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Lieder von Sternen und Schatten

Lieder von Sternen und Schatten

Titel: Lieder von Sternen und Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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ist nicht schwer, aber der Kerl träumt nur in den Tag hinein. Er ist zu langsam. Und wenn ich ihn antreibe, macht er Fehler. Nein, er muß gehen. Es gibt Leute genug, die für den Sommer was suchen. Wir bekommen am Montag einen anderen. Der sich besser hält.«
    Dennison griff nach dem zweiten Brot und griff in eine Tüte mit gebratenen Zwiebelringen.
    »Haben Sie es ihm gesagt?« fragte er.
    »Nein«, antwortete Marshall. »Mache ich auch nicht. Sonst wird er wütend und rennt davon. Ich rufe ihn am Montagmorgen an, bevor er herkommt, und sage ihm, das Geschäft geht schlecht und wir können ihn uns nicht leisten.«
    Dennison zog die Brauen zusammen, sagte aber nichts. Er aß das Brot und die Zwiebelringe auf und leerte zwei Plastikbehälter Schokoladenmilch, bevor er die Wegwerf-Warmbox zerdrückte und wieder hinausging.
    Hi-Lo war gerade zurückgekommen, so daß die meisten von der Mannschaft erst mit dem Essen anfingen. Ein paar hatten aber das Essen mitgebracht und waren fast fertig. Sie standen vor dem Büro herum und warfen Münzen an die Wand, wieder andere hatten sich auf Kisten oder Container gelegt und dösten.
    Dennison fand den Jungen am Rand von Platz 6 allein. Seine Beine baumelten über der Leere. Die Hälfte eines angebissenen, unappetitlich aussehenden grauen Synthebrotes lag neben ihm.
    Der Vorarbeiter bückte sich und griff nach der Plastikverpackung.
    »›Syndig schmackhaft««, las er lachend vor. »Mensch, Mann, wie können Sie das Zeug essen?«
    Der dicke Jüngling zeigte auf die Überreste des belegten Brotes und lächelte schwach.
    »Ich kann es eben nicht«, sagte er. »Das ist das Problem.« Sein Blick wanderte hinaus über den Raumflughafen. »Das ist eigentlich eine interessante Beschäftigung«, sagte er nach einer langen Pause. »Das mit den Listen ist langweilig, aber es macht mir Spaß, in der Nähe der Schiffe zu arbeiten. Verstehen Sie, was ich meine?«
    Dennison runzelte die Stirn.
    »Nein«, sagte er. »Kann ich nicht behaupten. Mir ist das hier nie besonders aufregend vorgekommen. Es ist ein Job. Mühselige Arbeit. Schweiß und Öl und Kisten und Papier. Das ist alles.«
    Der Junge sah ihn sonderbar an, dann schaute er wieder hinaus auf den Hafen.
    »Ich glaube, Sie unterschätzen das. Sie sind hier am Knotenpunkt des Sonnensystems. Jeden Tag gehen und kommen Schiffe von all den fernen Orten, welche die meisten Leute nie zu Gesicht bekommen. Lange, kalte Flüge zwischen den Planeten. Fracht, exotisch und alltäglich, unterwegs zu Menschen im ganzen System, für die verschiedensten Zwecke. Ich glaube, da gibt es Stoff für viele Geschichten.«
    Dennison schüttelte lächelnd den Kopf.
    »Sie haben im College zu viele Bücher gelesen, scheint mir. Das ist eine stumpfsinnige, aussichtenlose Beschäftigung für Leute wie mich, die es nicht geschafft haben. Es hat nichts Aufregendes oder Abenteuerliches oder Romantisches an sich. Das ist alles nur in Ihrem Kopf. Der Weltraum selbst ist langweilig. Fragen Sie die Piloten.«
    »Langweilig? Wohl kaum. Das höchste Abenteuer, würde ich sagen. Einsam? Vielleicht. Aber auch die Einsamkeit hat etwas Romantisches, wenn es die richtige Art von Einsamkeit ist. Ihre Schiffe sind die Galeonen des 21. Jahrhunderts, und die Frachtrouten ein modernes Südamerika der Spanier.«
    »Galeonen –«, sagte Dennison nachdenklich. Er grinste. Es war ein seltsamer, unpassender Gedanke. »Nein, ich will Ihnen sagen, was die Schiffe sind. Sie sind die –«
    Auf der anderen Seite des Raumflughafens gab es ein ohrenbetäubendes Brüllen, und in der Ferne erhellte eine dünne Lichtsäule den Nachthimmel. Auf den Flammen, die langsam herabsanken, hockte etwas Schwarzes, Zigarrenförmiges.
    Dennison und der Junge sagten fast gleichzeitig:
    »Titan«, der Junge. »Der Frachter von Titan.«
    »Y 324«, Dennison. »Fast vier Stunden verspätet.«
    Dann ertönte plötzlich der Summer, wider Erwarten, Dennison schaute auf die Uhr, und es war Zeit, wieder an die Arbeit zu gehen. Er marschierte zum Büro, um sein Klemmbrett zu holen. Der Junge blieb noch einige Minuten auf dem Dock und sah zu, wie der Frachter von Titan aufsetzte und die Superiwans heranfuhren.
    Die drei Stunden bis Arbeitsschluß waren hektische. Y 324 war auf dem Flug von Titan zur Venus-Station weit im Hintertreffen, und unten wartete eine Flotte von Lastwagen ungeduldig auf die Fracht, während noch eine Lieferung für die Venus verladen werden mußte. Dennison setzte deshalb alles ein –

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