Liebesvergessen (German Edition)
grinste anzüglich, „aber da kann man ja kurzfristig Abhilfe schaffen.“ Opa Kleins Augen wurden ganz glasig vor lauter Vorfreude. War das jetzt ein Angebot?
„Lieber chronisch geil, als fiebernd auf den Tag zu warten, an dem jemand mit Windenergie betriebene Vibratoren zum Verkauf anbietet“, konterte Isa.
„Und was wäre so schlecht daran?“, bockte Vera zurück.
Ungerührt stand Isa auf: „Nichts für ungut ihr Lieben, es war wie immer entzückend mit euch, aber ich habe noch ein Date. Ich muss mir noch die Beine rasieren und mich in Stimmung trinken. Bis morgen also.“ Sie besprühte sich mit Parfüm, verabschiedete sich und verließ das Krankenzimmer.
Opa Klein seufzte dem leichten Schritt und Isas Flakon wehmütig hinterher. Ich auch. Sie besaß so viel Charme und Anmut und sie war gehfähig, gesund und wusste, wer sie war. Sinnloser Neid stieg in mir hoch.
Vera schüttelte den Kopf: „Übrigens, wir mögen Isa wie sie ist. Du musst wissen, sie war noch nicht immer so barbarisch. Früher war sie ganz anders, hausbacken und auch nicht so umtriebig.“
„Und wie kam es, dass sie sich in diesen Vamp verwandelt hat?“, fragte ich neugierig. Vera machte eine wegwerfende Handbewegung: „Wir haben viel mit ihr durchgemacht.“ Veras Blick schweifte in die Ferne und es schien, als würde sie in die Vergangenheit eintauchen.
„Isa war schon mal verheiratet. Er hieß Chris. Wir kannten uns alle seit der Grundschulzeit, wir sind zusammen in eine Klasse gegangen. Nach der Zehnten hat Chris Isa einen Heiratsantrag gemacht und natürlich hat sie ihn angenommen. Chris war ihr erster Freund, er war der attraktivste und auch reichste Junge an der Schule. Er war Millionärssöhnchen und Isas erste große Liebe. Nach zwölf Jahren Ehe hatten die beiden sich auseinander gelebt. Sie waren viel gereist, hatten keine Party ausgelassen und Chris ist irgendwann abgerutscht. Er hat angefangen, harte Drogen zu nehmen. Während Isa anfing, sich Kinder zu wünschen und erwachsen wurde, rutschte Chris immer mehr ab. Er machte zwar mehrere Entziehungen, aber das hielt ihn trotzdem nie lange von dem Zeug fern. Isa hat ihm das Leben zur Hölle gemacht, wobei sie sich nichts sehnlicher wünschte, als sein Leben zu retten. Einerseits, weil sie Angst um ihn hatte, andererseits wollte sie eine Familie gründen und ein normales Leben an seiner Seite führen. Wie nicht anders zu erwarten, starb Chris an einer Überdosis. Wir alle, auch du, hatten schon lange damit gerechnet, dass Chris‘ Körper den Exzessen nicht mehr lange Stand halten würde und so war es dann auch. Nach seinem Tod bis zur Beerdigung, die vierzehn Tage später stattfand, sprach Isa kein Wort mit uns. Mit niemandem. Wir haben uns damals große Sorgen um sie gemacht. Chris war ihr Leben.“
Vera stand auf, ging zum Fenster und sah hinaus.
„Dann war Chris‘ Beerdigung. Die halbe Stadt kam, sogar der Bezirksbürgermeister... Ich weiß nicht, ich kann’s nicht schön reden. Es kam so, dass Isa am offenen Grab einem Lachkrampf erlag. Der Pfarrer fing an, eine Lobeshymne auf Chris zu halten und Isa fing an, hysterisch zu gackern. Wir beide nahmen sie dann in unsere Mitte und verließen die Beerdigung vorzeitig. Isa hörte erst wieder auf zu lachen als sie in der Limo saß und wir nach Hause fuhren.“
Vera setzte sich nun wieder auf ihren Besucherstuhl.
„An diesem Tag hat sie uns später unter Tränen erzählt, was wirklich passiert war.“
Ich rutschte nervös in meinem Bett hin und her. Gott ist das spannend!
„Na die Geschichte hätte ich jetzt zwar auch gerne zu Ende gehört, aber wenn ich jetzt nicht los wackle, bin ich vor Mitternacht nicht zu Hause“, sagte Opa Helmut verdrossen. Er verabschiedete sich von seiner Luisa, lüftete zum Abschied seinen Hut und verließ zitternd mit seinem Rollator das Zimmer.
Vera stand auf, schloss hinter Opa Helmut die Tür und setzte sich wieder.
„Als wir damals nach der Beerdigung zu Hause ankamen, erzählte Isa uns, dass sie an Chris´ Todestag nach Hause gekommen war und ihn auf der Couch liegend vorgefunden hatte. Sie wähnte ihn schlafend, sie dachte, er wäre mal wieder zu gedröhnt. Sie hatte angefangen, ihn aufs Übelste zu beschimpfen und ihn mit Vorwürfen überschüttet. Abgesehen davon hatte sie mit Gegenständen und schmutzigen Socken nach ihm geschmissen. Laut ihrer Aussage hatte sie sage und schreibe zehn Minuten auf ihn eingeschrien, bevor sie überhaupt bemerkte, dass er längst tot
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