Liebesschmarrn und Erdbeerblues: Roman (German Edition)
machen? Hier übernachten? Ich schaute mich um. Es gab zwar kein Bett, aber eine Holzbank, die mit Sitzkissen ausgestattet war. Müde war ich allerdings überhaupt nicht.
Karls Liste lag noch auf dem Tisch. Ich nahm sie, und da ich gerade nichts anderes zu tun hatte, las ich dort weiter, wo Karl aufgehört hatte …
Wenig später wurde die Tür aufgerissen, und Ernesto stürzte herein.
»Lene. Gott sei Dank habe ich dich gefunden. Was ist denn passiert?«, rief er besorgt.
Es dauerte eine Weile, bis er erkannte, dass ich nicht weinte, sondern die Tränen auf meinen Wangen vom Lachen kamen. Ich hatte schon richtig Bauschmerzen, konnte mich aber nicht beruhigen, und Ernesto schaute immer besorgter. Er brachte mich zu seinem Wagen und fuhr los. Endlich hatte ich mich so weit gefangen, dass ich ihm erklären konnte, was passiert war.
»Wir fahren sofort zur Polizei. Du musst Anzeige erstatten«, sagte er aufgebracht.
»Nein. Das tun wir nicht.« Wegen so etwas konnte ich Karl doch nicht anzeigen. Dafür hatte ich viel zu viel gelacht.
»Lene. Er hat dich entführt. Das kannst du ihm nicht einfach durchgehen lassen«, drängte Ernesto.
»So kann man das jetzt auch nicht sagen. Er musste etwas mit mir besprechen. Es ging um das Buch. Und außerdem hat er mir absolut nichts getan«, erklärte ich.
»Trotzdem.« Ernesto gab nicht auf.
Und ich blieb stur. »Nein! Ich werde ihn nicht anzeigen!« Vielleicht steckte auch in mir eine kleine Erika Eulinger?
»Außerdem muss ich jetzt sofort zum Schiff.« Natürlich bot Ernesto an, mich dorthin zu fahren.
Leider wusste ich weder die Handynummer von Matthias noch die von Claudia auswendig. So konnten wir sie auch von Ernestos Handy aus nicht anrufen, um Bescheid zu geben. Soweit ich mich an den Terminplan erinnerte, könnten wir es rechtzeitig schaffen, bevor das Schiff an der Schlögener Schlinge eintraf.
Doch am Anlegeplatz warteten wir vergeblich auf die Königin der blauen Donau . Waren wir doch zu spät gekommen?
»Was machen wir denn jetzt?«, fragte Ernesto.
»Keine Ahnung.« Ich zuckte mit den Schultern.
Wir blieben noch eine Weile, entschlossen uns dann aber, zurück nach Passau zu fahren.
Auf dem Nachhauseweg hörten wir im Dreiflüsse-Radio die aktuelle Meldung, dass die Fahrt der Königin der blauen Donau abgebrochen worden war, da man befürchtete, dass Lene Koller, die Autorin des Ratgebers Auf der Suche nach der weiß-blauen Liebe, auf tragische Weise vom Schiff gestürzt und in den Fluten der Donau ertrunken war. Wie bitte? Ertrunken?
Nach der ersten Schrecksekunde nahm ich Ernestos Handy und rief meinen Vater an. Diese Nummer kannte ich auswendig.
Als wir nach halsbrecherischer Fahrt mit quietschenden Reifen an der Anlegestelle in Passau ankamen, sahen wir auf der Donau Schiffe der Wasserwacht, die mit Lampen das Wasser absuchten. Das Licht eines Polizeiautos blinkte unheilschwanger in der Dunkelheit, und es waren noch zahlreiche aufgeregte Leute unterwegs.
»Lene!«
Als Matthias mich entdeckte, packte er mich und drückte mich so fest an sich, dass ich kaum mehr Luft bekam. Gleich danach schob er mich von sich weg und schaute mich und vor allem Ernesto böse an.
»Es war deine Buchpräsentation!«
»Ja, ich weiß, aber glaub mir …«
»Wie konntest du nur einfach mit ihm verschwinden? Ich bin so maßlos enttäuscht«, sagte er in verächtlichem Ton.
»Ernesto hat damit gar nichts zu tun. Hör zu, Matthias. Es … es gab einen Notfall.« Irgendwie sperrte sich in mir alles, preiszugeben, wer für mein Verschwinden tatsächlich verantwortlich war. Auch wenn ich gerade eine ungeheure Wut auf Karl hatte, dass er mit seiner Aktion so einen Aufruhr verursacht hatte.
»Notfall? Ach, hast du es nicht mehr ausgehalten ohne ihn?«, giftete Matthias mit wütendem Blick auf Ernesto.
»Sag es ihm doch!«, mischte Ernesto sich ein. Ich konnte gut verstehen, dass er nicht unbedingt als Sündenbock dastehen wollte. Doch ich wollte Karl nicht hinhängen.
»Bitte, Ernesto. Ich klär das schon! Lass uns kurz alleine, ja?« Ich sah ihn bittend an.
Er war nicht begeistert davon, aber er ging zum Wagen, um dort auf mich zu warten.
Bevor ich etwas sagen konnte, fuhr Matthias mich an:
»Was glaubst du, welche Sorgen ich mir um dich gemacht habe? Ich dachte, du wärst ertrunken.« Er sah tatsächlich ziemlich fertig aus. Dabei hätte ich mir nie vorstellen können, dass jemand auf die Idee käme, ich wäre ins Wasser gefallen. Während alle nach mir gesucht
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