Liebesvergessen (German Edition)
wollte, ohne mich zu überfordern.
„Er war bis vor kurzem brotloser Maler und du seit langem die toughe Geschäftsfrau. Du erlerntest den Beruf der Schneiderin und avanciertest im Laufe der Jahre zur angesagten Jungdesignerin. Da konnte Tom nicht mithalten. Während du immer ein Ziel vor Augen hattest, dümpelte er so vor sich hin. Tom hat erst vor zwei Jahren seine ersten Bilder verkauft, da wart ihr aber schon so gut wie geschieden. Ich weiß nicht so recht, wie es zur Scheidung kommen konnte. Was deine Ehe anbelangt, hast du dich schon immer lieber bedeckt gehalten. Ich denke, ihn hat es genervt, dass du all die Jahre die Brötchen verdient hast und dich hat genervt, dass er das einerseits ausgenutzt, dir andererseits aber vorgehalten hat. Irgendwann war Sense. Ihr habt euch viel gestritten. Du hast zu unser aller Entsetzen die Scheidung eingereicht. Nach der Trennung wolltest du eigentlich ausziehen, aber das ist jetzt schon zwei Jahre her. Ihr wohnt immer noch gemeinsam in eurem Einfamilienhaus. Du wohnst oben, er unten. Die Küche und das Wohnzimmer teilt Ihr euch und Betsy, eure Golden-Retriever-Hündin, auch.“ Isa hielt inne.
Das ist mein Leben? Ich teile mir mit meinem Exmann ein Haus und einen Hund? Wie traurig ist das dann? Da bin ich aber ein tapferes Schneiderlein.
„Und Kinder haben wir keine?“, fragte ich entmutigt.
„Nein, der Zeitpunkt schien immer ungünstig. Du wolltest zwar, warst aber beruflich oft sehr stark eingebunden und Tom wollte erst Kinder, wenn auch er beruflich Fuß gefasst hatte. Und als das endlich der Fall war, war der Zug für euch bereits abgefahren.“ Isa streichelte mitfühlend meinen Arm.
„Inzwischen haltet ihr es so, dass ihr euch so gut es eben geht aus dem Weg geht.“
Während es in einem Augenblick noch aufgeregt an der Tür klopfte, kam im Nächsten eine pummelige kleine Frau zum Vorschein. Isa sprang auf und eilte ihr entgegen.
„Hallo Vera! Nun guck dir doch mal dieses Elend hier an.“ Isa deutete auf mich und Vera schlug bei meinem Anblick entsetzt beide Hände vors Gesicht.
„Ach du liebe Güte, was hast du nur angestellt? Penny!“
Luisa Klein ließ sich nicht zweimal bit ten: „Frau Plage ist bei Rot über die Ampel gelaufen und jetzt hat sie retrograde Amnesie. Ich kann mich täuschen“, die Klein musterte mich abschätzend, „aber ich würde meine Hand dafür verfeuern, dass sie Sie auch nicht erkennt.“ Oma Klein behielt bedauerlicherweise Recht. Auch Vera war mir fremd. Hier besuchten mich zwei meiner besten Freundinnen und ich erkannte sie nicht wieder. In diesem Augenblick fühlte ich mich derart vom Leben benachteiligt, dass mir nur noch nach Heulen zumute war. Ich riss mich zusammen und zuckte resigniert mit den Schultern. Ich musterte Vera. Sie trug ein Etuikleid, eine Art Retro-Tunika aus schwerem Jersey-Stoff in klassischem Hahnentrittmuster, tief angesetzter Taille, was ihre Körperfülle gut kaschierte. Wieder ertappte ich mich dabei, wie ich im Geiste versuchte, das Outfit noch zu optimieren. Das war anscheinend die Jungdesignerin in mir. Warum wurden Stoffe, Farben und Schnittmuster in mir lebendig, während mir offensichtlich nahe stehende Menschen keinerlei Gefühlsregungen entlockten? Vera, meine fremde Freundin, trug einen blonden kurzen Bob, der ihr hübsches, perfekt geschminktes Gesicht umrahmte, was ihr ausgezeichnet stand.
„Das Arschloch will auch herkommen“, unterrichtete Isabel Vera.
„Echt? Was will der denn hier? Soll er doch froh sein, dass Penny ihn vergessen hat... Was Penny? Oder kannst du dich etwa an den erinnern?“ Vera schaute mich fragend an und streichelte meinen Fuß über der Bettdecke. Ich schüttelte den Kopf.
„Na bitte! Irgendwie ist das ja auch ein Segen, oder? So kannst du noch mal ganz von vorne anfangen, so völlig unbelas tet. Ist doch schön“, schlussfolgerte sie. Vera kam zu mir ans Kopfende und streichelte aufmunternd meine linke Wange. Mir war das unangenehm, da ich sie fremd fand. Andererseits war ich erleichtert, dass ich nun schon zwei gute Freundinnen hatte, die sich um mich scherten.
„Lass dich nur nicht wieder von Toms gutem Aussehen hinters Licht führen. Ihr mögt euch nicht mehr“, mahnte Vera mit erhobenem Zeigefinger.
„Vom wem sind denn die Blumen?“, fragte sie nun wissbegierig und bei näherem Betrachten der Ente auch ein wenig angewidert.
„Vom Opfer, Herr Bluhm heißt der arme Mann“, erklärte meine Bettnachbarin. Inzwischen hatte sie angefangen zu
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