Liebster Mitbewohner
hatte, kamen beide ohne viel Drumherumgerede zu demselben Schluss: Felix log. Dass er behauptete, möglicherweise Gefühle für mich zu haben, doch nicht genauer über diese nachdenken zu wollen, taten sie als totalen Quatsch ab. Er wollte Freundschaft, mehr nicht. Ich versuchte nicht einmal, den beiden zu widersprechen. Wie konnte ich auch? Wo dies doch derselbe Schluss war, zu dem ich schon während des Telefonats gelangt war. Trotzdem… ein kleiner Teil von mir klammerte sich an die aberwitzige Hoffnung, dass die beiden Unrecht hatten. Dass Felix nur einen Anstoß bräuchte, sich auf mehr als eine Freundschaft einzulassen. Doch mit jedem Tag, an dem er nicht anrief, um mir seine Meinungsänderung mitzuteilen, schwand meine Hoffnung ein Stück. Es verging eine Woche, in der ich nur meine nötigsten Pflichten erfüllte und ansonsten vor mich hin grübelte. Dann verging eine weitere Woche. Und noch eine. Ohne, dass Felix anrief oder mir auch nur eine Facebook-Nachricht schrieb.
Am Ende dieser dritten Woche traf ich eine Entscheidung. Denn so konnte es nicht weitergehen. Mittlerweile hatten mich Elena und Dani, sowie Felix‘ Verhalten davon überzeugt, dass meine Hoffnung unbegründet war. Ich war seine beste Freundin – das hatte er selbst gesagt. Logisch, dass er mit allen Mitteln darum kämpfte, mich nicht zu verlieren. Dafür, dass er keine anderweitigen Gefühle für mich hegte, konnte er nichts. Also blieb mir nichts weiter übrig, als ihm seine Lüge zu verzeihen. Und mein möglichstes zu tun, meine eigenen Gefühle für ihn wieder auf reine Freundschaft zu reduzieren. Blieb die Frage, wie ich das am besten anstellte. Sicher, Zeit heilte alle Wunden. Und ich merkte selbst, dass ich mit jeder Woche, die verging, besser mit Felix‘ Abfuhr zurechtkam. Aber was, wenn er wiederkam? Eine Freundschaft konnte sich eben nicht nur auf Telefonate oder virtuelle Netzwerke stützen. Früher oder später würde ich ihn wiedersehen und im Grunde wollte ich das ja auch. Wenn ich keine Beziehung mit ihm haben konnte, dann wollte ich wenigstens wieder das, was wir vorher gehabt hatten. Vor der Partynacht, die alles verändert hatte. Ich wollte die Freundschaft wieder, in der wir gnadenlos ehrlich zueinander waren. In der wir uns stritten, ja manchmal sogar richtig fies waren, in der wir aber auch geradezu absurd tiefgründige Gespräche führen konnten. In der er mich vor Fehlern mit anderen Männern bewahrte. In der er…. Ich stockte in meinem Gedankengang. Denn mir war eine Idee gekommen. Die Lösung lautete: Andere Männer.
Kapitel 14
Der nächste Tag war ein Montag und ich begann umgehend damit, meinen Plan in die Tat umzusetzen. Und zwar, indem ich erst Elena, dann Danianbettelt e、 abends mit mir in einen Club tanzen zu gehen. Doch mein Mitbewohner machte mich noch auf ein ganz anderes Problem aufmerksam, indem er fragte: „Machst du jetzt eigentlich Jura weiter? Dann müsstest du dich doch bald zurückmelden, oder?“
Ich starrte ihn schockiert an. Über der ganzen Felix-Geschichte hatte ich das komplett vergessen. Es war schon fast März und ich hatte wirklich nur noch ein paar Tage für die Rückmeldung. Kaum genug Zeit, um sich fundiert Gedanken über die eigene Zukunft zu machen. Andererseits: Was hatte ich zu verlieren? Ich hatte ja schon vor anderthalb Monaten festgestellt, dass die guten Kunststudiengänge alle im Oktober begannen. Ob ich nun ein halbes Jahr herumlungerte und außer Arbeit nichts tat, oder mich ab und an in eine Juravorlesung setzte, machte keinen allzu großen Unterschied. Außerdem konnte ich dann mein Semesterticket für das öffentliche Verkehrsnetz behalten. Als setzte ich mich hin und meldete mich übers Internet zurück. Die Vorlesungen würden im April anfangen, wurde ich informiert. Immerhin noch etwas Zeit. Vielleicht geschah bis dahin ein Wunder und ich würde zumindest eine Spur Vorfreude entwickeln. Ich glaubte nicht daran.
Also wandte ich mich wieder Dingen zu, auf die ich mehr Einfluss hatte: Die Suche nach einem Mann, der mich von Felix ablenken könnte. Dani stellte sich unerwarteterweise quer: „Ich soll also mit dir in einen Club gehen und dabei zusehen, wie du Männer aufreißt? Dir vielleicht noch dabei helfen? Nein danke, da kann ich mir echt Lustigeres vorstellen.“
„Ach ja? Und was zum Beispiel?“
„Zum Beispiel meine Zimmerdecke anstarren.“
„Was bist du denn so bockig? Wer hat denn nach Miris Abflug gesagt, er würde das kommende Jahr
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