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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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Rambler«? Keine Ahnung. Da schlugen die alten Zeiten durch, kleine Kopfnuss von hinten, zur Erinnerung. »Hey, Junge, denk an mich! Schreib mal einen richtig guten Blues. Einen, der das Ganze in eine neue Richtung treibt. Ein kleines bisschen nur.« Ich wusste, welchen Rhythmus ich haben wollte. »Midnight Rambler« ist Chicago-Blues. Nicht die Akkordfolge, aber der Sound ist Chicago pur. Es lag an der straffen Akkordfolge, D-A-E. Es waren zwar keine Blues-Akkorde, aber es hörte sich trotzdem an wie ein robuster Blues. Es ist eine der einfallsreichsten Stones-Bluesnummern überhaupt. Der Titel und damit das Thema stammten von einer dieser Revolverblatt-Überschriften, die sich nur einen Tag halten. Zufällig fällt dein Blick drauf. »Der Midnight Rambler läuft wieder frei herum.« Klar, den schnapp ich mir.
    Dass man so einen tagesaktuellen Textbrocken oder eine Schlagzeile oder banale Alltäglichkeit in einen Songtext einbaute, war meilenweit von dem entfernt, was man sonst in der Popmusik und bei Cole Porter oder Hoagy Carmichael zu hören bekam. Eine Zeile wie »I saw her today at the reception« etwa war vollkommen flach. Keine Dynamik, keine Andeutung, wohin das führen könnte. Mick und ich schauten uns an und sagten uns, also, wenn John und Paul das können … Die Beatles und Bob Dylan gaben der Kunst des Songwritings eine neue Richtung, sie veränderten die Haltung der Menschen zum Gesang. Bob hat nicht gerade eine grandiose Stimme, aber sie ist ausdrucksstark, und er weiß, wie er sie einsetzen muss. Das ist wichtiger als Gesangstechnik. Es ist schon fast Anti-Gesang. Aber es ist echt.
    »You Can’t Always Get What You Want« hatten wir praktisch komplett Mick zu verdanken. Ich weiß noch, wie er ins Studio kam und meinte: »Ich hab da einen Song.« - »Und, wie sieht’s mit dem Text aus?«, fragte ich. »Hab ich«, erwiderte er. »Ich hab aber keine
Ahnung, wie es klingt.« Er hatte den Song auf der Gitarre geschrieben, zu Beginn war es also quasi ein Folksong. Meine Aufgabe war es jetzt, mir einen Rhythmus dazu einfallen zu lassen … Ich spielte also vor der Band herum, eine Sequenz hier, eine da, bis irgendwer, wahrscheinlich Charlie, entschied, womit wir weitermachten. Man muss experimentieren. Der Chor kam ganz am Schluss dazu, eine bewusste Entscheidung. Warum probieren wir es nicht mit einem klassischen Chor? Mit anderen Worten: Versuchen wir doch mal, auch andere Leute anzusprechen. Eine neue Herausforderung also. Mick und ich meinten, das Ganze sollte wie beim Gospel in einen Chor übergehen. In Amerika hatten wir nämlich schon mit schwarzen Gospelchören zusammengearbeitet. Doch schließlich kam uns eine andere Idee: Warum besorgen wir uns nicht einen der besten Chöre Englands, eine Truppe erstklassiger weißer Sänger, und schauen, was wir aus denen rausholen können? Vielleicht bringen wir sie ein wenig auf Touren, bis sie auch mal die Hüften schwingen? »You caaan’t always …« Die Kombination funktionierte wunderbar.
    Anfang Juni, als wir Tag für Tag in den Olympic Studios an unseren Tracks arbeiteten, brachte ich es fertig, einen Unfall zu bauen: Der Mercedes überschlug sich - mit Anita, die im siebten Monat schwanger war, auf dem Beifahrersitz. Sie brach sich das Schlüsselbein, und ich schaffte sie nach St. Richard’s, wo man sich wirklich toll um sie kümmerte. Eine halbe Stunde lang hockte ich herum, während diese Genies Anita versorgten, wir verabschiedeten uns … und liefen direkt dem Brighton CID in die Arme, das uns gleich mitnahm, zum Verhör auf das Polizeirevier von Chichester. Um drei Uhr morgens, nachdem sich meine schwangere Frau das Schlüsselbein gebrochen hatte! Denen war das egal. Je mehr ich mit Cops und insbesondere britischen Cops zu tun habe, desto öfter frage ich mich: Was läuft da eigentlich schief in der
Ausbildung? Gut, meine Einstellung hat wohl kaum geholfen, aber was hätte ich denn tun sollen? Zu Kreuze kriechen? Nie und nimmer. Die dachten natürlich gleich an Drogen. Klar, woran auch sonst? Die hätten vielleicht mal in der nächstgelegenen Eiche nachsehen sollen. »Warum hätte sich das Auto überschlagen sollen, wenn Sie bei vollem Bewusstsein gewesen wären?« So fing es an. Aber sie täuschten sich. An einer Straßenecke, ganz in der Nähe von Redlands, hatte auf einmal ein rotes Licht aufgeleuchtet, und plötzlich ging nichts mehr. Die Hydraulik war defekt, die Bremsen wollten nicht mehr, die Lenkung wollte nicht mehr, und so

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