Lied des Schicksals
sie beide zusammenschrecken. »Wer ist Alistair, und wohin werdet ihr zusammen reisen?«
»Darcy!«, kreischten beide Mädchen.
»Willkommen daheim, Etty.« Er grinste sie an.
Etty widerstand dem Drang, sich Darcy an den Hals zu werfen, indem sie sich ermahnte, dass junge Damen sich nicht so unbeherrscht benahmen. »Wann hörst du endlich damit auf, dich an Leute heranzuschleichen?«, fragte sie stattdessen.
Er war gröÃer und auch attraktiver denn je. Aber sein Lachen war noch genau so, wie sie es liebte.
»Ich muss doch meine Aborigine-Fertigkeiten üben.«
Etty lachte mit ihm, und von der Vornehmheit, die sie zeigen wollte, war nichts mehr zu spüren, als sie ihm spielerisch einen Stoà versetzte. »Gib doch nicht so an. Ach, ich freue mich ja so, dich wiederzusehen.«
»Gleichfalls.« Einen Moment lang betrachtete er sie schweigend, als wolle er feststellen, ob sie sich irgendwie verändert hatte. »Etty, ich muss jetzt zurück zur Arbeit. Nelson hat mich nur kurz gehen lassen, um hallo zu sagen. Hast du Lust, morgen reiten zu gehen? Ich darf mir einen Tag freinehmen. Louisa und Ruan â ihr solltet auch mitkommen, so wie früher.«
»Ja, das ist eine gute Idee«, sagte Louisa. »Wir sollten den ganzen Tag wegbleiben und unterwegs Picknick machen.«
»Das hatte ich auch vor, wenn unsere Eltern alle einverstanden sind. Wir reiten früh los, bevor es zu heià wird.«
Die Sonne hatte kaum die niedrigsten Baumwipfel erreicht, als die vier jungen Leute am nächsten Morgen von Langsdale aufbrachen. Der Tag versprach heià zu werden. Die Mädchen trugen breitkrempige Strohhüte, die mit Tüchern unter dem Kinn festgebunden waren und ihre Gesichter zusätzlich vor der Sonne schützten. Ruan hatte ebenfalls einen Strohhut aufgesetzt. Nur Darcy hatte darauf verzichtet. Seiner dunklen Haut machte es nichts aus, wenn sie länger der Sonne ausgesetzt war.
Sie hatten beschlossen, in die Berge jenseits von Creswick zu reiten, wo bisher noch keiner von ihnen gewesen war. Doch wenn Darcy sie führte, hatten sie keine Angst, dass sie sich verirren könnten. Sein Orientierungssinn war unfehlbar. Etty und Louisa ritten beide im Herrensitz und trugen Hosen unter ihren schlichten Röcken. In der wilden Buschlandschaft war es kaum möglich, im Damensattel zu reiten.
Als sie durch das Dorf Creswick kamen, erinnerte sich Etty an Geschichten, die sie über ihre Tante Selena gehört hatte. »Ich weià gar nicht, warum wir überhaupt diese Röcke tragen«, sagte sie zu Louisa. »Tante Selena hat sich früher immer wie ein Junge angezogen.«
Ruan lachte höhnisch. »Tante Selena mag das ja getan haben, aber wenn Papa dich je in Hosen erwischt, ist der Teufel los.«
»Er wird es ja nicht erfahren, wenn du es ihm nicht sagst. Wenn wir auÃer Sichtweite der Leute hier sind, werde ich meinen Rock ausziehen.«
Etty hatte das aus purem Trotz gesagt und war überrascht, als Darcy sie in ihrer Absicht unterstützte.
»Das solltest du auch tun, Louisa. Es sieht ja keiner. Und du wirst feststellen, dass du ohne diesen Stoff, der ständig im Dickicht hängen bleibt, im Busch leichter vorankommst.«
Ruan und Darcy ritten ein kleines Stück voraus und wandten den Mädchen taktvoll den Rücken zu, während diese ihre Röcke auszogen, fest zusammenrollten und vorne an ihren Sätteln befestigten. Schon nach kurzer Zeit ritten sie durch so dichtes Buschwerk, dass beide froh waren, dass sie die Röcke los waren, die sie ganz gewiss behindert hätten.
Unbekümmert ritten die vier jungen Leute immer höher die Berge hinauf. SchlieÃlich kamen sie an einen schmalen Bach, der sich in kleinen Rinnsalen über ein paar Felsen ergoss. Sein lustiges Plätschern war bei der glühenden Hitze ein willkommenes Geräusch. Alle waren sich einig, dass sie den perfekten Platz für ihr Picknick gefunden hatten, und stiegen von den Pferden. Während Darcy ein kleines Feuer machte, um Tee zu kochen, breitete Ruan die Decke auf dem Boden aus und begann, das Essen auszubreiten, das ihnen Mrs Clancy eingepackt hatte.
Es gab Sandwiches aus frisch gebackenem Brot, mit kaltem Roastbeef belegt und mit Senfgurken garniert, die Agnes eingelegt hatte. Dazu noch kleine reife Tomaten, ein Stück von Janes Käse, Pfirsiche aus dem Obstgarten und Mince Pie, obwohl erst in zwei Wochen Weihnachten
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