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Lieblingsstücke

Lieblingsstücke

Titel: Lieblingsstücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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geholt.«
    Dass das stundenlange, ruhige Spielen keineswegs ein gutes Zeichen ist, scheint mein Vater nicht zu verstehen.
    In meiner vollen Ballmontur mache ich mich mutig auf den Weg in den Keller. Aus meinem Büro dringen muntere Kinderstimmen. Spaß scheinen die Herren jedenfalls zu haben. Was ich sehe, lässt mich erstarren. Drei kleine Jungs sitzen inmitten ausgepackter Päckchen. Meiner sorgsam verpackten eBay-Pakete.
    »Seid ihr komplett durchgedreht? Raus hier, sofort«, brülle ich auf der Stelle los. Es gibt Momente, da ist es mit meiner Beherrschung nicht weit her. Das ist einer dieser Momente. »Papa«, schreie ich in Richtung Wohnzimmer, »willst du dir vielleicht mal anschauen, was in aller Ruhe spielen bedeutet?«
    Mark heult direkt los. »Wir haben doch nur gespielt«, beteuert er unter Tränen. Die beiden anderen – Paul und Lukas – gucken bedröppelt auf den Boden.
    »Raus hier, alle, sofort«, brülle ich weiter. Kindergeburtstag spielen? Habe ich einen Wahnsinnigen geboren?
    »Wir haben auch Sachen eingepackt, nicht nur ausgepackt«, versucht Paul, der sowieso ziemlich vorwitzig ist, sich rauszureden.
    »Toll, Paul«, versuche ich mich wieder einigermaßen in den Griff zu kriegen, schon weil man ja nicht einmal seine eigenen Kinder schlagen soll, von fremden mal ganz abgesehen. Am liebsten würde ich alle drei packen und nacheinander übers Knie legen. Natürlich zuerst meinen eigenen Sohn. So viel Anstand habe ich schon. Wenigstens der müsste ja wissen, dass das hier unten kein Kinderspielparadies ist.
    »Wie konntet ihr nur?«, herrsche ich die drei an.
    »Wir wollten dir doch helfen!«, piepst mein Sohn mit leisem Stimmchen.
    Normalerweise würde mich so ein Ich-wollte-dir-nur-helfen-Satz ein wenig besänftigen. Weil er so was Rührendes hat. Heute funktioniert das nicht.
    »Erzähl keinen Mist. Du weißt doch genau, dass das hier keine Geschenke für dich sind. Wie kann man auf so eine bekloppte Idee kommen?«
    »Das frage ich mich auch«, unterstützt mich jetzt mein Vater. »Ihr drei kommt mit hoch!«, ergreift er die Initiative, vielleicht weil er schon ahnt, dass ich mich, wenn ich einen genaueren Blick auf dieses Grauen werfe, an den Kindern vergreifen könnte.
    »Haut bloß ab, ihr drei, und seht zu, dass ihr mir nicht mehr unter die Augen kommt«, zische ich. Am liebsten würde ich mich zwischen die Pakete – oder das, was mal Pakete waren – setzen und heulen. Eben noch wütend, bin ich jetzt einfach nur verzweifelt. Bevor ich mich ausgiebig in meinem eigenen Elend suhlen kann, klingelt es an der Haustür.
    Pauls Mutter.
    »Oh, so rausgeputzt, holla. Na, alles klar?«, begrüßt sie mich.
    »Nein«, sage ich und halte mich ausnahmsweise nicht zurück, »die Jungs haben den gesamten Keller, genauer gesagt mein Büro, verwüstet. Nichts ist klar, sondern alles ist schrecklich«, antworte ich und breche damit eine eiserne Mütterregel. Niemals beschweren. Und schon gar nicht über fremde Kinder.
    »Der Paul doch nicht!«, wirft sich Cornelia, Pauls Mutter, sofort wie eine Löwin vor ihr Kind.
    »Doch, auch dein Paul«, traue ich mich. Was glaubt die denn? Dass ihr Paul brav dabeisitzt, während die anderen Chaos verbreiten. Der eben Erwähnte rennt auf seine Mutter zu und wirft sich in ihre Arme. Er schafft es tatsächlich, sich ein paar Tränchen rauszuquetschen.
    »Was hast du denn mit meinem Paul gemacht?«, empört sich Cornelia, und ich bereue ganz kurz, eben nichts gemacht zu haben.
    »Nur ein bisschen gemeckert, sonst nichts«, fange ich an, mich zu rechtfertigen, obwohl es dafür eigentlich keinen Grund gibt. Schließlich sind Mark, Paul und Lukas keine Dreijährigen mehr.
    »Du, das finde ich ein Stück weit doof von dir«, fängt jetzt Cornelia an, mir Vorträge zu halten. »Nur weil dein Mark meinen Paul anstiftet, musst du deinen Zorn nicht an meinem Paul auslassen. Da gehst du wirklich entschieden zu weit.«
    Meine Güte. Was die mich nervt. Die tut ja gerade so, als ob ich ihr Unschuldslamm Paul gefoltert hätte. Das arme kleine Hascherl. Wenn die wüsste, wie blöd ich schon diesen beknackten Ausdruck – ein Stück weit – finde.
    »Ich war stinksauer, Cornelia, und wenn du meinen Keller sehen würdest, da wärst du auch sauer«, versuche ich noch ein weiteres Mal, auf so etwas wie Verständnis zu stoßen.
    »Wir haben da etwas unterschiedliche Ansichten, was Erziehung angeht. Ist mir schon häufiger aufgefallen«, mokiert sich die blöde Cornelia. »Mein Paul ist

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