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Lieder von Sternen und Schatten

Lieder von Sternen und Schatten

Titel: Lieder von Sternen und Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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Ich war eine Art Anführer, soweit wir damals so etwas hatten. Und es bedeutete nicht viel. Wir stimmten über alles Wichtige ab, und niemand erteilte Befehle. Ich war also nicht wirklich ein Boß, aber ein Begrüßungskomitee. Die anderen zerstreuten sich, was vernünftig war. Unsere letzten Besucher hatten viel davon gehalten, andere Leute niederzuschlagen und die Mädchen zu vergewaltigen. Sie hatten Uniformen in Schwarz und Gold getragen und sich die ›Söhne der Verwüstung‹ genannt. Vornehmer Name für ein Rattenrudel. Wir nannten sie anders.
    Aber Winters war ein anderer Typ. Seine Uniform war von den guten alten Vereinigten Staaten von Amerika. Was gar nichts bewies, weil manche Militärtrupps genauso schlimm sind wie die Rattenrudel. Es war unsere eigene liebe Armee, die im ersten Jahr nach der Verwüstung durch die Gegend fuhr, die Städte verbrannte und alle tötete, die sie erwischte.
    Ich glaube nicht, daß Winters damit etwas zu tun hatte, obwohl ich nie den Mut aufbrachte, ihn geradeheraus danach zu fragen. Er war zu anständig. Er war groß und blond und aufrecht und ungefähr so alt wie wir auch. Und seine zwei ›Männer‹ waren verschreckte Jugendliche, jünger als die meisten von uns in der Kommune. Sie hatten viel durchgemacht und wollten sich uns anschließen.
    Wir stimmten natürlich dafür. Wir haben noch keinen abgewiesen, ausgenommen ein paar Ratten. Im ersten Jahr nahmen wir sogar einige Stadtleute auf und pflegten sie, während sie an den Strahlungsverbrennungen starben.
    Winters veränderte uns aber auf eine Art und Weise, wie wir das nie erwartet hatten. Vielleicht zum Besseren. Wer weiß das? Er brachte Bücher und Vorräte mit. Und auch Waffen und zwei Männer, die damit umgehen konnten. Viele von den Burschen in der Kommune waren hingekommen, um sich von Waffen und Uniformen abzusetzen, in der Zeit vor der Verwüstung. So übernahmen Pete und Crazy Harry die Jagd und verteidigten uns gegen die Ratten, die von Zeit zu Zeit vorbeikamen. Sie wurden unsere Polizei und unser Militär.
    Und Winters wurde unser Führer.
    Ich weiß immer noch nicht genau, wie das kam. Aber es war so. Er begann damit, Vorschläge zu machen, leitete dann Diskussionen und erteilte am Schluß Befehle. Niemand wehrte sich besonders dagegen. Seit der Verwüstung trieben wir eher ziellos dahin, und Winters gab uns eine Richtung. Er hatte auch große Vorstellungen. Als ich Sprecher war, machte ich mir nur Sorgen darüber, wie wir uns bis morgen durchschlagen würden. Aber Winters wollte Wiederaufbau. Er wollte einen Generator bauen und andere Überlebende suchen und sie in einer Art Siedlung zusammenfassen. Planen, das war seine Stärke. Er hatte große Träume für übermorgen, und seine Hoffnung war ansteckend.
    Ich will aber keinen falschen Eindruck vermitteln. Er war keineswegs ein Mini-Tyrann. Er führte uns, ja, aber er war auch einer von uns. Er war ein wenig anders als wir, aber nicht sehr, und mit der Zeit wurde er ein Freund. Und er tat das Seine, um sich einzufügen. Er ließ sogar seine Haare lang und einen Bart wachsen.
    Nur Keith mochte ihn nie besonders.
    Winters kam erst zum Konzert, als er schon länger als eine Woche bei uns war. Und als er kam, stand er zunächst außerhalb des Kreises, mit den Händen in den Hosentaschen. Wir anderen lagen herum wie immer, manche sangen, andere hörten einfach zu. Es war ein bißchen kühl an dem Abend, und wir hatten ein kleines Feuer angezündet.
    Winters stand ungefähr drei Lieder lang im Schatten. Während einer Pause kam er näher an das Feuer heran.
    »Darf man sich auch was wünschen?« fragte er mit einem unsicheren Lächeln.
    Ich kannte Winters damals noch nicht sehr gut. Aber ich kannte Keith. Und ich war ein wenig gespannt, als ich auf seine Antwort wartete.
    Aber er klimperte nur lässig auf der Gitarre und starrte Winters' Uniform und seine kurzen Haare an.
    »Das kommt darauf an«, sagte er schließlich. »›Ballad of the Green Berets‹ spiele ich nicht, wenn Sie das wollen.«
    Über Winters' Gesicht huschte ein unergründlicher Ausdruck.
    »Ich habe Leute umgebracht, ja«, sagte er. »Aber das heißt nicht, daß ich stolz darauf bin. Das wollte ich nicht verlangen.«
    Keith überlegte und blickte auf seine Gitarre. Dann schien er befriedigt zu sein, nickte, hob den Kopf und lächelte.
    »Okay«, sagte er »Was willst du hören?«
    »Kennst du ›Leavin on a Jet Plane‹?« fragte Winters. 
    Das Lächeln wurde breiter.
    »Ja. John Denver. Das

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