Liebhaberstück Xenia (German Edition)
kleine Lisa.
Es war höchste Zeit, das Ganze etwas aufzulo ckern.
Ich begann, Thorstens Worte mit passenden Grimassen pantomimisch zu untermalen. Da ich am Kopfende des Betts stand und zur Sicherheit noch einen Schritt zurücktrat, konnte Thorsten mich nicht sehen.
„Und wo sind die Scheiß-Blutwerte ?“, bellte er, von mir meisterhaft parodiert.
Lisa grinste. Auch die Schwester verlor ihren ängstlichen Ausdruck. Frau Hartmann scha ute konsterniert, aber das machte nichts.
Thorsten blätterte zackig in den Zetteln. „Wie oft soll ich euch noch sagen, dass die Blutwerte sofort in die Kranke nakte müssen! Schlafen die im Labor, oder was?“
Das karikaturistisch darzustellen fiel nicht schwer. Ich musste nur einen bissigen Rottweiler mimen.
Lisa presste ihre Hände prustend vor den Mund, und auch die Lippen der Schwester zuckten.
Als Thorsten nun mit zusammengepressten Augenbrauen den Kopf zu mir umdrehte, schaltete ich rasch um auf eine intelligent dreinblickende Miene.
Das brachte Lisa dazu, ihre Hände herunterzunehmen und sich ihrem Lachen zu ergeben.
Frau Hartmann blickte schockiert aus der Wäsche, aber auch das machte nichts.
„Ich will die verdammten Blutwerte so schnell wie möglich haben, kapiert?“, befahl Thorsten, seinen Unmut wieder auf die arme Krankenschwester richtend. „Rosie soll sie mir bringen, denn dann kann sie mir auch gleich verklickern, was euch geritten hat, mich Wallner ans Messer zu liefern! Und schicken Sie auch Wallner her! Wenn der das neue Null-Einser genommen hat, werde ich ihm den Arsch aufreißen!“ Er hielt ihr das Klemmbrett vor die Nase wie eine Waffe.
Ich markierte ein wütendes Rumpe lstilzchen.
„Ja, Herr Doktor!“ Die Schwester nahm die Krankenakte und eilte davon, wahrscheinlich um draußen vor der Tür ihrem angestauten Kichern endlich freien Lauf lassen zu können. Lisa bog sich inzwischen vor Lachen.
Thorsten drehte sich erneut um zu mir, doch ich war damit beschäftigt, gelangweilt den Fingernagel meines Ringfingers von einem Fussel zu befreien.
Es folgte eine Runde Schweigen. Bevor es zu fad wurde, trat ich zu Lisa und fragte: „Magst du mit mir runte rgehen und ein Eis essen?“
Sie nickte heftig und schaute ihre Großmutter fragend an.
„Geh nur, Liebes!“ Frau Hartmann betonte das geradezu enthusiastisch. Wahrscheinlich begrüßte sie, mit ihrem Sohn über Caroline sprechen zu können, ohne dass Lisa zuhörte.
Froh, die angespannte Atmosphäre hinter mir zu lassen, ging ich mit Lisa nach unten in das kleine Bistro am Eingang der Klinik. Neben dem Bücherregal hing eine Tafel mit verschiedenen Eis-am-Stil-Sorten. „Welches Eis möchtest du, Lisa?“
Sie de utete auf ein buntes Kindereis, das einen Kaugummi im Stil hatte, und ich entschied mich für Joghurt-Waldbeere . Seltsam, dass es einem selbst bei den schlimmsten Kalorienbomben immer ein beruhigendes Gefühl vermittelte, wenn das Wort Joghurt irgendwo im Namen auftauchte.
„Mach dir keine Sorgen, Lisa!“ Ich beugte mich zu dem Mädchen. „Dein Vater wird schon wieder! Du hast selber gesehen, dass es ihm schon wieder so gut geht, dass er arme Krankenschwestern in Angst und Schrecken versetzen kann. Das ist ein gutes Zeichen, denke ich.“
Lisa grinste.
„Krankenbesuche sind langweilig, nicht?“, versuchte ich, das Gespräch in Gang zu bringen.
Lisas stummes Nicken stimmte mir zu .
„Schmeckt dein Eis?“
Lisa nickte wieder.
„Du hast wohl he ute früher von der Schule heim gedurft, um deinen Papa besuchen zu können. Was machst du mit dem Rest von deinem freien Tag?“
Sie zuckte die Schulter - ganz der Onkel Mick.
„Gehen wir wieder hoch?“
Sie nickte.
Nicht sehr gesprächig , die Kleine.
Als wir zurückkehrten in Thorstens Krankenzimmer, saßen er und seine Mutter mit versteinerten Mienen da und schienen beide erleichtert über die Unterbrechung, die Lisa und ich darstellten.
Frau Hartman kam auf ihre Enkelin zu und strich ihr mit einer dieser liebevollen Muttergesten über die Haare, für die ihr verletzter, frisch operierter Sohn wahrscheinlich seinen rechten Arm gegeben hätte. Da ich dieses Gefühl kannte, flog meine Sympathie ungewollt Thorsten zu.
„Wir müssen jetzt zur Ergotherapeutin“, informierte uns Frau Hartmann. „Auf Wiedersehen!“ Sie nickte mir zu und ging zur Tür.
Thorsten murmelte seiner Mutter einen förmlichen Gruß hinterher und umarmte seine Tochter.
„Tschüss “, sagte ich und zwinkerte Lisa zu, die brav ihrer Großmutter
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