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Lieder von Sternen und Schatten

Lieder von Sternen und Schatten

Titel: Lieder von Sternen und Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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gegen die Söhne Hrangas und hieb nieder, was ihm in den Weg trat. Dann sahen es andere und folgten, und ein großer Schlachtruf hallte über die Welten.
    Und das bleiche Kind hörte es und kam wieder, denn der Lärm des Kampfes ist seinem Ohr lieblicher als der Klang des Jammerns. Und als ER sah, lächelte ER. ›Nun seid ihr wieder meine Kinder‹, sagte ER zum Samen der Erde. ›Denn ihr habt euch von mir abgewendet, um einen Gott anzubeten, der sich ein Lamm nennt, aber habt ihr nicht gewußt, daß Lämmer nur zur Schlachtbank gehen? Doch jetzt ist euer Blick klar geworden, und ihr seid wieder die Wölfe Gottes !‹
    Und Bakkalon gab ihnen allen von neuem Schwerter, allen Seinen Kindern und allem Samen der Erde, und ER erhob seine mächtige schwarze Klinge, den Dämonen-Zerschmetterer, der die Seelenlosen niedermäht, und schwang sie. Und die Söhne Hrangas stürzten hinunter Seiner Kraft, und die großen Horden der Fyndii verbrannten unter Seinem Blick. Und die Kinder von Bakkalon strömten hinaus über die Welten.« Der Proktor hob den Kopf. »Geht, meine Waffenbrüder, und denkt über Bakkalons Lehren nach, während ihr schlaft. Möge das gleiche Kind euch Visionen schenken! Sie waren entlassen.
     
    Die Bäume auf dem Berg waren nackt und mit Eis überzogen, und der Schnee – unberührt bis auf ihre Fußstapfen und das Wehen des bitterscharfen Nordwindes – schimmerte blendend weiß in der Mittagssonne. Im Tal darunter sah die Stadt der Stahlengel übernatürlich rein und still aus. Mächtige Schneewehen hatten sich an den Ostmauern aufgetürmt und ragten am dunkelroten Gestein halb hinauf; die Tore hatten sich seit Monaten nicht geöffnet. Wären die blauen Lichter nicht gewesen, die spät in die kalte, schwarze Nacht hineinleuchteten, und ab und zu ein Wachtposten, der auf den Mauern dahinschritt, neKrol hätte kaum gewußt, daß die Engel noch lebten.
    Die Jaenshi, die neKrol bei sich die Bittere nannte, auch sie eine Sprecherin, sah ihn aus Augen an, die sonderbar dunkler waren als die sanft-goldenen ihrer Brüder.
    »Unter dem Schnee liegt der Gott geborsten«, sagte sie, und selbst die ruhigen Töne der Jaenshi-Sprache konnten die Härte in ihrer Stimme nicht ganz unterdrücken. Sie standen genau an der Stelle, wohin neKrol einst Ryther geführt hatte, an der Stelle, wo früher die Pyramide der Leute vom Ring-aus-Stein gestanden hatte. neKrol war von Kopf bis Fuß in einen weißen Thermoanzug gehüllt, der zu eng saß und jede häßliche Wölbung betonte. Die Jaenshi jedoch, die Bittere, war nackt, bedeckt nur vom dichten, grauen Fell ihres Winterpelzes. Der Riemen des Jagdlasers spannte sich zwischen ihren Brüsten.
    »Andere Götter neben dem euren werden bersten, wenn die Stahlengel nicht aufgehalten werden«, sagte neKrol, trotz seines Thermoanzugs fröstelnd.
    Die Bittere schien es kaum zu hören.
    »Ich bin ein Kind gewesen, als sie kamen, Arik. Wenn sie unseren Gott in Ruhe gelassen hätten, wäre ich vielleicht noch ein Kind. Danach, als das Licht erlosch und das Leuchten in mir ausging, wanderte ich weit vom Ring-aus-Stein hinaus aus unserem Heimat-Wald; ich wußte nichts, ich aß, wo ich konnte. Im dunklen Tal ist vieles anders. Buschschweine grunzten mich an, wenn ich vorbeikam, oder griffen mich mit ihren Hauern an, andere Jaenshi bedrohten mich und einander. Ich verstand nichts und konnte nicht beten. Selbst als die Stahlengel mich fanden, begriff ich nicht, und ich ging mit ihnen zu ihrer Stadt, ohne von ihrer Sprache etwas zu verstehen. Ich erinnere mich an die Mauern und an die Kinder, viele soviel jünger als ich. Dann schrie ich und wehrte mich; als ich die an den Stricken sah, erwachte etwas Wildes und Gottloses in mir zum Leben.« Ihre Augen betrachteten ihn, ihre Augen, die wie polierte Bronze aussahen. Sie verlagerte im knöcheltiefen Schnee das Gewicht, schloß eine Klauenhand um den Riemen ihres Lasergewehrs.
    neKrol hatte sie gut unterrichtet seit dem Tag, als sie zu ihm gekommen war, im Spätsommer, als die Stahlengel sie aus dem Schwert-Tal vertrieben hatten. Die Bittere war bei weitem die beste Schützin seiner sechs Jaenshi, der gottlosen Exilanten, die er um sich versammelt hatte, um sie auszubilden. Es war der einzige Weg; er hatte die Laser einem Clan nach dem anderen als Handelsgut angeboten, und jeder hatte abgelehnt. Die Jaenshi waren überzeugt davon, daß ihre Götter sie beschützen würden. Nur die Gottlosen hörten ihm zu, und auch nicht alle von ihnen; viele

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