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Lied der Wale

Lied der Wale

Titel: Lied der Wale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Thomas
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nautische Messinginstrumente, ein alter Teakholztisch, auf dem sich verschiedene Papiere stapelten, unter anderem ein Zeichenblockmit mehreren Skizzen eines Blauwals – all das verlieh dem Raum eine persönliche Note. Offenbar war sie in McGregors Heiligtum eingedrungen. Sie unterdrückte den Impuls herumzuschnüffeln. Schließlich wollte sie das Schiff nicht sofort wieder verlassen müssen.
    Am Ende des Ganges fand sie eine weitere Tür, diesmal erwies sie sich als die richtige: Um einen großen Tisch herum saßen ein paar Mitglieder der Besatzung. Sie nickte dem Japaner mit den Rastalocken zu und ließ sich ebenfalls auf einem der Stühle nieder.
    Masao goss ihr dampfenden Tee in einen Becher, veredelt mit einem Schuss Rum. Leah dankte ihm dafür und wärmte sogleich ihre Hände an dem Becher, während die anderen sie nicht aus den Augen ließen.
    »Möchten Sie was gegen die Übelkeit haben, Ms Cullin?«, wollte der Japaner wissen.
    »Danke, ich bin o. k.« Sie drückte ihm die Hand. »Und Leah reicht. Wir duzen uns, oder? Hab glaube ich ’ne ziemlich schwache Nummer da draußen abgegeben...«
    »Kein Problem. Masao, bin hier Steuermann und Funker.«
    Er wandte sich zu den anderen, jeder nickte, während Masao die Vorstellung übernahm. »Sam, den kennst du ja bereits, Joe, der Kapitän, Govind, unser Hightech-Guru, und Steve bist du ja auch schon begegnet.«
    Steve kam gerade durch die Tür und gesellte sich ebenfalls zum Leah-Begrüßungskomitee. »Na, wiederhergestellt?« Er drückte ihr einen ganzen Stapel Ausdrucke in die Hand. »Das Protokoll der letzten sechs Monate. Da kannst du dir zum Einstieg ein besseres Bild davon machen, was wir hier eigentlich so tun.«
    »Hervorragend. Wann kann ich David McGregor treffen?«
    Steves Reaktion zeigte Leah deutlich, dass ihm die Frage nichtsonderlich gelegen kam. »Er ist im Moment ... bald. Hat grad eine wichtige Sache am Bein. Ich werd sehen, dass ...«, stammelte er.
    Sam unterbrach: »Wenn du möchtest, zeig ich dir erst mal das Schiff.«
    »Einverstanden.«
    Steve schien dankbar für Sams Ablenkungsmanöver. Der strahlte und zwinkerte Steve zu.
    Was nach ihrem einstündigen Rundgang in Leahs Gedächtnis hängen blieb, war zumindest ein grober Plan des Schiffes – und wohl der Standardwortschatz der großen Seefahrt.
    Das Oberdeck, dessen Aufbauten ungefähr fünfzehn Meter lang waren, barg vier Räume: zuvorderst die Brücke mit Steuerrad – Ruder, wie Sam augenblicklich verbesserte – und den Navigationsgeräten. Von dort führte ein Gang in Richtung des Schiffshecks, an dessen Ende sich der Funkraum, Masaos Reich, befand. Sam erklärte ebenfalls alle Geräte, doch Leah begriff nur, dass es sich hier um die absolute State-of-the-art-Version eines Funkraums handelte, mit dem man via Satellit auch noch mit Südpolforschern Funkkontakt aufnehmen konnte.
    Rechts und links des Verbindungsganges fanden sich zwei längliche Räume. Der eine war vollgestopft mit Computern und Monitoren – Hoheitsgebiet des jungen Inders Govind, wo er über Bytes und RAMs herrschte. Auch hier verstand Leah nur, dass sie gekennzeichnete Wale mit den Rechnern überall auf der Welt orten konnten. Zu diesem Zweck führte ein armdicker Kabelstrang vom Computer- in den Funkraum. »Ohne Vernetzung funktioniert hier gar nichts, und Masaos Tempel ist unser Fenster zur Welt«, hatte Sam erklärt.
    Das gegenüberliegende Zimmer beherbergte ein komplett ausgestattetes Labor für Analysen inklusive einer Dunkelkammer. Leah staunte nicht schlecht. Im Kopf aktivierte sie schondie Rechenmaschine und addierte, was das Equipment wohl gekostet haben mochte. Wie viel auch immer, es bedurfte wohl einiger Spenden, um sich so auszurüsten.
    Anschließend führte Sam sie aufs Bootsdeck, auf dem sie mit dem Schlauchboot abgesetzt worden war. Insgesamt verfügte das Schiff über vier Schlauchboote und zwei Kräne. Zwischen den Kränen befand sich ein ungefähr zwanzig Quadratmeter großes Becken. »Eine Art Aquarium«, meinte Sam nur.
    Die Innenräume des Decks teilten sich auf in Küche – » Kombüse , sonst versteht dich hier kein Mensch« –, den angrenzenden Aufenthaltsraum – » Messe , Leah, Messe, denk einfach an eine Kirche« –, einen Geräteraum, der auch als Trockenraum fungierte, McGregors Kabine und die Kapitänsmesse. »Hier finden die Chefsitzungen statt«, feixte Sam und deutete auf die Tür eines WCs.
    Er führte sie zum Bug des Schiffes, wo mächtige Ankerwinden ihren Platz einnahmen.

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