Liebhaberstück Xenia (German Edition)
wieder auf die Bühne, um seinen nächsten verbalen Großangriff gegen die Pharmaindustrie vom Stapel zu lassen. Kate zog mit Helen ab.
„Wie war euer Essen ?“, erkundigte ich mich und konnte nicht verhindern, dass ich dabei etwas missmutig klang.
„Gut. Mark hat mich mächtig ang ebaggert.“
Natürl ich! Freyas Sexappeal konnten wenige Männer widerstehen. Eigentlich nur schwule Männer, um genau zu sein. „Und bist du drauf eingegangen?“
Freya schnaubte unschlüssig. „Ich wollte.“ Ihr Ton wurde leidenschaftlic h. „Mensch, Xeni, es ist Mark! Und er hat mich angemacht. Sich so einen Mann entgehen zu lassen, ist doch eine Beleidigung der Götter, oder?“
„Und sicher illegal.“
„Und eine absolute Dummheit.“
Da ich sie kannte, schlussfolgerte ich: „Du hast ihn also abbli tzen lassen.“
Gequält stöhnte sie auf. „Irgendwie ist mir die ganze Zeit Mick durch den Kopf gegeistert. Ist das nicht krank? Und jetzt ist meine Chance vorbei, aber vielleicht fährt Mark ja auch auf dich ab. Nach der Veranstaltung wollen die Ellmstädter und Gwen noch etwas von Berlin sehen. Ich habe dich ihnen als Fremdenführerin empfohlen.“
„Das ist echt nett von dir, Freya.“
„So bin ich halt.“
Mein Handy klingelte. Herr Kling war dran und bat mich, s ofort zu kommen.
Ausgerechnet jetzt!
„Kannst du den Stand hier übernehmen, Freya? Ich muss weg. Eine Hausgeburt.“
„Aber du praktizierst doch zur Zeit nicht!“
„Ja, aber ich habe alle drei Kinder von Frau Kling entbunden und ihr versprochen, ihr auch bei ihrem vierten zu helfen.“
„Und das kommt jetzt?“
„Sieht wohl so aus. Also tschüss. Sag den anderen einen schönen Gruß!“
„Tschüss .“
So eilte ich nach Hause, um meine Tasche zu holen, und fuhr dann zu den Klings. Es war eine leichte Geburt von Zwillingen, doch sie zog sich sehr lange hin.
A nschließend fuhr ich auch gleich wieder zum Brandenburger Tor. Doch es war zu spät. Es war keiner mehr da.
Nur noch die verlassene Bühnen und die leeren Stände. Und ein verlorenes Flugblatt, das sich melancholisch vom Wind über den Platz treiben ließ.
„Xenia Sachs, guten Tag!“, hatte ich mir angewöhnt, mich am Telefon zu melden. Weil es freundlicher und professioneller klang als nur einfach „Sachs“. So hatte ich es von meiner Upline gelernt.
„Hallo, Xenia“, antwortete eine weibliche Stimme am anderen Ende der Leitung. „Gut, dass ich Sie erreiche! Hier ist Schwester Margot. Sie müssen gleich kommen!“
„Geht es um eine Geburt? Sie wissen doch, dass ich zu rzeit nicht praktiziere!“ Erst recht nicht in dieser Klinik! „Ist Rita nicht da?“
„Es geht nicht um eine Geburt. Es ist ein Notfall ganz a nderer Art. Frau Drechselmeister ist ganz verzweifelt. Hysterisch geradezu. Sie fragt ständig nach Ihnen.“
„Nach mir? Ich kenne keine Frau Drechselme ister.“
„ Manuela Weigel hat Sie ihr empfohlen.“
„Manuela wer?“
„Die Frau, die behauptet, Sie hätten ihre Warzen verhext.“
Ach ja, die. „Aber ich verstehe nicht, was…“
„Bitte kommen Sie!“, unterbrach mich Schwester Margot. „Frau Drechselmeister dreht sonst hohl. Ich habe ihr versprechen müssen, das ich Sie herhole, Xenia. Auch wenn Sie ihr nicht helfen können, bitte kommen Sie und beruhigen Sie sie wenigstens! Damit sie sich behandeln lässt! Bitte!“
Ich konnte nicht anders, als mich so vielen Bitten zu erg eben. „Na schön, ich komme!“
„Oh, danke! Geht es jetzt gleich?“
„Ja, ich komme so schnell ich kann her.“
„Vielen Dank! Das ist großartig von Ihnen!“
„Keine Ursache.“
Mit gemischten Gefühlen betrat ich die gynäkologische Stat ion.
Nein, eigentlich waren es keine gemischten Gefühle. Es war genau genommen nur ein einziges Gefühl: Unbehagen.
Extremes Unbehagen.
Andererseits bedeutete mein Aufenthalt dort noch lange nicht, dass mir hier irgendwo Thorsten Hartmann begegnen würde. Vielleicht hatte er noch nicht mal Dienst. Und wenn doch, so war er sicher im OP und operierte irgendein bedauerliches Unfallopfer.
Das t aten Chirurgen doch, oder?
„Xenia, das ist nett, dass Sie kommen konnten!“ Schw ester Margot rauschte auf mich zu und schüttelte mir die Hand. „Darf ich Xenia sagen? Ich habe Ihren Nachnamen zwar in der Kartei gelesen, als ich nach Ihrer Telefonnummer geschaut habe, aber ich fürchte, ich habe ihn in der Aufregung vergessen. Man redet hier sowieso nur von Ihnen als Xenia .“
„Man redet von
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