Liebhaberstück Xenia (German Edition)
erfrischende Idee!“ , zirpte Helen.
Hartmann sah gleich se ine Chance. „Heißt das, Sie können sich für das Konzept erwärmen? Kommen Sie, ich lade Sie zum Essen ein!“
„Ich habe mich leider schon mit meinen Freunden zum E ssen verabredet. Und Gwen ist extra aus Irland gekommen. Aber heute am späten Abend könnte ich mich loseisen. So gegen elf.“
„Klingt wunderbar. Wo soll ich Sie abh olen?“
„Im Hotel. Ich schreibe Ihnen die Adresse auf.“ Sie nahm sich den Kugelschreiber von der Unterschriftenliste, kritzelte etwas auf ein Flugblatt über Genmais und reichte es Hartmann. „Also dann bis elf, Thorsten!“
Er hielt Helens Blick auffallend lange in seinem gefa ngen, dann zwinkerte er mir frech zu und ging.
„ Die Männer hier in Berlin sind angenehm unkompliziert.“ Sinnierend schaute Helen ihrer Abendverabredung nach, bevor sie sich mir zuwandte: „Xenia, würde es dir was ausmachen, den Stand hier eine Weile zu übernehmen?“
„Nein, ja, eigentlich…“
„ Danke!“ Ihr Blick fiel über mich hinweg und schwenkte nahtlos um auf Englisch: „Hallo, Kate! Gehst du mit uns Essen?“
Die Angesprochene trat zu Helen, eine Frau mit langem, haselnussbraunem Haar und großen Augen der gleichen Farbe. Sie antwortete ebenfalls auf Englisch: „Nein, danke. Ich bleibe hier und mache noch ein paar Interviews.“ Um ihren Hals hing ein Fotoapparat, in ihrer Hand hatte sie einen Notizblock.
Helen nickte. „Also tschüss, bis später!“
Und schon eilte sie aus dem Stand und gesellte sich zu den Umweltaktivisten, die sich vor der Bühne um Gwen O’Connor und den Ökobauern geschart hatten und zu denen sich nun auch Freya und Mark gesellten. Sowie die drei Studentinnen, die vorhin noch den Stand betreut hatten, in dem ich jetzt ganz allein die Stellung hielt.
Na toll!
Die Gruppe setzte sich in Bewegung und war bald von der Menschenmenge verschluckt. Auf der Bühne gab eine Frau mit extrem kurzem Haarschnitt einen Überblick über die Aktivitäten der Umweltschutzorganisation.
Na toll!
„Hallo, ich bin Kate. Sprichst du Englisch?“ Sie hatte einen leichten Akzent. Irisch vielleicht.
Nickend ergriff ich ihre Hand. „ Ich bin Xenia.“
„Darf ich dich interviewen, Xenia? Ich schreibe für die Survival-News eine Coverstory über diese Kundg ebung.“
„Da hast du aber die Falsche. Ich habe nur beim Ständeaufbau geholfen und stehe hier solange herum, bis die anderen wiederkommen.“ Mein Englisch war etwas eingerostet und holprig, aber trotzdem ganz passabel, wie ich beruhigt feststellte.
„Die Führungsriege kenne ich schon . Was mich interessiert, sind die Menschen an der Basis. Die Menschen, die nicht im Rampenlicht stehen und trotzdem Survival tragen. Die Story hinter der Story.“
„Ich fürchte, auch damit kann ich nicht dienen. Ich war lange nicht bei Survival aktiv, da ich geschäftlich zu viel zu tun hatte.“
„Welches Geschäft betreibst du?“
„Ein Network-Marketing-Geschäft. “
„Wirklich? Warum?“
„Weil ich ein Geburtshaus gründen will. Mit der modernsten Ausrüstung, aber kein Krankenhaus, sondern ein Ort, wo die Frauen sich wohl fühlen und nicht als die Endometritis von Zimmer 4 herabgewürdigt werden. Und wo das Personal ausschließlich weiblich ist.“
„Was hast du gegen Männer?“
Ich dachte an Mark, seine kämpferische Rede auf der Bü hne, wie der Wind mit seinem Haar gespielt hatte. „Gar nichts. Männer sind großartig, aber viele gebärende Frauen, die vorher nur bei weiblichen Gynäkologen waren, finden es…“, ich suchte kurz nach dem richtigen englischen Wort, „…entwürdigend, wenn sie vor einem männlichen Arzt die Beine spreizen und sich von ihm befingern lassen müssen.“
„Bist du Ärztin oder Krankenschw ester?“
„Hebamme.“
„Wirklich? Das ist interessant. Erzähl mir mehr!“
So wartete ich mit Kate in dem Infostand, reichte gelegentlichen Besuchern den Kugelschreiber, damit sie sich in die Unterschriftenliste eintragen konnten und erzählte ihr, die ich erst ein paar Minuten kannte, meine Träume und meine Lebensgeschichte. Sie hatte so etwas an sich, so eine intensive, vertrauenswürdige Aufmerksamkeit, dass ich ihr Dinge anvertraute, die nicht einmal Freya oder Bernadette wussten.
Irgendwann kamen die anderen von ihrem Mittagessen z urück.
„Mark, das ist Xenia“, stellte Freya mich, fair wie sie nun mal war, dem bestaussehenden Umweltschützer aller Zeiten vor.
Er nickte mir kurz zu und entschwand dann
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