Liegen lernen
zusammen, und als wir das Geschirr danach in die Küche brachten, stellte ich mich hinter sie, umfaßte sie und küßte ihren Hals und legte meine Hände auf ihre Brüste. Sie lachte und kratzte ein paar Essensreste vom Teller und stellte den Teller in die Spülmaschine.
»Hör mal«, sagte ich, »ich habe da was im Badezimmerschrank gefunden.«
»Was denn?« Keine besondere Reaktion. Sie fuhr nicht herum, ihre Nackenhaare hatten sich ohnehin aufgestellt, weil ich sie geküßt hatte.
»Naja«, sagte ich, »so einen Test. Einen Schwangerschaftstest.«
Sie antwortete nicht. Ich hielt sie noch immer fest.
»Ein paar Tage stand er da, und jetzt ist er weg, und ich frage mich, warum.«
Sie sagte wieder nichts, aber ihr Körper war hart geworden. Sie machte sich los, drehte sich um und sah mich an. »Ich habe meine Tage nicht bekommen.«
»Aha.«
»Ich weiß nicht, ob ich schwanger bin. Ich habe nächste Woche einen Termin bei meinem Frauenarzt.« Ihre Gesichtszüge entglitten ihr. Man konnte immer genau sehen, was sie gerade fühlte. Jetzt sah sie aus wie auf den Fotos, die dieser Perverse gemacht hatte. Sie sah aus, als habe sie sich gerade erschreckt und als habe sie Angst.
»Soso.«
»Ich habe nur einmal vergessen, dieses verdammte Ding zu nehmen.«
»Warum hast du mir nichts gesagt?« Es stimmt doch? Sie hätte es mir doch sagen müssen? Sie war nicht immer so ehrlich, wie sie tat. Vielleicht war der Schrecken auf den Fotos von Peeping Tom nur Ausdruck ihres schlechten Gewissens.
»Ich wollte dich nicht beunruhigen.«
»Und das hast du wirklich nicht absichtlich gemacht?« Ich hatte meine Eltern fragen wollen, wie Ehe geht. Wenn nicht mit Tina, mit wem dann? Aber da hätte ich auch den Spülschwamm in der Küche fragen können, der war ähnlich aufnahmefähig und gab auch nur was von sich, wenn man ihn fest drückte.
»Bist du blöd? Wofür hältst du mich?« Jetzt wurde sie aggressiv, ein neuer Zug an ihr. Hatte sie nicht auch auf diesem einen Foto aggressiv ausgesehen? Auf dem im Bett? Was war so schlimm daran, seine Freundin nackt zu fotografieren?
»Für eine Frau, die ihrem Freund verschweigt, daß sie vergessen hat, die Pille zu nehmen, und die trotzdem mit ihm schläft.«
Sie seufzte und schaltete die Kochplatte aus. »Wenn ich ein Kind haben will«, sagte sie, »kann ich nicht warten, bis ich fünfundvierzig bin.«
»Also hast du es doch absichtlich gemacht.«
Sie ging ins Schlafzimmer, legte sich mit dem Gesicht nach unten aufs Bett. Ich ging ihr nach. »Du hättest mit mir darüber reden müssen.«
Ohne mich anzusehen, sagte sie, mehr zu ihrem Kissen als zu mir: »Ich weiß, daß du andere Frauen fickst.«
»Daß ich was?«
»Du fickst andere Frauen.« Sie sah mich an. Ihr Gesicht war ganz grau. Um meinen Solarplexus herum war irgend etwas los. Ein Gefühl, wie wenn man in einem gläsernen Fahrstuhl in den neunzehnten Stock fährt.
»Wer sagt das?«
»Diese Studentin, mit der du mal was hattest, diese Simone. Sie hat mich angerufen. Sie hatte den Eindruck, sie sei nicht die einzige gewesen.«
»Und das glaubst du?«
»Sie schien dich gut zu kennen. Mit wem hast du noch rumgemacht? Irgendeine, die ich kenne?«
»Ich… ich… weiß nicht, was ich dazu sagen soll.«
»Ich habe es vermutet. Ich weiß nicht, wieso. Was Vertrauensbrüche angeht, sind wir jetzt quitt.«
»Ich kann nicht glauben, daß… du das glaubst.« Ich ging ins Wohnzimmer.
Sie mußte nicht zwingend schwanger sein. Vielleicht kriegte sie ihre Periode nur später, weil durch den Aussetzer mit der Pille der ganze Zyklus ein wenig durcheinander gekommen war. Es war das vernünftigste, erst mal abzuwarten, was ihr Frauenarzt sagte. Wenn sie nicht schwanger war, würde sie mich vielleicht verlassen. Ich sah mich um. Ich wollte hier nicht weg. Nicht aus der Wohnung und nicht aus diesem Leben. Wir hatten ein Zimmer, das wir kaum nutzten, wo manchmal Gäste übernachteten. Das konnte das Kinderzimmer werden.
Ich hatte Tina nie von Britta erzählt. Ich hatte auch selten an sie gedacht. Nur manchmal, wenn ich daran denken mußte, daß Tinas Vater die Wohnung bezahlt hatte, daß Tina alles andere bezahlte und daß mein Job nichts abwarf. Manchmal ging ich noch ins Raskolnikow. Uwe war immer noch der Wirt. Hier änderte sich nichts. Ich trank Bier und redete mit Uwe über Musik. Er nahm mir manchmal Kassetten auf, die ich dann nicht hörte, weil sie mich nicht mehr interessierten. Beck sah ich vielleicht zweimal im Jahr. Wir
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