Lieblingsstücke
mit dem Ergebnis zufrieden bin. Ist ihr wahrscheinlich total egal.
Auf der Heimfahrt schaue ich ständig in den Rückspiegel. Mein Kopf sieht aus wie eine ältliche Orange, und am Hals habe ich eine Art Hautperlenkette. Einen weißen Streifen. Eine Falte, die nicht mitbesprüht wurde. Auch meine Fingernägel sehen seltsam aus. So als ob man seinen Nagellack nicht gut entfernt hat oder monatelang dunklen Lack drauf hatte und die Nägel zum ersten Mal nach Langem wieder ohne alles sind. Verfärbt. Gelbstichig. Scheußlich! Wenn ich die Finger auseinanderspreize, entdecke ich weitere weiße Flächen. Diese Häutchen zwischen den Fingern haben anscheinend keine Farbe abbekommen. Und das für siebenundvierzig Euro. Da sollte man doch erwarten können, dass genug Farbe für den gesamten Körper zur Verfügung steht. Selbst bei Frauen, die mehr als fünfzig Kilo wiegen. So langsam dämmert es mir, dass diese Dusch-Maßnahme keine besonders schlaue Sache war. Ich tröste mich damit, dass
sich die Farbe vielleicht noch verändert. Sich bis zum großen Ball heute Abend noch in ein zartes leichtes Braun verwandelt.
Zu Hause herrscht himmlische Ruhe. Iris und mein Vater sitzen auf dem Sofa, und ich habe das ungute Gefühl, dass sie, als ich die Haustür aufschließe, wie zwei Teenager schnell ein wenig auseinanderrücken. Habe ich die zwei bei irgendwas ertappt? Und wo sind die Kinder?
»Papa, Iris! Hallo ihr zwei! Wo sind denn die Kinder?«, frage ich gleich zur Begrüßung.
»Wie siehst du denn aus? Hast du was Komisches gegessen? Du bist so gelb und riechst irgendwie anders!«, wundert sich mein Vater.
»Das wird noch, das braucht Zeit«, beruhigt mich Iris.
Aber ich sehe ihr an, dass sie von dem Ergebnis auch nicht gerade begeistert ist.
»Die Kinder? Wo sind die denn?«, frage ich nochmal nach, während ich so unauffällig wie möglich an mir schnuppere. Es stimmt. Ich rieche merkwürdig. Dumpf, muffig, so wie nach altem Selbstbräuner. Aber das kann man sicher mit Parfüm übersprühen.
»Alles prima«, sagt mein Vater, »gar kein Problem, deine Tochter übt Mathe in ihrem Zimmer und Mark ist mit seinen Freunden im Keller. Die spielen Kindergeburtstag.«
Kindergeburtstag? Im Keller? Das klingt nicht gut. Vor allem, weil überhaupt kein Geräusch zu hören ist. Und dass Claudia freiwillig in ihrem Zimmer sitzt und Mathe lernt, klingt fast noch merkwürdiger. Das wäre ja das Allerneuste. Wenn dem tatsächlich so ist, dann muss ich meinen Vater unbedingt fragen, wie er dieses achte Weltwunder zustande gebracht hat.
»Wollen wir loslegen?«, fragt mich Iris. »Ich glaube, wir haben noch gut was zu tun!«
»Ich glaube, ich geh erst mal nach den Kindern sehen«, sage ich und will mich direkt auf den Weg in den Keller machen.
»Das kann doch dein Papa erledigen. Wir brauchen jede Minute. Wenn die Kinder merken, dass du wieder hier bist, ist es mit der Ruhe bestimmt vorbei. Franz, gehst du eben mal runter.«
Dafür, dass Iris keine Kinder hat, weiß sie gut Bescheid. Aber es stimmt ja, was sie sagt. Wenn was ist, werden sie sich schon melden. Manchmal muss man sein Mutti-Gen verdrängen. Iris zieht mich auf die Treppe und dann ins Schlafzimmer, wo sie schon das ganze Zubehör ausgebreitet hat.
»Also«, informiert sie mich über den Restaurationszeitplan, »als Erstes machen wir deine Haare. Dann suchen wir Schuhe und Tasche, kleben die Brüste hoch, schminken, und zum Schluss kommt der Schmuck. Ich habe tolle Sachen mitgebracht.«
»Iris, es ist gleich erst vier. Wir haben massig Zeit. Drei Stunden, um genau zu sein. Keine Hektik. Wollen wir nicht erst mal einen Kaffee trinken?«
Sie schaut entsetzt. »Später, jetzt wäschst du die Haare. Dann fönen wir, dann kommt mein Lockeneisen zum Einsatz, und wenn wir dann gut im Zeitplan liegen, können wir einen Kaffee trinken.«
Ich ergebe mich und wasche meine Haare. Zu gern hätte ich geduscht, vor allem, um diesen Selbstbräunergeruch loszuwerden, aber das Risiko ist mir einfach zu hoch. Also entkleide ich mich bis auf die Unterwäsche und gehe ins Bad. Iris starrt mich an.
»Ich weiß, ich bin nicht so in Form zurzeit, aber im Frühling fange ich mit Diät an. Im Winter ist mein Körper immer so gefräßig«, fange ich bei ihrem Blick direkt an, mich zu rechtfertigen und ziehe wie automatisch den Bauch ein.
»Hast du kein Peeling gemacht vor der Dusche?«, fragt sie mich, während ihre Augen meinen Körper abscannen.
»Nein, wieso?« Ich gucke, warum sie so
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