Liebhaber der Finsternis
Chaiselongue. Sie riss die Fenster auf und ließ frische Luft und das Funkeln der Nacht ins Zimmer. Sie fühlte sich frei und dieses Gefühl versetzte sie in Euphorie. Als wenig später Sam mit frischer Bettwäsche eintrat, hatte sie ihre Kleider schon im Schrank verstaut. Sie strahlte. Endlich kannte sie ihre Aufgabe. Sie würde sich darum kümmern, selbstständiger zu werden und wollte herausfinden, was sie mit ihrem neuen Dasein anstellen konnte. Wozu brauchte sie einen Mann? Schließlich war sie ein Vampir. Sollte sich Cian doch selbst trösten. Anscheint genoss er es, in Selbstmitleid zu baden. Den aufgestauten Frust konnte er in Zukunft an jemand anderem auslassen, sie war kein Prellbock.
„Sam, können sie mir bitte einen Versandhauskatalog besorgen? Ich möchte mir ein paar Dinge bestellen und außerdem benötige ich dringend einen Laptop. Ich will nicht, dass sie in meiner Korrespondenz herumschnüffeln können. Es wird Zeit, das sich hier etwas ändert.“
Ihre Wangen glühten, und als sie kurz vor Sonnenaufgang erschöpft die Fensterläden und die Tür verschloss, war sie stolz auf sich.
Sie trafen sich vor der Tür und waren guter Dinge, heute Nacht nicht ohne Turel nach Hause zu kommen. Vielleicht konnten sie den ganzen verdammten Dealerhaufen aufliegen lassen. Sie bestiegen die BMWs und fuhren in Richtung London. Ein Weg, der sie Zeit kosten würde, zur Not mussten sie auf dem Rückweg in einer abgelegenen Notunterkunft die Tagruhe verbringen. Über ganz England hatten sie im Laufe der Zeit viele dieser Refugien gekauft und für ihre Zwecke ausgestattet.
Der Kies spritzte zur Seite, als die Autos das Grundstück verließen. Nach einer dreistündigen Autofahrt erreichten sie London. Bis zu der Adresse, die sie aus dem Kopf des Dealers erhalten hatten, waren es nur noch wenige Minuten. Es war nicht ganz einfach für die drei großen Fahrzeuge, einen Parkplatz zu finden. Cians kindliches Gejammer, das er veranstaltete, weil er den neuen Aston Martin V12 nicht fahren durfte, ging Corben auf die Nerven. Sie brauchten nun mal den Platz. Keiner wusste, wie viele Gefangene sie nehmen würden und in welcher Verfassung sich Turel befand. Die Wahrscheinlichkeit war groß, dass er schwach war und sie ihn liegend transportieren mussten.
Als das Navigationssystem erklärte, dass sie ihr Ziel erreicht hatten, war Corben froh, dass es sich um eine kleine Nebenstraße am Rande von London handelte. Sie parkten, sammelten sich an der Straßenecke und verschmolzen mit der Dunkelheit. Sie sahen sich in Ruhe um. Es war ein nobler Vorort, die Grundstücke groß und gepflegt. Die teilweise hohen Zäune ließen keinen Zweifel, dass die Besitzer viel Geld besaßen.
Das Objekt ihrer Begierde lag auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Es war von einem schmiedeeisernen Zaun gesichert und das würden nicht die einzigen Schutzmaßnahmen sein, die man hier eingesetzt hatte, um ungebetene Gäste fernzuhalten. Für sie stellten sie keine Hürde dar. Corben wies die anderen an, ihm erst zu folgen, wenn er ihnen das Zeichen gab.
Er überwand den Zaun ohne Mühe, löste noch nicht einmal die Bewegungsmelder für die Außenbeleuchtung aus. Alle Vorhänge waren zugezogen, sodass er von außen nicht in die Zimmer sehen konnte. Es sollte nicht allzu schwer sein, ins Haus zu gelangen. Schnell umrundete er das Gebäude, bis er am Kellerabgang angelangte. Die wenigen Stufen führten hinab zu einer verschlossenen Holztür, mit der er kurzen Prozess machte. Nach einem Knacken und Krachen war die Tür aus der Verankerung gehoben. Durch den dunklen Keller eilend suchte er den Weg nach oben. Es war leicht, viel zu leicht und er ortete im ganzen Haus kein Geräusch. Entweder schliefen alle Bewohner oder sie waren ausgeflogen. Gleich würde er es herausfinden.
Die Tür zum Wohnbereich war nicht verriegelt. Leise öffnete er sie und trat ein. Da bis jetzt kein Alarm angesprungen war, vermutete er, dass die Alarmanlage nicht aktiviert war. Sonst müsste sich spätestens jetzt ein Streifenwagen nähern. Nachdem er sich versichert hatte, dass der untere Stock verlassen war, nahm er die Stufen nach oben.
Hinter der ersten Tür fand er das Schlafzimmer einer Frau. Sie hatte dem Raum ihren Stempel aufgedrückt, er witterte den schwachen Duft ihres Parfüms. Er machte das Licht an. Die Schubladen der Kommode standen offen, ebenso die Türen des Kleiderschranks. Hier hatte jemand in Windeseile seine Sachen gepackt, um zu verschwinden. Nun machte
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