmarrn und Erdbeerblues: Roman (German Edition)

Titel: Liebesschmarrn und Erdbeerblues: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Schwarzhuber
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die Küche.
    Vater war schon auf dem Feld, als ich vom Hof fuhr. Auf dem Beifahrersitz lag ein wunderschöner Blumenstrauß, den ich am Tag zuvor geschenkt bekommen hatte. Noch vor der Arbeit steuerte ich den Friedhof an. Am Grab meiner Mutter brannte die Kerze, die Vater am gestrigen Abend ohne mich angezündet hatte. Ich stellte den bunten Frühlingsstrauß in einer Vase daneben.
    »Tut mir leid wegen gestern, Mama. Aber zurzeit geht alles ein wenig rund bei mir.« Ich sprach leise. Irgendwie wollte ich die Ruhe der anderen nicht stören. Es war ja auch noch sehr früh am Morgen.
    Ich stand eine Weile am Grab und hielt Zwiesprache mit meiner Mutter. Über Michi, Ernesto, das Buchprojekt und natürlich auch Karl Huber, den ich hoffentlich so schnell nicht wiedersehen musste. So ganz wohl war mir nicht, wenn ich an Huber dachte, und in Gedanken hörte ich plötzlich meine Mutter fragen: »Warum hast du ihm gestern eine E-Mail geschickt und ihn einen hinterfotzigen Beidl genannt, Lene?«
    Tja, Mama, das wusste ich auch nicht so genau.
    Als Ernesto mich in der Nacht nach Hause gebracht hatte, war der Ärger über die falsche Facebook-Seite wieder so in mir hochgekocht, dass ich Huber eine gepfefferte E-Mail geschickt hatte. Erst dann war mir wohler gewesen. Trotzdem schlief ich danach sehr schlecht. Und als ich im Morgengrauen wach wurde, fand ich meine Aktion gar nicht mehr so gut, auch wenn er sie sicher verdient hatte.
    »Mama, ich sag’s dir. Heutzutage ist es gar nicht mehr so einfach mit den Männern.« Ich seufzte. Vielleicht war es aber auch für die Männer nicht so einfach mit uns?
    Es hatte sich in den letzten Jahren tatsächlich sehr viel verändert. Während ein großer Teil der Generation meiner Eltern in meinem Alter schon längst eine Familie gegründet hatte, waren viele meiner Freundinnen genauso wie ich noch nicht mal in einer stabilen Beziehung, geschweige denn verheiratet. Erst vier meiner ehemaligen Mitschülerinnen waren Mütter. Zwei von ihnen bereits wieder geschieden und somit alleinerziehend. Warum hatte sich das alles so rasant geändert? Waren Beruf und Karriere wirklich der Altar, auf dem wir ein Familienleben opferten? Zugegebenermaßen mit all seinen Höhen und Tiefen. Stand Selbstbestimmung so weit über partnerschaftlichen Kompromissen, dass wir einem Singleleben den Vorzug gaben?
    Dabei wollte ich eine Familie. Sogar sehr. Und zum ersten Mal hatte mein Alter etwas Erschreckendes für mich. Nicht die nachlassende Spannkraft meiner Haut und auch nicht das Fett, das ich vielleicht bald ansetzen würde, waren beängstigend. Es ging um etwas anderes. Wenn ich meinen Traum von einer großen Familie erfüllen wollte, dann hatte ich tatsächlich nicht mehr alle Zeit der Welt.
    Ich blickte nach oben zum Himmel. Dorthin, wo ich meine Mutter vermutete. Als Kind hatte ich mir immer vorgestellt, dass meine Mama gemütlich in einem knallroten Schaukelstuhl auf einer dicken Wolke saß und mich durch ein Fernrohr betrachtete. Sie konnte genau sehen, was ich tat, und war immer bei mir. Ich fühlte mich auch heute noch meiner Mutter näher, wenn ich den Himmel sehen konnte. Das war auch der Grund, warum mein Bett direkt unter einem großen Dachfenster stand.
    Im Laufe der Jahre hatten sich weitere Angehörige auf der Wolke niedergelassen. Neben dem Schaukelstuhl meiner Mama spielten mein Großonkel Toni, Opi Peter und Opa Sepp sowie der alte Pfarrer Hirzinger an einem Biertisch Schafkopf. Oma Hannerl war stets damit beschäftigt, die Wolke sauber zu halten, Omi Elfi backte Topfentaschen und Cousin Didi hockte im Schneidersitz ein wenig abseits und spielte auf seiner Gitarre Hits aus längst vergangenen Tagen.
    Diese kindliche Vorstellung war zwar inzwischen ein wenig verblasst wie ein altes Foto, aber trotzdem immer noch da.
    Jetzt sah ich die ganze Bande im Geiste da oben diskutieren, ob sie ein gutes Wort für mich einlegen sollten, damit ich endlich mal eine Beziehung auf die Reihe bekam. Ich hoffte, dass sie nicht zu lange auf einen Termin beim großen Boss warten mussten, um das Anliegen vorzutragen.
    »Bitte, lass dir was einfallen!«, sandte ich ein Stoßgebet nach oben und ging zu meinem Auto.

Kapitel 11
    Als ich im Verlag ankam, wartete Claudia schon auf mich.
    »Komm, wir sollen gleich zu Matthias!«, drängte sie.
    Im Fahrstuhl nach oben sah sie mich neugierig an. »Was war denn gestern eigentlich mit Ernesto?«
    »Nichts. Was soll denn gewesen sein?«, fragte ich. Ich wollte über unseren

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