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Lieder von Sternen und Schatten

Lieder von Sternen und Schatten

Titel: Lieder von Sternen und Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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umgehen. Sie gebrauchten nicht einmal ihre Radar-Verwürfler. Es war beinahe so, als wollten sie abgeschossen werden.
    Knistern.
    »Sie behalten die Höhe bei.« Wieder Bonetto. »Keine Raketen abfeuern, bis ich es befehle. Und vergeßt nicht, die Riesenbabies können euch den Fuß ganz schön verbrennen.«
    Reynolds blickte wieder auf die Radarkarte. Die Gegner waren jetzt in etwa 100000 Fuß und behielten die Höhe bei. Lag nahe. Die LB 4-Maschinen konnten höher steigen, aber hundert waren für die Begleitjäger praktisch die Obergrenze. Rapiere. Reynolds erinnerte sich an die Einsatzbesprechung.
    Sie wollten zusammenbleiben. Das ergab Sinn. Die Bomber würden ihre Rapiere brauchen. Hundert waren nicht die Obergrenze für Vampire.
    Reynolds kniff die Augen zusammen. Er glaubte, durch den Sehschlitz etwas zu erkennen. Silbernes Aufblitzen. Waren sie das ? Oder nur seine Einbildung? Schwer zu sagen. Aber er würde sie ohnehin bald genug sehen. Die Verfolger holten auf. So schnell sie auch sein mochten, mit den Vampiren konnten die großen LB 4-Maschinen nicht mithalten. Die Rapiere schon, aber sie mußten bei den Bombern bleiben.
    Es war also nur eine Frage der Zeit. Sie würden sie einholen, lange bevor sie Washington erreichten. Und dann?
    Reynolds bewegte sich unbehaglich. Er wollte nicht darüber nachdenken. Er hatte noch nie einen Kampfeinsatz erlebt. Die Vorstellung gefiel ihm nicht.
    Sein Mund war trocken. Er schluckte. Erst an diesem Morgen hatten er und Anne darüber gesprochen, was für ein Glückspilz er war, und Urlaubspläne geschmiedet. Und Pläne darüber hinaus. Seine Dienstzeit war fast abgelaufen, und er war immer noch sicher in den Staaten. So viele Freunde im Südafrikanischen Krieg gefallen. Aber er hatte Glück gehabt.
    Und jetzt das. Und plötzlich die Möglichkeit, daß das Morgen nicht strahlend sein mochte. Daß das Morgen gar nicht sein mochte. Es erschreckte ihn.
    Und das war noch nicht alles. Selbst wenn er überlebte, war ihm mulmig. Was das Töten anging.
    Das hätte ihn nicht stören dürfen. Er hatte gewußt, daß es dazu kommen mochte, als er sich gemeldet hatte. Aber damals war es anders gewesen. Er hatte geglaubt, gegen Russen oder Chinesen zu fliegen – gegen Feinde. Der Ausbruch des Krieges in Südafrika und das Eingreifen der USA hatten ihn beunruhigt. Aber trotzdem hätte er dort kämpfen können. Die Pan-Afrikanische Allianz war kommunistisch gesteuert, so hieß es wenigstens.
    Aber Alfies waren keine fernen Ausländer. Alfies waren Menschen wie er, Nachbarn. Sein radikaler Zimmergenosse auf dem College. Die farbigen Jugendlichen, mit denen er in New York aufgewachsen war. Der Lehrer, der in der Straße wohnte. Er kam mit Alfies recht gut aus, wenn sie nicht von Politik sprachen.
    Und manchmal sogar dann, wenn sie es taten. So unsinnig waren die Sechs Forderungen gar nicht. Er hatte viele scheußliche Gerüchte über die Großstadt-Sondereinheiten gehört. Und der Himmel wußte, was die Vereinigten Staaten in Südafrika und im Mittleren Osten trieben.
    Er schnitt hinter der Sauerstoffmaske eine Grimasse. Gesteh es nur, Reynolds, sagte er zu sich. Die Leiche im Schrank. Er hatte sich ernsthaft überlegt, 1984 die ALF zu wählen, auch wenn er am Ende den Mut dazu nicht aufgebracht und den Hebel der Wahlmaschine für Bishop, den Alt-Demokraten, gezogen hatte. Niemand im Stützpunkt außer Anne wußte davon. Sie hatten schon lange nicht mehr mit anderen Leuten über Politik diskutiert. Die meisten seiner Freunde waren Alt-Republikaner, aber einige hatten sich der Freiheits-Allianz zugewandt. Und das erschreckte ihn.
    Bonettos von Prasseln und Knattern verzerrte Stimme unterbrach seinen Gedankengang.
    »Seht euch das an, Leute. Die Alfies wollen kämpfen. Auf sie!«
    Reynolds brauchte nicht auf seine Radarkarte zu blicken. Er konnte sie jetzt über sich sehen. Lichter am Himmel. Lichter, die rasch größer wurden.
    Die Rapiere stürzten sich auf sie.
     
    Von allen Kommentatoren, die nach Präsident Hartmann über die Holo-Netze sprachen, wirkte Ted Warren von Continental am wenigsten mitgenommen. Warren war ein mutiger alter Veteran mit scharfem Verstand und noch schärferer Zunge. Er war mehr als einmal mit Hartmann aneinandergeraten und wurde von der Freiheits-Allianz regelmäßig beschuldigt, mit den Alfies zu sympathisieren.
    »Die Ansprache des Präsidenten läßt viele Fragen unbeantwortet«, sagte Warren in einem anschließenden Kommentar. »Er hat versprochen, die

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