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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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natürlich nichts mehr zu sehen war. Nebenan hatte Mr. Steadman gewohnt. Er hatte einen Fernseher und immer die Vorhänge offen gelassen, damit wir Kinder mitschauen konnten.
    Meine schlimmste, schmerzlichste Erinnerung wurde wieder lebendig, als ich in dem kleinen Garten hinter unserem Haus stand.
Der Tag mit den verfaulten Tomaten. Mir sind einige üble Sachen zugestoßen, aber jener Tag ist bis heute einer der schlimmsten meines Lebens geblieben. Der Gemüsehändler stapelte hinten im Garten immer seine alten Obstkisten, und ein Freund und ich stolperten eines Tages über die vergammelten Tomaten. Wir zermanschten alle, wie sie da waren. Dann lieferten wir uns eine Schlacht mit den matschigen Tomaten und sauten den ganzen Garten ein - die Fenster, die Mauern und uns selbst. Wir bombardierten uns nach allen Regeln der Kunst. »Nimm das, du Saukerl!« Und schon klatschte einem eine faulige Tomate ins Gesicht. Als ich später zurück ins Haus ging, jagte mir meine Mum einen Höllenschrecken ein.
    »Ich hab die Polizei angerufen.«
    »Wieso denn?«
    »Die holen dich ab, du bist ja völlig außer Rand und Band.«
    Ich brach zusammen.
    »In einer Viertelstunde sind sie da und bringen dich ins Heim.«
    Ich hätte mir fast in die Hose geschissen. Ich war sechs oder sieben.
    »Oh, Mum!« Ich fiel auf die Knie, flehte und bettelte.
    »Mir steht’s bis hier. Ich will dich nicht mehr sehen.«
    »Mum, bitte, nein …«
    »Und ich werd es Dad erzählen.«
    »Oh, Muuuuuuum, nein! «
    Das war ein grauenhafter Tag. Sie kannte kein Erbarmen. Eine Stunde lang machte sie so weiter. Bis ich weinend in meinem Bett lag und schließlich erkannte, dass sie überhaupt niemanden angerufen, dass sie mich reingelegt hatte. Ich hatte ordentlich daran zu knabbern. Warum hatte sie das gemacht? Doch wohl kaum wegen ein paar verfaulter Tomaten, oder? Schätzungsweise brauchte ich einfach mal eine Lektion: »Solche Sachen macht man nicht, basta.
« Doris war nie besonders streng. Bei ihr hieß es einfach: »So ist das, und so läuft das jetzt, und du machst das jetzt so und so.« Aber das war das einzige Mal, dass sie mich Gottesfurcht lehrte.
    Na ja, Gottesfurcht hatte es in unserer Familie eigentlich nie gegeben. Keiner in unserer Familie hatte jemals was mit organisierter Religion zu tun. Kein Einziger. Ich hatte einen Großvater und eine Großmutter, die waren glühende Sozialisten. Kirche, das war etwas, dem man aus dem Weg ging. Keinen interessierte, was Jesus Christus zu sagen hatte, andererseits behauptete aber auch keiner, es gäbe keinen Gott oder irgendwas in der Richtung. Es hieß einfach: Halte dich von Organisationen fern. Priester waren höchst verdächtig. Wenn man einen Schwarzrock sah, lautete die Devise: Geh auf die andere Straßenseite. Und pass mir auf die Katholiken auf, die sind noch zwielichtiger.
    In meiner Familie hatten sie einfach keine Zeit dafür. Gott sei Dank, denn sonst wären die Sonntage noch langweiliger gewesen, als sie es ohnehin schon waren. Wir gingen nie in die Kirche, wir wussten nicht mal, wo sie war.
    Ich war mit meiner Frau Patti in Dartford, die noch nie dort gewesen war. Als Führerin fungierte meine Tochter Angela, die wie ich in Dartford geboren und ebenfalls von Doris aufgezogen worden war. Wir standen in der Chastilian Road vor unserem alten Haus, als nebenan aus dem Unisex-Friseurladen namens Hi-Lites, in den höchstens drei Kunden reinpassten, ein Schwarm von etwa fünfzehn Friseurgehilfinnen quoll, die mir von Alter und Typ her sehr vertraut vorkamen. Wäre schön gewesen, wenn es den Laden schon gegeben hätte, als ich noch in der Gegend war. Unisex-Salon. Was wohl der Gemüsehändler dazu gesagt hätte?
    In den nächsten paar Minuten entspann sich jedenfalls eine Unterhaltung, die ich so oder so ähnlich schon oft geführt hatte.
     
    Fan:
    Können wir bitte ein Autogramm haben? Könnten Sie schreiben: »Für Anne und alle Mädchen im Hi-lites.« Wollen Sie nicht reinkommen? Wir könnten Ihnen die Haare schneiden. Gehen Sie dann auch noch in die Denver Road, wo Mick gewohnt hat?
    KR:
    Das ist gleich die nächste Straße, oder?
    Fan:
    Könnte ich auch noch ein Autogramm für meinen Mann haben?
    KR:
    Ach, Sie sind verheiratet? Pech aber auch.
    Fan:
    Warum fragen Sie? Wollen Sie nicht eben mit reinkommen? Ich hab hier kein Papier. Wenn ich das meinem Mann erzähle, das glaubt der mir nie.
    KR:
    Hatte schon ganz vergessen, wie das ist, wenn die Mädels aus Dartford über einen

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