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Liegen lernen

Liegen lernen

Titel: Liegen lernen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goosen
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Schöneberg. Ich setzte mich am Bahnhof Zoo in ein Taxi und ließ mich hinfahren. An der Grenze waren wir ganz normal kontrolliert worden. Die Vopos hatten wohl keinen Fernseher und konnten es deshalb auch nicht glauben, Und das bißchen Weltgeschichte war kein Grund, seinen Job
    Die Fassade des Hauses war erst vor ein paar Jahren restauriert worden. Ich studierte die Klingeln und fand den Namen Kuwelko im obersten Stock des sogenannten Gartenhauses. Die Tür zur Straße war nur angelehnt. Ich stieß sie auf und stand in einem Durchgang, von dem rechts und links je ein Treppenhaus abzweigte. An den Wänden hingen zerbeulte Briefkästen, die bei der Restaurierung des Hauses wohl ebenso vergessen worden waren wie die dreckigen Wände. Geradeaus führte eine Tür auf den Hinterhof. Ich vermutete mal, daß dort das Gartenhaus lag. Der Hinterhof war auch einer. Ringsum Fassaden, auf deren Restaurierung ebenfalls verzichtet worden war. In der Mitte des Hofes ein kreisrundes Loch, das früher mal ein Beet gewesen sein mochte, in dem jetzt nur noch Unkraut wucherte, das aber immerhin in Hüfthöhe.
    Auch die Tür des Gartenhauses war nur angelehnt. Die Treppenstufen waren ausgetreten und abgewetzt. Es roch muffig. Vor den Türen standen Schuhe. Oben angekommen, nahm ich mir erst mal eine Minute, um zu verschnaufen. Ich wollte nicht keuchen wie ein Gewichtheber, wenn ich Mücke nach Jahren das erste Mal gegenüberstand. Auf die braune Holztür, von der der Lack abblätterte, waren mit Edding vier Namen geschrieben: Bioswitz, Kuwelko, Telepanic (jedenfalls vermutete ich, daß das ein Name war) und Hamann. Als ich wieder bei Atem war, drückte ich auf den Klingelknopf rechts neben der Tür. Nichts. Ich legte mein Ohr an die Tür und horchte. Drinnen war es still. Ich klopfte. Nichts. Ich klopfte stärker. Ich sah auf die Uhr. Es war kurz nach drei. Ich kannte sonst niemanden in Berlin. Ich hämmerte so laut und so lange an die Tür, bis ich dahinter Geräusche vernahm. Die Tür ging nur einen Spaltbreit auf, und durch den Spalt sah ich eine junge Frau in einem langen weißen T-Shirt mit einer Mickey Mouse. Die Frau blinzelte mich aus verquollenen Augen schlecht gelaunt an. Ich sagte, ich wolle zu Mücke.
    »Gibt’s hier nicht«, sagte die Frau.
    »Mircea Kuwelko.«
    »Komm rein.« Sie öffnete die Tür, ließ mich herein, schloß die Tür, sagte: »Kuwelko pennt noch. Setz dich in die Küche, mach dir ’n Kaffee, aber sei still!« und verschwand in einem der Zimmer.
    Ich sah mich um. Der Flur war gelb gestrichen, aber Staub oder Ruß hatten die Pickel der Rauhfasertapete schwarz gefärbt. Der Flur war leer, bis auf einen alten Schuhschrank, auf dem ein graues Telefon stand. Neben dem Schrank ein Kabel, das vom Herumtragen des Telefons durch die Wohnung zu vielen kleinen Würsten verdreht war. In der Küche war alles alt. Ein alter Gasherd, ein alter Tisch, drei alte Stühle, ein alter Schrank. Als die Kaffeemaschine zum Endspurt ansetzte, stand Mücke in der Tür. Er war nackt, bis auf eine Unterhose, auf der »Montag« stand.
    »Heute ist Freitag«, sagte ich.
    Er brauchte ein paar Sekunden, bis ihm klar wurde, daß er wach und ich real war. »Was machst du denn hier?«
    »Du hast doch gesagt, ich soll kommen. Schließlich ist hier die Hölle los, und da muß man dabeisein.«
    Mücke rieb sich die Augen, dann grinste er.
    »Helmut«, sagte er. »Das alte Arschloch. Ich fasse es nicht.«
    Wir umarmten uns. »Warte«, sagte er, »ich ziehe mich mal eben an.« Er verschwand, und als er wiederkam, trug er Jeans und T-Shirt und roch sehr gut.
    Ich sagte: »Du riechst gut.«
    »Was meinst du, was ich bin? Ein verdammtes Schwein, oder was? Ist ein ziemlich teures Eau de Toilette, was ich mal geschenkt gekriegt habe. Ich finde, man sollte immer gut riechen.« Er nahm sich Kaffee und setzte sich zu mir an den Tisch.
    »Also, du studierst?« fragte er.
    »Genau.«
    »Wahrscheinlich irgendwas Hochgeistiges.«
    »Geschichte.«
    »Sag ich doch. Paßt zu dir, du Klugscheißer.«
    »Was hat dich nach Berlin verschlagen?« fragte ich.
    »Der Barras«, sagte Mücke. »Ich hatte keinen Nerv auf den Bund, deshalb habe ich mich hier verkrochen. Wer in Berlin wohnt, muß nicht hin.«
    »Ich dachte, das wäre nur früher so gewesen.«
    »Bis jetzt klappt es. Was ist mit dir und Bund?«
    »Ich bin zurückgestellt.«
    »Und danach?«
    »Keine Ahnung. Mal sehen.«
    »Ich dachte, du würdest verweigern. Gerade du.«
    »Wieso gerade ich?«
    »Naja, du

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