Lieder von Sternen und Schatten
und legten ihm ihre Werke vor. Er sah sich jedes Stück genau an, erwarb einige und wies andere zurück, und bezahlte mit Salz. Bevor es dunkel geworden war, lag ein kleiner Stapel Erzeugnisse neben ihm; eine passende Garnitur Messer aus Rotstein, ein graues Totentuch, gewoben aus dem Fell eines älteren Jaenshi von seiner Witwe und Freunden (sein Gesicht mit den seidigen, goldenen Haaren eines Pseudoaffen eingewirkt), ein Beinspeer mit Zeichnungen, die neKrol an die Runen der Legenden von der Alten Erde erinnerten; und Figuren. Die Figuren waren, wie immer, seine Lieblinge; die Kunst fremder Wesen war so oft über jedes Fassungsvermögen hinaus fremdartig, aber die Jaenshi-Künstler berührten Saiten des Gefühles in ihm. Die Götter, die sie schnitzten, jeder in einer Beinpyramide, trugen Jaenshi-Gesichter und wirkten trotzdem archetypisch menschlich; strenge Kriegsgötter, Wesen, die sonderbar wie Satyre aussahen, Fruchtbarkeitsgöttinnen wie jene, die er gekauft hatte, fast menschenartige Krieger und Nymphen. neKrol hatte sich oft gewünscht, eine reguläre Ausbildung in extraterrestrischer Anthropologie zu besitzen, damit er ein Buch über die Allgemeingültigkeit der Mythen hätte schreiben können. Die Jaenshi besaßen gewiß eine reiche Mythologie, auch wenn die Sprecher nie etwas davon erwähnten; nichts anderes konnte die Schnitzereien erklären. Vielleicht wurden die alten Götter nicht mehr verehrt, aber in Erinnerung waren sie geblieben.
Bis das Herz Bakkalons herabsank und die letzten rötlichen Strahlen zwischen den hochragenden Bäumen erloschen, hatte neKrol genug gesammelt, und sein Salzvorrat war auch beinahe erschöpft. Er zog seine Stiefel wieder an, verpackte seine Erwerbungen mit großer Sorgfalt und setzte sich geduldig ins Gras am Wasserbecken, um zu warten. Einer nach dem anderen kamen die Wasserfall-Leute zu ihm. Schließlich kehrte auch der alte Sprecher zurück.
Die Gebete begannen.
Der alte Sprecher, mit dem Lasergewehr immer noch in der Hand, watete bedächtig durch das nachtdunkle Wasser, um sich vor der schwarzen Masse der Pyramide niederzukauern. Die anderen, Erwachsene und Kinder gemeinsam, jetzt an die vierzig Personen, wählten Plätze im Gras beim Ufer, hinter und neben neKrol. Wie er blickten sie hinaus über den Teich, auf die Pyramide und den Sprecher, der sich im Licht eines eben aufgegangenen, übergroßen Mondes scharf abzeichnete. Der alte Sprecher legte das Lasergewehr auf den Stein, preßte beide Handflächen auf die Pyramidenwand und schien zu erstarren, während alle anderen Jaenshi ebenfalls steif wurden und keinen Laut mehr von sich gaben.
neKrol bewegte sich unruhig und unterdrückte ein Gähnen. Es war nicht das erstemal, daß er an einem Gebetsritual teilnahm, und er kannte den Vorgang. Vor ihm lag eine gute Stunde Langeweile; die Jaenshi beteten stumm, und es war nichts zu hören als ihr gleichmäßiges Atmen, nichts zu sehen als vierzig ausdruckslose Gesichter. Der Händler versuchte seufzend, es sich bequem zu machen, schloß die Augen und konzentrierte sich auf das weiche Gras unter sich und die warme Brise, die in seiner Haarmähne wühlte. Hier fand er für kurze Zeit Frieden. Wie lange würde er dauern, dachte er, sollten die Stahlengel ihr Tal verlassen ...
Die Stunde verging, aber neKrol war in Meditation versunken und spürte kaum das Verrinnen der Zeit, bis er plötzlich das Rascheln und Murmeln um sich herum hörte, als die Wasserfall-Leute aufstanden und in den Wald zurückkehrten. Und dann stand der alte Sprecher vor ihm und legte ihm das Lasergewehr vor die Füße.
»Nein«, sagte er nur.
neKrol zuckte zusammen.
»Was? Aber ihr müßt. Laß dir zeigen, was es leisten kann ...«
»Ich habe eine Vision gehabt, Arik. Der Gott hat es mir gezeigt. Aber er hat mir auch gezeigt, daß es nicht gut wäre, das im Tausch anzunehmen.«
»Alter Sprecher, die Stahlengel werden kommen ...« »Wenn sie kommen, wird unser Gott zu ihnen sprechen«, sagte der Jaenshi-Ältere in seiner weichen Sprache, aber die sanfte Stimme hatte etwas Endgültiges an sich, und in den großen, klaren Augen lag keine Nachgiebigkeit.
»Für unsere Nahrung danken wir uns selbst, keinem anderen. Sie ist unser, weil wir dafür gearbeitet, unser, weil wir dafür gekämpft haben, unser nach dem einzigen Recht, das es gibt: dem Recht des Starken. Aber für diese Stärke – für die Kraft unserer Arme und den Stahl unserer Schwerter und dem Feuer in unseren Herzen danken wir
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