Liebesschmarrn und Erdbeerblues: Roman (German Edition)
so leicht zu überreden?
Ich griff in meine Tasche und umfasste kurz Eisi, den ich als moralische Unterstützung mitgenommen hatte.
Kapitel 13
Das Lokal in einem der kleinen verträumten Gässchen der Stadt war gut besucht, wenn auch zur Mittagszeit nicht überfüllt. Ich mochte das schlichte Ambiente dunkler Tische, weiß getünchter Wände und sparsam dosierter mexikanischer Dekoration. Joe’s Cantina wirkte einfach, doch die Küche war fantastisch, und ich hatte hier schon zahlreiche sehr lange und lustige Abende mit Claudia verbracht. Das war jedoch noch vor der Zeit mit Michi gewesen.
»Guten Tag. Hallo Lene. Schön, dich wieder mal zu sehen«, begrüßte uns Dimitri, mit dem ich in nächtlichen Stunden schon einige Tequilas gekippt hatte. Der ewige Student aus Weißrussland war inoffizieller Freund des homosexuellen Lokalbesitzers Josef Meier alias Joe. Doch so wie Dimi jedes Mal in meinen Ausschnitt blickte, vermutete ich bei dem hageren jungen Mann, dass er sich ab und zu auch mal gerne an einen weichen warmen Busen kuschelte.
»Ich freu mich auch, Dimi. Was gibt es als Mittagsgericht?« Ich hatte tatsächlich schon einen anständigen Appetit. Es war erstaunlich. Seit ich mit dem Ratgeber beschäftigt war, hatte ich festgestellt, dass Schreiben ganz schön hungrig machen konnte.
»Burritos … mit Huhn oder mit Chili.«
»Für mich mit Chili«, sagte ich, und mir lief bereits das Wasser im Mund zusammen.
»Ich hätte gerne ein Steak mit Pfefferkruste, medium und Salat dazu«, bestellte Michi. Dazu ein Bier und für mich Wasser.
»Jetzt erzähl mal, warum ist zwischen dir und Sabine Schluss?«, packte ich den Stier gleich bei den Hörnern. Wenn wir wirklich noch mal eine neue Chance wollten, dann mussten wir jetzt ehrlich zueinander sein.
»Ach weißt du, Lene, ich habe einfach erkannt, dass Sabine und ich nicht zusammenpassen und …« Sein Handy klingelte.
»Geh ruhig ran«, sagte ich. Er würde sonst doch nur wieder nervös werden.
Michi war irgendwie handysüchtig. Oder besser gesagt smartphonesüchtig. Einmal war er sogar rangegangen, während wir miteinander schliefen. Da wir uns bei jener Stellung nicht in die Augen sahen, hatte ich es zuerst gar nicht bemerkt, dass er telefonierte. Ich dachte, er würde mit mir reden, und kam völlig aus dem Rhythmus, als er anbot, mich später auf den Friedhof zu fahren.
Von so einer Art Dirty Talk hatte ich bis dato noch nicht gehört.
»Was meinst du?«, hatte ich gefragt und mich zu ihm umgedreht.
Ich wäre vor Scham am liebsten im Boden versunken, als ich bemerkte, dass er telefonierte. Und vor allem mit wem: Seine Mutter Thea war am anderen Ende der Leitung! Die hätte mit ihrem schwachen Herzen sicher einen Herzkasperl bekommen, wenn sie gesehen hätte, womit sich ihr Sohn neben dem Telefonieren gerade die Zeit vertrieb. Trotzdem war ich hinterher heilfroh, dass sie sein Gesprächspartner war und unser Liebesjargon nicht in eine morbide Richtung abglitt.
»Michael Sommer … Ach du bist es … Kann ich dich später zurückrufen? Ja, ich bin in einer Besprechung. Ja, bis dann. Tschüss.«
So, er war also in einer Besprechung? Wem musste er bitte schön vormachen, dass er in einer Besprechung war? Ich spürte einen leichten Anflug von Ärger in mir aufsteigen.
»Entschuldige, Lene. Nur ein Kollege … Aber jetzt erzähl mal: Stimmen die Gerüchte, dass einer der Männer auf Bayerls Fest dir den Kopf verdreht hat?«, fragte er etwas angespannt. Der Zeitungsartikel hatte seinen Zweck erfüllt. Schon wurde über mein Liebesleben gerätselt.
»Ach wo! Alles nur Gerüchte. Du weißt ja, wie das ist …« Ich winkte ab.
»Freut mich zu hören.« Michi schien erleichtert.
Nun klingelte mein Handy. Ich ließ es klingeln.
»Geh doch ran«, forderte Michi mich auf. Es machte ihn auch nervös, wenn ein anderes Handy klingelte.
»Wenn du meinst.« Ich sah auf das Display. Ernesto. Ob es so gut war, das Gespräch jetzt anzunehmen? Aber Michi würde keine Ruhe finden.
»Lene Koller«, meldete ich mich unverbindlich und mit einem Lächeln in Michis Richtung. Dimi servierte währenddessen unser Essen. Somit war Michi ein wenig abgelenkt.
»Hallo wunderschöne Traumfrau. Ich bin eben auf dem Rückweg von Frankfurt. Leider muss ich morgen gleich wieder für eine Woche nach Barcelona. Wie wär’s, wenn ich dich heute Abend zum Essen abhole?«, schlug er vor.
Michi beäugte mich neugierig. Ich überlegte blitzschnell eine Antwort. Wenn ich Ernesto absagte,
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