Liebesschmarrn und Erdbeerblues: Roman (German Edition)
Hilly, seine Cousine? Oder Hilly, seine Freundin?
Ich spürte es so sicher wie das Drücken meiner Blase, dass Karl immer noch ärgerlich auf mich war, sich aber erstaunlich höflich – man konnte es für seine Verhältnisse fast schon freundlich nennen – mir gegenüber verhielt.
»Ich finde Ihre Theorie bemerkenswert«, meinte die hübsche Hilly mit einem Lächeln, das bewusst eine Reihe weißer Zähne zeigen sollte. Das wiederum fand ich bemerkenswert. Sollte ich eine Fürsprecherin aus den Reihen meines ärgsten Widersachers haben?
»Bemerkenswert dumm«, ergänzte sie und erstickte damit jegliche Illusion auf eine freundliche Gesinnung ihrerseits im Keim. Ihr Lächeln wurde noch breiter und erinnerte jetzt an das Zähnefletschen eines Schimpansen, dem man seine Banane wegnehmen möchte. Karl konnte sich ein zufriedenes Grinsen kaum verkneifen.
Dies war wieder einmal eine der Situationen, in der ich verzweifelt nach richtigen Worten suchte. Worte, die dieser Frau mit einem Schlag das falsche Lächeln aus dem Gesicht wischen würden. Aber mein Gehirn war wie leer gesaugt.
»Ich halte es keinesfalls für dumm, eine eigene Meinung zu einem Thema zu haben«, sprang mein spanischer Freund für mich ein. »Lenes Theorie, eigentlich ist es ja mehr eine Frage, fasziniert mich. In meiner Heimat gibt es das spanische ›Te amo‹ und das katalanische ›T’estimo‹. Warum gibt es nicht auch in Bayern einen festen Ausdruck für ›Ich liebe dich‹?«
Ich wartete keine Antwort ab, weder von Hilly noch von Karl, sondern entschuldigte mich kurz und ging auf die Toilette.
Vor der Tür standen bereits einige Frauen. Oje! Warum musste ich immer so lange warten, wenn es eilte?
»Willst du vor?«, fragte plötzlich eine junge Frau freundlich und handelte sich damit unfreundliche Blicke der übrigen Wartenden ein. Doch manchmal im Leben musste man es ertragen können, dass nicht alle Leute einen mochten. Und jetzt war ganz eindeutig so ein Moment.
»Das ist sehr nett«, bedankte ich mich und huschte schnell an ihr vorbei. Als ich wieder herauskam, wartete sie auf mich.
»Toll, dass wir uns heute sehen«, freute sie sich, »ich hab nämlich deine Handynummer verloren.«
Ich schaute sie genauer an. Ich hatte die Frau noch nie gesehen.
»Meine Handynummer?«, fragte ich nach.
»Ja, wir wollten doch mal einen Ausflug machen in das Aquarium nach Jaging?« Jetzt war ich mir eindeutig sicher, dass es sich um eine Verwechslung handelte. Oder? Plötzlich tauchten Bilder von Fischen auf mit den Augen dieser Frau. Ob ich jetzt anfing zu halluzinieren?
Mein Gesichtsausdruck musste meine Befürchtungen deutlich widergespiegelt haben, denn plötzlich begann sie, herzlich zu lachen.
»Du weißt nicht mehr, wer ich bin, oder?«, stellte sie fest.
»Ehrlich gesagt, nein!«, gab ich zu. Was mir schrecklich leidtat, denn die hübsche Rothaarige hatte mir vor ein paar Minuten einen großen Gefallen getan.
»Ich bin Anne, der Fisch!«
»Aha! Hallo Anne.« Wurde ich hier veralbert? Ich blickte mich vorsichtig um. Keine Kamera in Sicht. Und ich hatte immer noch keinen blassen Schimmer, wer sie war.
»Das Sternzeichen. Auf dem Maienfest! Du hast mir ständig Komplimente gemacht und mir von einem Fisch in diesem Aquarium in Jaging erzählt, der angeblich genauso aussieht wie ich!«
Bingo! Jetzt fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Der wunderhübsche Fisch auf dem Fest.
Es musste schon ziemlich spät gewesen sein, als wir uns unterhalten hatten. Ich durfte in Zukunft wirklich nicht mehr so viel trinken.
»Ja klar! Jetzt erinnere ich mich wieder.« Ich freute mich tatsächlich, sie zu sehen. Hoffte jedoch insgeheim, dass ich damals nicht zu viel Unsinn dahergeredet hatte.
»Ich fand die Geschichte so schön, wie du als kleines Kind oft einen Ausflug zu den Fischen gemacht hast«, schwärmte sie und fragte: »Gilt denn das Angebot mit dem Aquarium noch?«
»Ja, aber sicher!« Wenn ich was versprach, hielt ich das natürlich auch. Wir tauschten unsere Handynummern und vereinbarten, in den nächsten Tagen zu telefonieren.
Bevor ich wieder ins Lokal ging, schnappte ich im Hinterhof des Gebäudes ein wenig frische Luft. Es war kühler geworden als in den vergangenen Tagen, und Regen lag in der Luft. Ich hörte Schritte und drehte mich um. Irgendwie war ich nicht überrascht, Karl zu sehen.
»Traust du dich nicht mehr hinein?«, fragte er spöttisch.
Jetzt war genau der richtige Moment da.
»Hör mal, Karl. Ich … ich muss dir
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