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Lied des Schicksals

Lied des Schicksals

Titel: Lied des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merice Briffa
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zu viel verlangt, wenn sie sich für ihre Tochter sowohl Ruhm als auch eine ewige Liebe wünschte?
    Zahlreichen Operngästen fiel die dunkelhaarige junge Schönheit im Chor auf. Und als immer mehr Leute über sie sprachen, fing der Produzent an, dem neuesten Mitglied seines Ensembles mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Ihm gefiel, was er sah. Denn unter anderem erkannte er die Chance, einen Star zu schaffen – und die Möglichkeit, eine Menge Geld zu verdienen. Daraufhin sprach er mit dem Direktor und künstlerischen Leiter des Opernhauses.
    Â»Ich möchte, dass Sie Henrietta Trevannick in unserer nächsten Inszenierung eine Hauptrolle geben.«
    Der Direktor dachte über das Anliegen nicht einen Augenblick nach. »Wir spielen Lucia di Lammermoor . Das Mädchen ist nicht geeignet für die Rolle der Lucia. Sie hat nicht die Erfahrung, die man dafür braucht.«
    Â»Sie wird mit der Herausforderung wachsen.«
    Â»Hmmph!«, schnaubte der Operndirektor, begleitet von einem vielsagenden Blick. »Dieses junge Ding ist wohl Ihre Geliebte.«
    Â»Ganz und gar nicht. Ich habe nie mehr als nur ein beiläufiges Wort mit Miss Trevannick gewechselt. Und bevor Sie sich in weiteren Mutmaßungen ergehen: Ich habe keine unlauteren Absichten der jungen Dame gegenüber. Ich habe das starke Gefühl, dass unsere Henrietta eines Tages auf der ganzen Welt berühmt sein wird. Und ich möchte derjenige sein, der ihr zum Start in diese Karriere verhilft.«
    Â»Aber die Lucia … Nein, da kann ich nicht zustimmen.«
    Â»Wenn nicht die Lucia, dann finden Sie eine andere Rolle, die zu ihr passt. Ich bestehe darauf, dass Henrietta Trevannick der Star unserer nächsten Inszenierung wird.«
    Der Operndirektor ging im Zimmer auf und ab und strich mit einer Hand immer wieder über seinen Bart, bis dieser unter dem Kinn ganz spitz war. Er wusste, dass er seinen Posten verlieren könnte, wenn er sich den Wünschen des Produzenten widersetzte. Außerdem musste er sich eingestehen, dass er ebenfalls vom Talent dieses Mädchens beeindruckt war. Er konnte sie sich als Gilda in Rigoletto vorstellen. Bloß, wie sollte er seiner ersten Sopranistin erklären, dass sie in der nächsten Inszenierung nicht dabei sein würde? Ob die beiden Damen und der Produzent wohl damit einverstanden wären, dass die Rolle Abend für Abend getauscht würde?
    Der Produzent war nicht einverstanden und die erste Sopranistin auch nicht. Nach einer Schimpftirade gegen Henrietta und alle, die mit dem Opernensemble zu tun hatten, stürmte sie aus dem Theater. Es gebe andere Opernensembles auf der Welt, erklärte sie mit majestätischem Hochmut, die ihr Talent zu schätzen wüssten. Einzig der Operndirektor bedauerte, dass sie ging. Etty hingegen erhielt die volle Unterstützung von allen Mitgliedern des Ensembles, denen ihr bescheidenes Wesen besser gefiel als die Wutanfälle der gerade abgerauschten Diva.
    Bei der Premiere von Rigoletto war die Familie Trevannick wieder im Theater. Sie teilten ihre Loge mit Madame und mit Mr Boniface, die sich an diesem Abend zum ersten Mal begegneten. Obwohl die beiden doch so verschieden waren, waren sie sich auf Anhieb sympathisch. Sie plauderten freundlich über die unterschiedlichsten Themen, während sie darauf warteten, dass der Vorhang aufging.
    Der Abend gehörte Henrietta Trevannick. Ihre makellose Stimme, ihre Jugend, ihre Schönheit und ihr ergreifendes Spiel ließen manche Dame im Publikum ein Tränchen wegwischen, als sich der Vorhang vor dem über dem Leichnam seiner Tochter zusammengebrochenen Rigoletto schloss.
    Niemand blieb auf seinem Platz sitzen, als sich der Vorhang wieder öffnete. Tosender Applaus hallte von der Decke und von den Wänden wider, so begeistert waren die Zuschauer. Sie applaudierten den Solisten, dem gesamten Ensemble, noch einmal den Solisten, dann nur Rigoletto und Gilda. Schließlich galt der Applaus einzig und allein Henrietta Trevannick.
    Immer wieder wurde sie vor den Vorhang gerufen. Der Produzent und der Operndirektor kamen beide auf die Bühne und überreichten ihr jeder einen riesigen Blumenstrauß. Erneut wurde gejubelt und geklatscht. Dann hob der Produzent eine Hand und bat um Ruhe.
    Â»Heute Abend wurde ein Star geboren.« Erneutes Klatschen, und erneut wurde um Ruhe gebeten. »Miss Henrietta Trevannick wird eine der berühmtesten Sopranistinnen der Welt

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