Lieblingsstücke
der Hand und hat diesen
Volumnizing-Aufsatz. Setz dich hierher, ich mach mich mal an die Arbeit.«
Und schon dreht sie mir ihre Mega-Rundbürsten ins Haar. Drei Bürsten, und mein Haar ist aufgerollt. Das ist bitter. Nass sehen meine Haare noch übersichtlicher aus als trocken. Dünnes, spackeliges Haar ist wirklich eine lebenslange Prüfung. Vor allem, weil Haare schwer zu bedecken sind und mir noch nicht mal Hüte oder Mützen gut stehen. Was ich im Laufe meines Lebens an Schaumfestiger und Ähnlichem verbraucht habe, ist unvorstellbar. Der gesamte Industriezweig könnte von einem Dutzend meiner Sorte überleben. Und an meinen wirklich übersichtlichen Haaren zerrt und fönt Iris nun mit all ihrer Kraft. Hoffentlich halten die das aus, sonst sehe ich heute Abend wie ein schlecht gerupftes Curryhühnchen aus. Mittlerweile bin ich nämlich nicht mehr ganz so orange, sondern eher gelbstichig. Das Gute an dünnem Haar, soweit es da überhaupt frohe Botschaften gibt, ist, dass es rasant schnell trocken ist. Zweimal ordentlich in meine Richtung ausatmen, und die Sache ist erledigt. Auch Iris stellt nach knapp fünfzehn Minuten den Fön aus. Meine Ohren sind so heiß, dass sie als Grill dienen könnten.
»Und?«, frage ich. »Sieht es gut aus?«
»Es ist ein Anfang«, antwortet Iris recht lapidar. »Jetzt müssen wir die Feinarbeit mit dem Lockeneisen machen!«
»Glaubst du nicht, ein Pferdeschwanz wäre schneller und einfacher?«, erlaube ich mir eine kurze Zwischenfrage. Pferdeschwanz ist meine Standardfrisur. Praktisch und nicht weiter anspruchsvoll. Wenn man ihn sehr straff nach hinten frisiert, hat man gleich noch eine Art Liftingeffekt. Eine wunderbare Sache.
»Quatsch«, unterbricht mich Iris, »ein besonderer Abend
und ein besonderes Kleid verlangen auch einen besonderen Kopf.« Ich stimme ihr zu, wissend, dass ich mir meinen Pferdeschwanz immer noch machen kann, wenn sie weg ist. Ich muss unbedingt ein Haargummi ins Abendhandtäschchen schmuggeln.
Sie braucht nochmal fünfunddreißig Minuten für die Lockenstabprozedur. Auf das Ergebnis, das überraschend füllig aussieht, kommt genug Haarspray, um die gesamten Mähnen der Pferde eines Reiterhofs zu fixieren. Was soll’s. Ich bin hin und weg. Immerhin – der Aufwand hat sich gelohnt. Hoffen wir mal, dass das Gebilde auf meinem Kopf, das so wenig Ähnlichkeit mit meinem eigentlichen Haar hat, bis zum großen Auftritt auf dem Juristenball hält und kein Aschenputteleffekt eintritt. Mir fallen die Haare in weichen, schönen Wellen auf die Schultern. Viel Zeit, den Anblick zu genießen, bleibt mir nicht. Iris hat ihren Zeitplan im Griff.
»Die Brüste. Jetzt kleben wir die Brüste.«
Gut, dass uns keiner hören kann. Wir kleben die Brüste! Grotesk geradezu. Sie holt eine Rolle Teppichklebeband aus ihrer Tasche und verlangt nach einer Schere.
»So, jetzt hältst du die Brust dahin, wo du sie haben willst«, instruiert sie mich. Ein bisschen peinlich ist mir das schon.
»Stell dich nicht an, ich habe schon jede Menge Brüste gesehen«, grinst sie, »und echt, das ist ein völlig legaler Trick. Alle machen das.«
Sie pappt mir das Klebeband unter den Brustansatz und biegt es seitlich nach oben. Wie eine BH -Schale. Meine Brüste wehren sich. So als würden sie sagen: ›Wir lassen uns doch nicht von einem kleinen Stück Teppichklebeband beherrschen.‹ Iris bleibt ruhig.
»Viel hilft viel«, bemüht sie eine alte Weisheit und schneidet einen weiteren Streifen ab. Und tatsächlich. Der Klebebusen zeigt nach vorne. Gibt den Kampf auf. Es ziept ziemlich.
»So, jetzt müssen wir nur den anderen auf die gleiche Höhe kriegen«, geht das Unternehmen weiter.
Ich melde ein gewisses Unwohlsein. »Also Iris, bequem ist das nicht direkt. Es zieht und ziept.«
»Das vergeht. Da muss man durch«, zeigt sie sich nur mäßig mitleidsvoll. »Das Ergebnis zählt.«
Allein der Gedanke daran, wie ich mir diese fest verpappten Streifen heute Nacht wieder abziehe, lassen Vorfreude aufkommen. Und dieser ganze Aufwand für eine Ladung Juristen, die mich, bis auf meinen eigenen Mann, nicht die Bohne interessieren. Meine Brüste sind in ungeahnte Höhen vorgestoßen. Dorthin, wo sie zuletzt Anfang zwanzig waren. Aber ich muss gestehen – es sieht gut aus, jedenfalls, wenn man sich die Klebestreifen wegdenkt.
»Wenn du das Kleid anhast, sieht man nichts mehr, und jeder wird denken ›Wow, was für Brüste‹«, lobt sich Iris selbst.
Ich würde in einem solchen Fall denken:
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