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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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lief das noch so, bis der Commissioner eine Reihe Kriminalbeamter öffentlich feuerte oder vor Gericht stellte.
    Erst durch die Razzia begriffen wir, auf was für wackligen Beinen das System stand. Sie hatten uns hochgenommen, wussten aber nicht, was sie jetzt mit uns anfangen sollten. Und uns ging ein Licht auf: Die machen sich vor Angst in die Hose! Denn was hatten sie schon gefunden in Redlands? Ein bisschen italienisches Speed, das Mick ohnehin auf Rezept bekommen hatte, ein bisschen Heroin in Robert Frasers Taschen, das war’s. Dazu die paar Jointreste im Aschenbecher, aus denen sie prompt eine Anklage gegen mich strickten - weil ich nicht verhindert hatte, dass in meinem Haus Marihuana konsumiert wurde. Die Beweislage war unglaublich dünn, die Aktion hatte ihnen praktisch nichts eingebracht. Außer einem fetten blauen Auge.

    Am 10. Mai 1967, dem Tag, als Mick und mir die Anklageschrift verlesen wurde, stürmten sie Brian Jones’ Wohnung in London - und zwar zur fast exakt gleichen Zeit. Ein abgekartetes Spiel, das außergewöhnlich sorgfältig inszeniert war. Allerdings kam es zu einer kleinen Panne hinter den Kulissen, und so tauchten Presse und Fernsehtrupps ein paar Minuten zu früh auf - also ein paar Minuten, bevor die Polizei mit ihrem Durchsuchungsbefehl an Brians Tür klopfte. Die Beamten mussten sich durch eine Armee von Schreiberlingen kämpfen, die sie sich selbst aufgehalst hatten. Doch angesichts der Farce, die noch folgen sollte, fiel diese Verwirrung gar nicht weiter auf.
    Der Redlands-Prozess sollte Ende Juni stattfinden, in Chichester, wo die Rechtsprechung im Jahr 1930 steckengeblieben war. Hinter dem Richtertisch saß Judge Block, der damals wahrscheinlich gut sechzig war, also etwa so alt wie ich heute. Für mich war das der erste Auftritt vor Gericht, und da hast du nun mal keine Ahnung, wie du dich letztendlich verhalten sollst. Aber im Grunde hatte ich gar keine Wahl, so beleidigend, wie der Richter wurde. Offensichtlich wollte er mich aus der Reserve locken, um dann freie Hand zu haben. Weil ich meine Räumlichkeiten für den Konsum von Cannabisharz genutzt hatte, bezeichnete er mich als »Abschaum« und »Dreck«. »Leute wie Sie sollte man gleich wegsperren«, sagte er. Dann meinte der Staatsanwalt, ich hätte doch wissen müssen, was da lief, schließlich wäre da ein nacktes, lediglich in ein Fell gehülltes Mädchen herumgesessen - das war fast schon der Hauptpunkt der Anklage. Und da antwortete ich nicht bloß: »Oh, tut mir leid, Euer Ehren.«
    Nein, tatsächlich verlief die Auseinandersetzung wie folgt:

    Morris (Staatsanwalt):
    Auf dem Kanapee saß unseres Wissens eine junge Frau, die nur mit einem Fell bekleidet war. Würden Sie zustimmen, dass eine junge Frau, die lediglich in ein Fell gehüllt ist, nach den üblichen Regeln des menschlichen Zusammenlebens von Schamgefühlen erfüllt sein müsste? Noch dazu in Gesellschaft von acht Männern, darunter zwei, die dort nichts zu suchen hatten, und ein marokkanischer Bediensteter?
    KR:
    Keineswegs.
    Morris:
    Sie erachten ein solches Verhalten also für nicht weiter ungewöhnlich?
    KR:
    Wir sind ja keine alten Männer. Ihre kleingeistige Moral geht uns nichts an.
    Dafür bekam ich ein Jahr Wormwood Scrubs. Am Ende musste ich nur einen Tag bleiben, aber für den Richter war der Fall klar, nachdem er mein Plädoyer gehört hatte - die höchste Strafe, die er durchboxen konnte, musste her. Später erfuhr ich, dass Judge Block mit der Erbin des Shippam’s-Fischpasten-Imperiums verheiratet war. Hätte ich von dieser fischigen Verbindung gewusst, wäre mir garantiert noch ein besserer Spruch eingefallen. Na, belassen wir es dabei.
    Noch am selben Tag, dem 29. Juni 1967, wurde ich schuldig gesprochen und zu zwölf Monaten Haft verurteilt. Robert Fraser gaben sie sechs Monate, Mick kam mit dreien davon. Er landete in Brixton, während Fraser und ich abends ins Scrubs gekarrt wurden.
    Ein lachhaftes Urteil. Die müssen uns schon sehr gehasst haben. Ich frage mich wirklich, wer dem Richter diesen Schwachsinn eingeflüstert
hatte. Hätte er auf weisere Ratgeber gehört, hätte er gesagt: Okay, eine Geldstrafe von fünfundzwanzig Pfund, und damit ist die Sache erledigt; der Fall ist doch nichts wert! Rückblickend betrachtet hat er uns sogar einen Gefallen getan - er verhalf uns zu einem riesigen PR-Erfolg, auch wenn meine paar Stunden Wormwood Scrubs alles andere als angenehm waren. Von heute auf morgen verwandelte ich mich in eine

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