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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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kräftigen Armen.
    Vielleicht hatte das was mit dem rasenden Tempo unseres Lebens zu tun. Beim Aufwachen nahm ich ein Barbiturat, was verglichen mit Heroin ein erholsames High bewirkte, obwohl es auf seine Art genauso gefährlich ist. Das war mein Frühstück. Dann
eine Tuinalkapsel: mit einer Nadel aufpieksen, dann wirkt es schneller. Eine Tasse heißen Tee und danach überlegen, ob aufstehen oder liegen bleiben. Später vielleicht noch eine Mandrax oder Quaalude. Andernfalls steckte zu viel Energie in mir, die ich verbrennen musste. Ich wachte also sehr langsam auf. Wenn die Wirkung nach etwa zwei Stunden nachlässt, fühlt man sich etwas matschig. Aber dann isst man was und ist fit für die Arbeit. Manchmal habe ich Downer genommen, um mich auf Trab zu halten. Direkt nach dem Aufstehen hatten sie keine einschläfernde Wirkung auf mich. Sie ebneten mir ganz sanft den Weg in die nächsten drei oder vier Tage. Ich hatte ohnehin nicht vor, mich so bald wieder aufs Ohr zu legen. Ich steckte so voller Energie, dass ich voll durchziehen konnte, ohne mich zu bremsen. Ich würde sie schon im Verlauf der Arbeit, die ich mir vorgenommen hatte, verbrennen. Mit Drogen regulierte ich meine Drehzahl, ich nahm sie nur sehr selten zum Vergnügen. Das ist zumindest meine Ausrede. Sie erleichterten mir einfach den Einstieg in den Tag.
    Machen Sie das bloß nicht nach! Selbst ich kann das nicht mehr, das Zeug ist heute einfach nicht mehr dasselbe wie früher. Mitte der Siebziger beschloss die Pharmaindustrie, Downer zu produzieren, die einen sofort, ohne High, einschläfern. Ich würde alle Giftschränke der Welt aufbrechen, um noch mal an solche Barbiturate wie damals zu kommen. Im Nahen Osten oder irgendwo in Europa könnte man solchen Stoff sicher noch auftreiben. Ich liebte meine Downer. Ich war die ganze Zeit so aufgedreht, dass ich sie brauchte, um mich wieder auf normale Drehzahl runterzufahren. Wenn man nicht schlafen, sondern einfach diesen leichten Rausch spüren wollte, dann hat man sich ein bisschen was eingeworfen und Musik gehört.
    Das Zeug damals hatte Charakter. Ja, das beschreibt ziemlich genau meine Einstellung zu Barbituraten: Sie hatten Charakter.
Wer seine Downer kennt, der weiß, was ich meine. Für mich taugten nur die reinen Drogen. Tuinal, Seconal, Nembutal. Desbutal, rote und cremefarbene Kapseln, war wahrscheinlich das Beste, was je auf dem Markt war. Besser als seine Nachfolger, die auf das zentrale Nervensystem einwirkten. Man konnte es binnen vierundzwanzig Stunden wieder auspissen, es blieb nicht an den Nervenenden hängen.
     
    Im Dezember 1968 gingen Anita, Mick, Marianne und ich in Lissabon an Bord eines Schiffes nach Rio. Lasst uns nach Rio fahren , und zwar auf die alte, stilvolle Art. Zehn Tage auf See. Wir hätten uns niemals für diese Art des Reisens entschieden, wenn damals einer von uns schon schwer süchtig gewesen wäre. Wir waren noch Dilettanten auf dem Gebiet, außer vielleicht Anita, die sich hin und wieder beim Schiffsarzt Morphium besorgte. Es gab wenig zu tun, also liefen wir mit der Super-8-Kamera herum und filmten, was das Zeug hält - die Aufnahmen gibt es noch. Gut möglich, dass auch Spiderwoman, wie wir sie nannten, darauf zu sehen ist.
    Das Schiff war ein Kühlfrachter, der auch Passagiere beförderte und einen Hauch 30er-Jahre-Flair verströmte. Man erwartete jeden Augenblick, dass Noël Coward hereinspazierte. Spiderwoman war eine dieser mit Armreifen behängten Ladys mit Zigarettenspitze und Dauerwelle, die immer teure Kleider trug. Wir setzten uns zu ihr an die Bar, spendierten ihr gelegentlich einen Drink und beobachteten ihre Auftritte. »Faszinierend, Darling.« Sie war eine Art weiblicher Stash, total neben der Spur. Die Bar war voller Engländer aus der Oberschicht, die wie verrückt Pink Gin und Pink Champagner becherten und von der Zeit vor dem Krieg erzählten. Ich hatte mich extra in abgefahrene Klamotten geworfen: durchsichtige Djellaba, mexikanische Schuhe, Armee-Tropenhelm. Als sie schließlich rausfanden, wer wir waren, reagierten sie
äußerst beunruhigt. Sie fingen an Fragen zu stellen. »Was wollt ihr eigentlich bezwecken? Bitte erklärt uns, worum es bei dieser ganzen Geschichte geht.« Wir weigerten uns, es ihnen zu erklären, und eines Tages sagte Spider woman: »Bitte, nur einen kleinen Hinweis, einen winzigen Glimmer.« Mick schaute mich an und sagte: »Wir sind die Glimmer Twins.« Den am Äquator aus der Taufe gehobenen Namen Glimmer Twins benutzten

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