Liebster Mitbewohner
dass sie sich in mich verknallt hat? Schon wieder?“
„Autsch.“ Ich war stolz, dass meine Stimme nicht brach und ich diese Ein-Wort-Antwort relativ cool rüberbrachte. Doch Felix‘ Kälte tat verdammt weh. Außerdem war er fieser, als es meiner Meinung nach in dieser Situation angemessen gewesen wäre. Ich zwang mich, mich auf den einzigen positiven Teil seines Satzes zu konzentrieren: „Ich bin also deine beste Freundin?“
Doch auch das machte er postwendend zunichte: „Du bist meine einzige Freundin, wenn du so willst.“
„Na danke auch. Du rufst also an, um… was genau zu tun? Um mich mit Gemeinheiten von den Gefühlen, die ich nicht mal sicher für dich habe, abzubringen?“
Felix seufzte abgrundtief. „Ich kapier das einfach nicht , Maja. Merkst du nicht, dass du alles durch deine Launen kaputt machst?“
Ich war sprachlos.
Scheinbar kapierte sogar Felix, dass er etwas zu weit gegangen war. „Ich wollte nur sagen… was ist denn mit unserer Freundschaft? Denkst du auch mal an die?“
„Es ist also Freundschaft, wenn du mich küsst?“, fragte ich tonlos. Ich fühlte mich völlig leer. All die Hoffnungen, die sich seit letzter Nacht in mir aufgebaut hatten, waren zunichte.
„Ja… nein… das war eine Party. Verdammt noch mal, Maja, wir waren betrunken. Das hatte nichts zu bedeuten.“
„Du drehst dir die Dinge genau so, wie sie dir in den Kram passen, merkst du das eigentlich?“ Auf einmal war ich so wütend, dass ich kaum noch Luft bekam. „Wenn dir danach ist, darfst du die Grenzen unserer Freundschaft überschreiten. Dann ist es okay, mich zu küssen, denn später kannst du ja sagen, das war nicht so gemeint. Aber wenn ich mich verliebe – woran du, wenn es denn so ist, eine nicht ganz unerhebliche Mitschuld trägst – ist es eine Todsünde. Eine ziemlich unausgeglichene, wenn nicht ungesunde Freundschaft, findest du nicht? Und eine, auf die ich in der jetzigen Form nicht den geringsten Wert lege.“
Schweigen am anderen Ende der Leitung. War ja klar, dass er jetzt sprachlos war. Aber was erwartete er? Dass ich mir bis zu meinem Lebensende von ihm auf meinen Gefühlen herumtrampeln ließ? „Schön, dass wir drüber gesprochen haben“, sagte ich noch bissig und wollte auflegen. Bevor die Wut verrauchte und die Tränen kamen. Ich kannte mich, was Felix betraf, mittlerweile gut genug um zu wissen, dass das unausweichlich folgen würde.
„Maja, warte!“, hörte ich, als mein Finger bereits auf dem Auflege-Knopf lag.
Ich rang eine Sekunde mit mir, ob ich das Gespräch nicht trotzdem beenden sollte. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Felix es schaffen würde, mir etwas einigermaßen Positives zu sagen. Ich seufzte tief. „Ja?“
„Vielleicht hast du Recht und ich dachte wirklich, dass du deine Meinung ändern würdest, wenn ich etwas… unerfreut reagieren würde.“
„Gefühle lassen sich nicht so einfach steuern.“
„Tut mir leid. Aber du bist mir nun mal wichtig.“
Das sagte er auffällig oft in letzter Zeit. Und bisher hatte es jedes Mal ein Glücksgefühl bei mir ausgelöst. Doch heute war das, was er mir zuvor an den Kopf geworfen hatte, nicht mal dadurch wieder gutzumachen. „Und?“
„Ich kann nichts mit dir anfangen. Nicht, dass ich nie daran gedacht hätte. Aber erstens habe ich vorläufig genug von Beziehungen. Und zweitens will ich dich als Freundin nicht verlieren.“
„Das ist ja eine ganz neue Ausrede. Mann Felix, jetzt spinn doch nicht rum. Wenn du keine Gefühle hast, hast du eben keine. Das ist zwar nicht das, was man in meiner Situation hören möchte, aber wenn es die Wahrheit ist, werd‘ ich damit leben können. Was ich ganz sicher nicht will, ist, dass du irgendwelche Lügen erfindest, um mich zu schonen. Verstanden?“
„So ist es aber nicht! Ehrlich, ich wäre der letzte, der dich belügen würde, damit es dir besser geht. Benutz zur Abwechslung mal deinen Verstand, Maja!“
„Tu ich. Und der sagt: Das klang eben schon eher nach dir.“
„Danke.“
„Gerne.“
„Ich meine es ernst.“
„Und was jetzt genau?“
Er schwieg lange. So lange, dass ich mehrmals kurz davor war, nachzufragen. „Ich bin mir ehrlich nicht sicher, ob ich dasselbe für dich fühle, Maja. Vielleicht tue ich das. Eigentlich möchte ich gar nicht darüber nachdenken. Weil es egal ist, verstehst du?“
„Hast du sie noch alle? Das ist überhaupt nicht egal!“
„Und warum nicht? Was wäre denn, wenn wir beide uns eingestehen würden, Gefühle
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